Paketposthalle:Zwei rote Ballons zeigen: So groß werden die Hochhäuser

Paketposthalle: Ballons simulieren die geplanten Hochhäuser an der Paketposthalle.

Ballons simulieren die geplanten Hochhäuser an der Paketposthalle.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Stadt ließ am Donnerstag zwei Flugobjekte über dem Münchner Westen aufsteigen. Es geht um die Frage: Wie verändern die beiden Türme den Münchner Himmel?

Von Sebastian Krass

Da hinten sind sie, zwei orangefarbene Ballons, klein, aber deutlich zu sehen am herrlichen Morgenhimmel hinter dem Südlichen Schlossrondell. Etwa zwei Kilometer von Schloss Nymphenburg entfernt schweben sie in 155 Metern Höhe über der Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke, also an der Stelle, wo ein Investor Zwillings-Hochhäuser mit dieser Höhe bauen will. Die Ballone sollen an diesem Mittwoch eineinhalb Stunden lang simulieren, wie die Türme sich auf das Stadtbild auswirken würden - wobei man natürlich bedenken muss, dass die Ballone nur eine Vorstellung von der Höhe geben können, nicht von der Wirkung der Baumasse der Hochhäuser.

Gabriele Netzer steht am Rand des Schlossteichs, sie schaut hinüber, und ihr Blick sagt: keine gute Idee das mit den Türmen. Verdichtung in der Stadt findet sie richtig, gerade an einem "Knotenpunkt" wie der Friedenheimer Bücke, direkt an der zentralen Bahnachse. Aber dort zwei alleinstehende Türme mit dieser Höhe hinzustellen, das hält Netzer, Architektin von Beruf, für falsch. "Es gibt einfach kein Konzept für Hochhäuser in München", sie entstünden mal hier, mal dort. "Wenn ich mit der Bahn nach Frankfurt reinfahre, dann ist das eine ganz andere Wirkung, da bilden die Hochhäuser eine Komposition." Neben ihr steht ein anderer Münchner Bürger, seinen Namen mag er lieber aus der Öffentlichkeit raushalten. Auch er lehnt das Hochhaus-Projekt ab. Die beiden tauschen gerade Argumente aus, da hält Hans-Georg Stocker mit seinem Fahrrad an.

Der Chef des Backstage, unmittelbar neben dem Grundstück der Paketposthalle gelegen, schnappt nur ein paar kritische Gedanken auf, dann poltert er direkt dazwischen: "Eine rückwärtsgewandte Debatte" sei das. Er fragt: "Sollen wir vielleicht gleich auch noch den Olympiaturm abreißen?" Stocker hatte sich bereits vor zwei Wochen auf einer Veranstaltung zum Thema "Paketpost-Areal" klar für das Bauprojekt ausgesprochen und damit der großen Mehrheit im Saal widersprochen. Er ist für die Häuser, obwohl das Projekt auch Auswirkungen auf sein Backstage haben wird. "Natürlich ist das eine Bedrohung für uns, wenn Wohnungen in die unmittelbare Nachbarschaft kommen", sagt Stocker. Und er verstehe jede Skepsis gegen Investoren, "ich habe mit dem Backstage selbst über die Jahre viele schlechte Erfahrungen gemacht."

Ballons simulieren Hochhäuser in München

Die beiden geplanten Türme wären von weitem sichtbar.

(Foto: dpa)

Hat er schon mal dem Paketpost-Investor Ralf Büschl gesprochen? Ja, sagt Stocker, Büschl und seine Leute seien offen für Ideen. "Aus unserer Sicht muss garantiert sein, dass der Lärmschutz an den Wohnungen entsteht und dass nicht wir dafür verantwortlich sind." Inzwischen ist die kleine Gruppe gewachsen, gut ein Dutzend Menschen steht jetzt beieinander, die Argumente fliegen hin und her.

Stadtbaurätin Elisabeth Merk ist da schon auf dem Weg ins Büro. Sie war gegen acht Uhr da, machte mit ihrem Handy Fotos von den Ballons und fühlte sich bestätigt: "Die Sichtbarkeit ist so, wie wir es eingeschätzt haben." Ihr Planungsreferat hat die Simulation organisiert, nachdem die Stadtratsfraktion von ÖDP und Freien Wählern (die das Bauprojekt ablehnt) dies beantragt hatte. Aber Merk denkt auch über die Argumente des Landesamtes für Denkmalschutz nach, dessen Chef Mathias Pfeil die Hochhaus-Pläne ablehnt, sie würden "die Stadtsilhouette verändern wie kein anderes Gebäude", sagte er vor einiger Zeit, "die sehen Sie von überall", insbesondere das Ensemble von Schloss Nymphenburg würde erheblichen Schaden nehmen.

Merk ist den Schlosskanal entlang herspaziert: "Ich habe extra noch mal drauf geachtet: Der Blick auf das Schloss ist unberührt." Aus ihrer Sicht entscheidend ist der Blick in die andere Richtung: "Vom Schloss aus war man schon immer der Stadt zugewandt, deshalb halte ich die Hochhäuser auch unter denkmalpflegerischen Aspekten grundsätzlich für diskutierbar." Aber, ergänzt sie, die Sichtbarkeit der Ballone sei ein "Beweis, dass die Architektur der Türme richtig gut sein muss".

Noch etwas früher am Morgen, auf dem Bahnsteig des S-Bahn-Halts Friedenheimer Brücke. Hier ist man dem gewaltigen denkmalgeschützten Bogen der Paketposthalle ganz nah. Aber die Ballons sind ziemlich weit oben. Hier würden die Türme eine enorme Präsenz entfalten - die manche vermutlich erdrückend fänden, andere großstädtisch. Vor einigen Jahren ist hier das 60 Meter hohe Büro-Hochhaus "Kap West" entstanden. Unten heraus kommt Kai Ludwig, 40, er arbeitet drinnen bei einem IT-Unternehmen. Ludwig legt seinen Kopf in den Nacken, um die Ballons zu sehen. "Auf mich wirkt das gar nicht so schlimm, ich hätte es mir noch viel höher vorgestellt", sagt er. "Und der Stadt würde es gut tun, wenn hier in der Ecke etwas mehr Leben entsteht."

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