Mitten in Pasing:Tausche Schäffler gegen Uhr

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Tanzende Trophäe: Diesen Herren bekommt, wer sich über 40 Jahre im Bezirksausschuss engagiert. (Foto: Privat)

Bei der Verleihung der "München leuchtet"- Auszeichnungen musste in diesem Jahr niemand ein wichtiges Gesicht oder gerührtes Knickserl machen

Glosse von Jutta Czeguhn

Bei den Ehrungen der Olympiasieger in Tokio mussten alle Beteiligten durchgehend Maske tragen. Die Podien waren verbreitert, damit die Gewinner schön Abstand halten konnten. Die Medaillen, zudem Blumen und das doch sehr bezaubernde Olympia-Maskottchen Miraitowa mussten auf Tabletts zu den Athleten gebracht werden, die sich dann bedienten und sich ihre Plaketten um den Hals hängten. Eine Selbstehrung quasi vor leeren Rängen, reichlich sonderbar, aber am Ende notwendig und auch irgendwie kreativ.

Ganz so autistisch geht es nicht zu bei den Medaillen-Verleihungen, die dieser Tage in den Münchner Bezirksausschüssen ausgetragen werden. Auch dort bleibt man in Corona-Zeiten allerdings besser unter sich, statt im Münchner Rathaussaal in großer Runde zusammen zu kleben. Solche alternativen Preiausgaben können dann sogar recht launig sein. Die kommunalen Würdenträgerinnen und -träger aus dem Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing etwa erhielten ihre Auszeichnungen jetzt, ganz unprosaisch, vor der Kulisse einer vergitterten Großküche in der Mensa ihres Tagungslokals, der Grandlschule.

Weil kein Offizieller der Stadt, also OB Reiter oder seine Stellvertreterinnen zugegen war, musste niemand ein wichtiges Gesicht machen oder gar ein gerührtes Knickserl. Das Ganze lief in entspannter Heiterkeit ab, die Geehrten schlurften mit Maske nach vorne zum Bezirksausschusschef Frieder Vogelsgesang, der eher wie der Conférencier einer Weihnachtstombola die Preise an Frau und Mann brachte. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, geehrt fühlten sich alle, aber halt recht lässig.

Und es war auch erlaubt, mal laut über die komplexen Regularien der "München leuchtet"-Auszeichnungen zu rätseln. "Mein Vater hatte 'München leuchtet' in Bronze, Silber, Gold, hat er alles gehabt, als er dann in den Bezirksausschuss zurückkehrte, hat er wieder Bronze bekommen", wunderte sich etwas Frieder Vogelsgesang über den Medaillen-Regen für seinen Politiker-Vater. Für ihn selbst gab's jetzt Bronze für zwölf Jahre Engagement im Bezirksausschuss. Wer es dort schon 18 Jahre ausgehalten hat - Constanze Söllner-Schaar, Graciela de Cammerer und Romanus Scholz - der durfte sich über eine Armbanduhr mit Münchner Stadtwappen freuen, die sehr nach Silber aussieht. Für Ingrid Standl, die seit 24 Jahren und sechs Tagen unter anderem die Finanzen des Gremiums zusammenhält, gab's Silber. Kein Gold, obwohl es sich sehr rekordverdächtig anhört, für Maria Osterhuber-Völkl: 41 Jahre und 318 Tage haben der Längstgedienten eine kleine Schäfflerfigur eingebracht. Wir wissen nicht, ob sie mit ihrem Angebot, den hölzernen Tänzer für eine der Uhren einzutauschen, Erfolg gehabt hat.

© SZ vom 17.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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