Klimapolitik:China stoppt den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland

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Technik, die nicht mehr exportiert werden soll: Ein Kohlekraftwerk in Südchina. (Foto: Kevin Frayer/Getty Images)

Pekings Vorhaben kann gigantische Infrastrukturprojekte erheblich klimafreundlicher machen. Deutschland könnte dagegen nun alt aussehen, warnen die Grünen.

Von Michael Bauchmüller und Christoph Giesen, Peking

China will keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland mehr bauen. Das erklärte der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping in seiner aufgezeichneten Rede bei der UN-Generaldebatte am Dienstagabend in New York. "China wird die Unterstützung anderer Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energie verstärken und keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland bauen", versprach Xi. Chinesische Staatskonzerne haben in den vergangenen Jahren Hunderte Kohlekraftwerke in anderen Ländern errichtet und in der Volksrepublik selbst werden - trotz Kritik von Umweltschützern - weiterhin neue Kraftwerke geplant und gebaut. Die Hälfte der weltweit geförderten Kohle wird in China verbrannt.

China gilt als einer der größten Bauherren von Kohlekraftwerken im Ausland. Vor allem in Ländern wie Indonesien, Vietnam oder Südafrika hatten chinesische Institutionen deren Bau finanziert. Allerdings war Peking damit zuletzt auch international zunehmend isoliert: Im Frühjahr hatte Südkorea angekündigt, sich aus der Finanzierung internationaler Kohleprojekte zurückzuziehen, im Sommer folgte Japan. Die drei Länder standen gemeinsam für 95 Prozent der öffentlichen Finanzmittel für neue Kraftwerke. "Chinas Schritt ist ein historischer Wendepunkt weg von der schmutzigsten fossilen Energie", sagte Helen Mountford, Chefin des Washingtoner World Resources Institute. Jetzt komme es darauf an, was China zu Hause macht. Auch der US-Klimabeauftragte John Kerry begrüßte die Ankündigung und sagte in einer Erklärung, er sei "absolut erfreut zu hören, dass Präsident Xi diese wichtige Entscheidung getroffen hat".

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Laut einer aktuellen UN-Bilanz reichen die Zusagen der Staaten im Rahmen des Paris-Vertrags bei Weitem nicht aus: Zum Ende des Jahrzehnts könnten die Emissionen 16 Prozent höher liegen als 2010.

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In seiner Videobotschaft hatte Xi betont, wie wichtig es sei, die globale Umweltpolitik zu verbessern

Bisher waren die Kohlekraftwerke Teil des größten Infrastrukturprogramms der Welt, der "Neuen Seidenstraße". 2013 hatte Xi das Projekt unter dem Namen "ein Gürtel, eine Straße" erstmals vorgestellt, es ist ein Netz an Investitionen in aller Welt, das fast 70 Prozent der Erdbevölkerung umfassen soll, mit Projekten im Wert von mehr als einer Billion Dollar. Vor allem chinesische Unternehmen erhalten die Aufträge und die allermeisten davon sind nicht sonderlich ökologisch: Eine Studie des Institute of International Finance aus Washington kam 2020 zu dem Ergebnis, dass 85 Prozent der Seidenstraßen-Projekte mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden sind. Durch das chinesische Bauverbot von Kohlekraftwerken könnte dieser Anteil nun erheblich sinken und Peking will stattdessen nun vermehrt erneuerbare Energien unterstützen.

In seiner Videobotschaft hatte Xi betont, wie wichtig es sei, die globale Umweltpolitik zu verbessern, aktiv auf den Klimawandel zu reagieren und eine Lebensgemeinschaft für Mensch und Natur zu schaffen. Er sagte auch, dass der Übergang zu einer grünen und kohlenstoffarmen Wirtschaft beschleunigt und eine grüne Erholung und Entwicklung erreicht werden müsse. "China wird sich bemühen, den Höhepunkt der Kohlendioxidemissionen vor 2030 zu erreichen und bis 2060 kohlenstoffneutral zu werden. Dies erfordert enorme Anstrengungen, und wir werden alles daransetzen, diese Ziele zu erreichen", sagte Xi. Dieses Ziel hatte er zum ersten Mal im Herbst 2020 angekündigt, auch per Videobotschaft bei den Vereinten Nationen. Allerdings steht bis heute noch ein aktualisierter Plan aus, wie konkret Peking seine Emissionen in den kommenden Jahren senken will. Spätestens bis zur nächsten Klimakonferenz müsste so ein Plan vorliegen - und die beginnt in gut fünf Wochen.

In Deutschland fällt die Ankündigung Xis in die heiße Phase des Wahlkampfes. Wenn China nun statt der Kohle erneuerbare Energien fördern wolle, "macht das Regime dies nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch aus knallharten ökonomischen und machtpolitischen Interessen", sagte Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock der Süddeutschen Zeitung. Diese Chance habe die Bundesrepublik verpasst. "Deutschland droht den Wettbewerb um globale Energiepartnerschaften zu verlieren", warnte Baerbock. Gerade solche Partnerschaft für den Ausbau erneuerbarer Energien brauche es aber - zum beiderseitigen Nutzen.

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