Nachruf:Der Mann, der die Bassgeige auf Touren brachte

Jazz-Kontrabassist George Mraz gestorben

Höhenflüge: George Mraz bei einem Auftritt mit dem George Mraz Quartett.

(Foto: Ivan Babej/dpa)

Jazzgiganten wie Bill Evans, Dizzy Gillespie oder Oscar Peterson hielten ihn für einen der Größten: zum Tod des Bassisten George Mraz.

Von Andrian Kreye

George Mraz ist gestorben, der Bassist, den so viele Jazzgiganten wie Bill Evans, Dizzy Gillespie oder Oscar Peterson für einen der Größten hielten. Kaum einer könne die behäbige Bassgeige so auf Touren bringen, dass sie wie eines der flinken Soloinstrumente wirke, hieß es. Dazu kam seine Gabe, vor allem mit Pianisten ein Einverständnis herzustellen, das die Basis für Höhenflüge für beide war.

Geboren wurde Georg Mraz 1944 als Jiří Mráz in Pisek, einem Städtchen in Südböhmen, das noch von den Nazis besetzt war. Als Siebenjähriger begann er mit der Geige. Zum ersten Mal Jazz hörte er mit zwölf im tschechischen Radio, in dem er sich sonst vor allem Opern anhörte. Sonntags gab es da eine Stunde Jazz. Eine Aufnahme von Louis Armstrong war es, die ihn sofort fesselte. "Die seltsame Stimme von Satchmo war dann ein ziemlicher Schock", erzählt er in seiner offiziellen Biografie. "Wie kann er mit so einer Stimme durchkommen? dachte ich. Aber als die Stunde vorbei war, beschloss ich, dass es mir besser gefiel als alles, was ich an diesem Tag gehört hatte, und so begann ich, mich mit Jazz zu beschäftigen." Er begann, Saxofon und Bass zu lernen. Den Jazz erarbeitete er sich weiter im Radio: "Die Voice Of America kam um Mitternacht für eine Stunde oder so, und mein Gerät war nicht so toll. Es war schwer, den Bass zu erkennen. Also hörte ich auf alle Instrumente und wie alles zusammenwirkte, anstatt mich nur auf den Bass zu konzentrieren. Ich bin wirklich von allem beeinflusst worden, was ich gehört habe, aber natürlich habe ich dann besonders auf Ray Brown, Scott LaFaro, Paul Chambers und Ron Carter geachtet."

Mit 16 schrieb sich Mraz am Konservatorium in Prag ein. Tagsüber studierte er dort Kontrabass, nachts spielte er in den Jazzclubs. Als die Sowjetunion 1968 einmarschierte, emigrierte er nach München. Mit einem Stipendium kam er dann an die legendäre Jazzschule des Berklee College of Music in Boston. Amerika wurde seine Heimat. Im Jazzclub Lennie's on the Turnpike im Vorort Peabody spielte er dann schon bald mit Leuten wie Herbie Hancock und Carmen McRae.

Auf mehr als 400 Schallplatten ist George Mraz zu hören

Es dauerte nicht lange, bis sie in der Jazzhauptstadt New York auf ihn aufmerksam wurden. Dizzy Gillespie bot ihm einen Job an. Den schlug er zwar aus, aber Oscar Peterson ließ sich von Gillespie Mraz' Nummer geben. Zwei Jahre lang arbeitete Mraz mit Peterson. Dann zog er endgültig nach New York und wurde zu einem der gefragtesten Begleiter.

Die Liste der Musiker, mit denen er arbeitete, ist lang. Er spielte viel mit dem Thad Jones-Mel Lewis Orchestra, mit Stan Getz und Bill Evans. Besonders eng war seine musikalische Freundschaft mit dem Pianisten Tommy Flanagan, mit dem er währen der Achtziger- und Neunzigerjahre viel unterwegs war.

Auf mehr als 400 Schallplatten ist George Mraz zu hören. Nur auf wenigen als Leader. Er hatte ein eigenes Quartett mit dem Pianisten Richie Beirach, dem Schlagzeuger Billy Hart und dem Saxofonisten Rich Perry. In den letzten Jahren spielte seine Frau Camilla Mraz in seinem Trio Klavier und Anthony Pinciotti das Schlagzeug. Am 16. September ist er nun in Prag gestorben. Er wurde 77 Jahre alt.

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