Manchester City:Guardiola versöhnt sich mit den eigenen Fans

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Ernste Mine, aber Daumen hoch: Manchester-City-Trainer Pep Guardiola hat die eigenen Fans glücklich gemacht. (Foto: Javier Garcia/Shutterstock/imago)

Vor dem Champions-League-Spiel in Paris entschuldigt sich der City-Trainer zwar nicht für seine Kritik an den Anhängern - er schenkt ihnen aber Genugtuung.

Von Sven Haist, London

Nach fünf gemeinsamen Jahren kennen die Fans des Manchester City Football Club ihren Trainer Pep Guardiola mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er nur selten, wenn überhaupt, von seinen Ansichten abrückt. Um den eigenen, seit anderthalb Wochen anhaltenden Konflikt mit Guardiola nicht weiter vor sich hin köcheln zu lassen, gingen die Fans am Samstag im Ligaspiel beim FC Chelsea einen Schritt auf den Spanier zu. In unüberhörbarer Lautstärke drückten die Leute während der Partie mit einem Loblied ihren Stolz darüber aus, dass Guardiola seine Fußballlehre bei ihnen in Manchester unterrichtet.

Während das Heimpublikum auf die Kundgebung einigermaßen gleichgültig reagierte (weil es seinerseits den ausgewiesenen Fachmann Thomas Tuchel als Trainer hat), dürfte sich der Ehrerweis für Guardiola mindestens so schön angefühlt haben wie Citys 1:0 über Chelsea, das ihn mit nun 221 Siegen zum siegreichsten Trainer der Klubhistorie macht. Denn wahre Zuneigung bleibt ihm auf der Insel meistens vorenthalten.

Die Lobpreisung des City-Anhangs erwiderte Guardiola, 50, mit einer state-of-the-art Performance seiner Mannschaft, die ihm offensichtlich leichter fiel, als die zuletzt vor den Kopf gestoßenen Zuschauer öffentlich um Verzeihung zu bitten - oder nach Abpfiff zirka 50 Meter an der Seitenlinie entlang zum Gästeblock zu gehen, um sich persönlich erkenntlich zu zeigen. Stattdessen verschwand er umgehend im Innenraum der Stamford Bridge und ließ einzig das Resultat (als Entschuldigung) für sich sprechen. Die Fans nahmen Guardiolas Angebot in Form dieser kleinen Vergeltung für die Niederlage gegen Chelsea im Champions-League-Finale trotzdem dankend an - und beklatschten das Team um Siegtorschütze Gabriel Jesus (53.).

Das Leerstadion: Inzwischen veralbert die Branche den Klub und seine Arena

Der Schulterschluss zwischen Fans und Trainer war notwendig, weil Guardiola im Nachgang des Auftaktsiegs über RB Leipzig (6:3) in der Königsklasse ziemlich unverhohlen die geringe Stadionauslastung (38.062 Zuschauer) kritisierte. Die Kommentare provozierten eine Stellungnahme des Fanklub-Vorsitzenden Kevin Parker, der sagte, Guardiola solle lieber "beim Trainersein" bleiben, da er "die Schwierigkeiten" der Fans nicht verstehe. Bei nächster Gelegenheit betonte wiederum Guardiola, auf seinem Standpunkt zu beharren und sich nicht zu entschuldigen.

Die Manchester-Profis bedankten sich im Gegensatz zur ihrem Trainer nach dem Sieg gegen Chelsea bei den mitgereisten Fans. (Foto: Ben Stansall/AFP)

Mit der Rüge erwies Guardiola dem aus Abu Dhabi alimentierten Klub natürlich einen Bärendienst, weil der Meister ohnehin schon mit der Legitimität im europäischen Fußball zu kämpfen hat. Das nach dem Hauptsponsor benannte und kürzlich auf 55 000 Zuschauern erweiterte Stadion wird in der Branche als "Emptyhad" (empty, englisch für: leer) veralbert. Sofern keine unmittelbaren Titelaspiranten zu Gast sind, landen die Tickets vorwiegend im freien Verkauf. So auch fürs nächste Ligaheimspiel gegen den FC Burnley. Das befeuert den Kalauer, dass sich das neureiche City alles kaufen kann bis auf: Zuschauer und den noch nicht gewonnenen Titel in der Champions League.

Das Ende der vereinsschädigenden Auseinandersetzung bündelt erstmal die Kräfte vor dem "Oil Firm Derby" bei Paris Saint-Germain in der Königsklasse am Dienstag (21 Uhr), das wie City durch Ölmillionen vom Persischen Golf bezuschusst wird. Gegner dieses absurden Wettbietens gibt es nämlich fast an jeder Ecke. Erst im Sommer zahlte City die Premier-League-Rekordsumme von 117,5 Millionen Euro und löste so Spielmacher Jack Grealish bei Aston Villa aus. Der Klub wollte seinen begabtesten Profi eigentlich nicht abgeben, schon gar nicht an City. Durch die horrende Ablöse stieg der Verlust der Citizens im Pandemiejahr allein im Transfergeschäft auf knapp 200 Millionen Euro an.

Immerhin hat sich die offensive Vielseitigkeit im Gegenzug noch einmal erhöht, aber die eigentliche Schwachstelle - das Fehlen eines Torjägers - ist weiter nicht beseitigt. Der Wechsel des englischen Nationalstürmers Harry Kane (Tottenham Hotspur) war dann selbst für City nicht umsetzbar. Über die Konkurrenzfähigkeit des Kaders in dieser Saison dürften die nächsten Tage ein erstes Indiz geben. Nach der Paris-Reise steht am Wochenende das Titelduell in Liverpool an. Drei Auswärtsspiele am Stück für City - aber das zieht immerhin keine Diskussionen mit den eigenen Fans nach sich.

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