EZB:Behutsame Abkehr von Anleihenkäufen

Coronavirus - EZB schickt Mitarbeiter ins Homeoffice

EZB-Hochhaus in Frankfurt/Main. Die Europäische Zentralbank will ihr Notfall-Ankaufprogramm mindestens bis Ende März 2022 fortsetzen.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Die EZB kauft seit Ausbruch der Corona-Krise massiv Anleihen. Das könnte sich ändern.

Die Europäische Zentralbank (EZB) signalisiert eine behutsame Abkehr von der seit Ausbruch der Corona-Pandemie gängigen Praxis der massiven Anleihenkäufe. Mit einem aufgehellten Inflationsausblick werde es nicht mehr so wichtig, wie hoch das Volumen der Wertpapierkäufe ausfalle oder wann das Zukauf-Tempo verringert werde, sagte die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel am Montag auf einer Online-Veranstaltung der lettischen Notenbank. "Es ist das Enddatum, das signalisiert, dass die Bedingungen für eine Anhebung der Zinsen näher rücken", fügte die deutsche Ökonomin hinzu.

Für die Abfolge und zeitliche Planung bedürfe es einer sorgfältigen Orientierungslinie, wenn die Zeit dafür gekommen sei. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte angesichts der Erholung der Wirtschaft von der Corona-Krise beschlossen, das Tempo ihrer groß angelegten Notfall-Anleihenkäufe moderat zu verringern. Die Käufe im Rahmen des Ankaufprogramms PEPP sollen noch bis mindestens Ende März 2022 fortgesetzt werden. Wie es danach weitergeht, wird wahrscheinlich auf der Zinssitzung im Dezember geklärt werden.

Der lettische Notenbankchef Martins Kazaks betonte, die EZB werde beim Herunterfahren der Krisenhilfe "sehr vorsichtig" vorgehen. Es werde auch nach einem Ende des PEPP-Programms weiterhin Unterstützung nötig sein. Laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sollen die Anleihenkäufe auch nach einem Abschalten von PEPP nicht abrupt gestoppt werden. Parallel zum Notfallprogramm läuft derzeit noch ein "APP"-Anleihenkaufprogramm, das einen kleineren Umfang hat.

Viele Beobachter erwarten allerdings, dass dessen Volumen aufgestockt wird, falls PEPP ausläuft. Das ältere APP-Programm ist bislang zugleich so angelegt, dass es kurz vor einer Zinserhöhung auslaufen soll. EZB-Direktorin Schnabel hatte jüngst darauf verwiesen, dass die Zentralbank vor einer Zinserhöhung zunächst davon überzeugt sein müsse, dass sich die Inflation mittelfristig dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB annähere. Die Teuerungsrate im Euroraum war im August auf 3,0 Prozent hochgeschnellt, den höchsten Wert seit rund zehn Jahren. In Deutschland lag sie sogar bei 3,9 Prozent, wobei Ökonomen auf Sondereffekte wie die Mehrwertsteuersenkung des vergangenen Jahres und die stark gestiegenen Rohölpreise hinweisen. Die Zentralbank hat den Leitzins trotz anziehender Inflation auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent belassen. Die Ökonomen der EZB gehen in ihrer jüngsten Prognose davon aus, dass die Inflationsrate in der Eurozone in diesem Jahr 2,2 Prozent erreichen wird. Für 2022 erwarten sie allerdings nur eine Teuerungsrate von 1,7 Prozent und für 2023 von 1,5 Prozent, womit die Zwei-Prozent-Marke der EZB wieder unterschritten würde.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: