Zorneding/München:Denn er wusste nicht, was er tat

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Zornedinger Exhibitionist wird in geschlossene Anstalt eingewiesen

Von Andreas Junkmann, Zorneding/München

Der Mann, der vergangenes Jahr am Zornedinger Bahnhof mehrfach durch exhibitionistische Handlungen aufgefallen war, ist schuldunfähig. Zu diesem Urteil kam das Landgericht München am Donnerstag. Der 29-Jährige habe durch seine Krankheit - er leidet an einer undifferenzierten Schizophrenie - das Unrecht der Taten nicht erkennen können, so die Richter. Somit muss der Mann bis auf weiteres in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung bleiben.

Dass das Gericht zu diesem Schluss kommen wird, hatte sich bereits in den beiden vorherigen Verhandlungstagen angedeutet. An diesen schilderten die drei geschädigten Frauen, was sich im September und Oktober 2020 im Bereich des Bahnhofs zugetragen hatte. Ein damals 16-jähriges Mädchen wurde zunächst vom Angeklagten angesprochen, bedrängt sowie schließlich auch am Arm gepackt und gegen eine Wand gedrückt. Sie sagte in ihrer polizeilichen Vernehmung, sie habe das Gefühl gehabt, der Mann wollte sie küssen. Vor einer ebenfalls 16-Jährigen entblößte sich der Angeklagte wenig später am gleichen Tag und zeigte sein erigiertes Glied. Gleiches tat er rund einen Monat darauf, als er an der Bahnunterführung von Pöring nach Zorneding in aller Öffentlichkeit onanierte und einer Mutter, die mit ihrem beiden Kindern unterwegs war, schmutzige Bemerkungen hinterher rief.

Der Angeklagte selbst bestritt die Taten auch noch nach Verkündung des Urteils. Nichts von dem, was die Frauen erzählt haben, entspreche der Wahrheit. Er werde deshalb Berufung einlegen. Diese Uneinsichtigkeit passte in das Bild, das der psychiatrische Gutachter zuvor von dem Mann gezeichnet hatte. In seinem Sachbericht erläuterte er, dass der 29-Jährige an einer schweren psychischen Erkrankung leide, die immer dann zum Ausbruch komme, wenn der Angeklagte die Einnahme seiner Medikamente verweigere. Das allerdings scheint den ärztlichen Berichten nach zu schließen häufiger der Fall zu sein. Auch während der Vorfälle in Zorneding soll der Mann die Behandlung eigenständig ausgesetzt haben. Das aber führe immer wieder zu akuten Schüben, während derer der Mann nicht Herr seiner Sinne sei. "Er war zu einem adäquaten Sozialverhalten nicht mehr in der Lage", so der Psychiater über die Ereignisse aus dem Vorjahr.

Auch in der Vergangenheit war der Angeklagte bereits in ähnlicher Art und Weise auffällig geworden. So hatte er etwa bereits in Garmisch-Partenkirchen auf offener Straße onaniert und in einer Asylbewerberunterkunft bei Ingolstadt eine Mitarbeiterin bedrängt. Diese leidet deshalb noch heute unter Panikattacken, wie sich während der Verhandlung herausstellte. Aussicht auf Besserung bestehe ohne die Einnahme der Medikamente nicht, so der Gutachter. Im Gegenteil: "Sollte er unbehandelt in Freiheit sein, wird er die Kontrolle zunehmend verlieren", sagte er auf die Frage von Richter Martin Hofmann, ob denn künftig vielleicht auch schwere Straftaten zu erwarten seien. Das konnte der Psychiater nicht ausschließen, zumal beim Angeklagten auffällig sei, dass sein sexueller Trieb so im Vordergrund stehe. "Man muss damit rechnen, dass er weiter geht als bisher." Dieser Einschätzung folgte das Gericht und schickte den Mann zurück in den Hochsicherheitstrakt der geschlossenen Anstalt. "Wir sehen uns so schnell, glaub ich, nicht mehr", sagte Richter Hofmann zum Abschluss.

© SZ vom 17.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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