Das Tor des Monats gibt es seit 50 Jahren, Generationen sind mit ihm aufgewachsen und haben ihm glückliche Stunden zu verdanken. Im Traditionsfernsehsender ARD ist das Tor des Monats ein ewig junges Traditionsprodukt, dennoch könnte man über eine Anpassung an heutige Bedürfnisse und den Fußball der Gegenwart nachdenken. Dabei geht es nicht darum, das Tor des Monats in eine Samstagabendshow zu verwandeln, die aus der Mehrzweckhalle Böblingen mit Tingeltangel-Gästen aus dem Show-Business übertragen wird, wahlweise routiniert wegmoderiert von Alexander Bommes oder mit dem pädagogischen Weltverbesserungsanspruch von Eckhardt von Hirschhausen.
Video-Schiedsrichter in Köln:Der unsichtbare 24. Mann
In der spektakulären Partie zwischen Köln und Leipzig muss der Video-Schiedsrichter mehrmals eingreifen - und steht doch nicht als Spielverderber da. Eine Heldengeschichte gibt es obendrauf.
Grundsätzlich ist ein Transfer ins Unterhaltungsprogramm nicht wünschenswert, er würde den essentiellen Charakter des Themas entwerten. Eine eigenständige Sendung im Magazin-Stil, in der journalistisch korrekt die politischen und soziokulturellen Hintergründe eines Sonntagsschusses erörtert werden, wäre des Guten allerdings auch zu viel.
Wie wäre es mit der Einführung des Nicht-Tores des Monats?
Unstrittig ist, dass das Publikum nicht genug Tore kriegen kann. Deshalb könnte man beispielsweise ein aktuelles Tor des Tages ins Programm nehmen und dieses von Montag bis Sonntag zu Beginn der Tagesschau senden. Alternativ ist denkbar, die zur Auswahl gestellten Treffer - die dann auch Kreisligen und Schulhofkicks berücksichtigen sollte - zwischen den News-Blöcken zu verteilen. So käme Abwechslung in die dröge Nachrichtensendung, und die Leute würden bis zum Schluss dranbleiben. Zusatzeffekt: Der Tagessieger würde in den Tagesthemen gekürt, das brächte Quote.
Dass es logischerweise nur ein Tor des Monats und nur ein Tor des Jahres geben kann, scheint einer Erweiterung des Programmschemas im Weg zu stehen. Eine Lösung hat jedoch das jüngste Bundesliga-Wochenende aufgezeigt. Auf den Plätzen in Köln und Bremen gab es mehr schöne Treffer, die von den Schiedsrichtern aberkannt wurden, als rechtmäßige Tore in sämtlichen Spielen der beiden Ligen.
Dass Tore, die keine Tore sein dürfen, seit Jahren enorme Konjunktur haben, ist der Effekt des Großen Bruders VAR, dem keine ins Abseits ragende Nasenspitze entgeht. Die Einführung des Nicht-Tores des Monats wäre daher eine innovative Chance für die ARD. Als Sendeplatz auf Probe bietet sich das Darknet an.