Mitten in Moosburg:Gute Brezen, schlechte Brezen

Im Stadtrat hat man nicht mehr so ganz klare Vorstellungen von innenstadtrelevanten Sortimenten.

Glosse von Alexander Kappen

Es ist eine Art Fortsetzungsserie, die nun schon zehn Jahre auf Sendung ist. Im Jahr 2011 beschloss der Moosburger Stadtrat seine berühmte "Lex Degernpoint", eine Bebauungsplanänderung für das gleichnamige Gewerbegebiet, durch die man die Geschäfte in der Stadtmitte schützen wollte. Einfach dadurch, dass sogenannte innenstadtrelevante Sortimente in Degernpoint ganz plump verboten wurden.

Und so heißt es im Programm von Stadtrat und Bauausschuss nun schon ein Jahrzehnt lang in schöner Regelmäßigkeit: "Gute Läden, schlechte Läden." Wobei die Frage, welcher Laden nun wo dazu gehört, ein großes Stück weit Auslegungssache ist und sich jeder die Sache scheinbar so hindrehen kann, wie er es braucht. Die Phalanx der Befürworter der Sortimentsbeschränkung im Stadtrat bröckelt schon langsam und die Hälfte der Amtsträger hat wahrscheinlich eh längst den Überblick verloren, was wann zugelassen oder verboten wird und warum. Zumal offenbar auch noch unterschieden werden muss, ob eine Grundstücksparzelle sich jetzt gerade in einem Bereich von Degernpoint befindet, der zufällig als Industriegebiet firmiert oder als Gewerbegebiet. So wurde im Jahr 2017 im Industriegebiet eine Bäckerei samt angrenzendem Café und Bistro genehmigt. Gaststätte im Industriegebiet: funzt. Dass der Laden auch als Verkaufsgeschäft zur Mitnahme genutzt wird: geschenkt.

Als am Montag nun ein paar Hundert Meter weiter - ebenfalls in Degernpoint, aber hier als Gewerbegebiet deklariert - ein Backshop mit Café-Betrieb beantragt wurde, hieß es: ein No-Go. Gibt der Bebauungsplan nicht her. Könnte der Innenstadt schaden. So ordneten die Bauausschussmitglieder, der Rechtslage folgend, den Backshop der Kategorie "böse Läden" zu und lehnten ihn ab. Um gleich danach einen vom Bebauungsplan als unbedenklich eingestuften Erotikmarkt ("gute Läden") einstimmig zu genehmigen. Sexshop: hui. Backshop: pfui. Während die Unterscheidung zwischen geschäftsschädigenden Brezen und innenstadtverträglichen Brezen im Gewerbegebiet zu einer Wissenschaft gerät, gilt für die Erotik auch in Degernpoint nur die eine Regel: Sex sells. Wer dort draußen also seine Semmeln an den Mann bringen will, sollte vielleicht besser einen Erotikmarkt mit Backwaren-Theke eröffnen. Das lässt sich mit dem Bebauungsplan sicher vereinbaren. Man muss ihn nur richtig auslegen.

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