Ausstellung:Psssst, hier kommt die Stille

Die Künstler der 35. Ateliertage Berg-Icking zeigen am Wochenende Arbeiten zu einer Begleiterscheinung des Lockdowns - der Geräuschlosigkeit. Die Bandbreite ihrer Werke reicht von Stillleben bis hin zu einem Häuschen der Ruhe

Von Vpn Katja Sebald, Berg

Nach der Stille nun also die Stille: Als Antwort auf Lockdown und Kontaktverbote haben sich die Künstler der Ateliertage am Ostufer des Starnberger Sees in diesem Jahr auf das Thema "Stille" geeinigt - in einem demokratischen Prozess, wie sie betonen, aber bei Weitem nicht einstimmig. Und so lassen einige das Thema stillschweigend unter den Tisch fallen, während andere der Meinung sind, dass es die Stille ja nur als Kontrast zum Lärm geben kann. Sicher ist jedenfalls, dass es mit der Stille vorbei sein wird, wenn die 20 teilnehmenden Künstler an diesem Wochenende wieder ihre Ateliertüren für Besucher öffnen.

Andreas Huber bereitet sich auf die Ateliertage vor; Ateliertage Berg - Icking

Der Fotograf Andreas Huber aus Aufhausen hat das Motto der Ateliertage geschickt abgewandelt und zeigt Stillleben unter anderem von welkenden Blumen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dazze Kammerl, der in seinem bezaubernden "Atelier auf der Lüften" in Farchach inmitten eines Sammelsuriums aus Trommeln, selbstgebauten Instrumenten und Fundstücken aus der Natur arbeitet, kennt sich mit laut und leise gleichermaßen aus: Er ist Musiker und Schöpfer von zuweilen beinahe meditativen grafischen Arbeiten. Im Lockdown entstand ein Landschaftsaquarell, das aus nichts als Stille besteht und ein geradezu beängstigend überfülltes Fußballfeld als Collage mit Zeitungsfotos von sich umarmenden, sich drückenden, sich küssenden, schreienden und spuckenden Spielern.

Hans Panschar und sein Häuschen der Stille; Ateliertage Berg - Icking

Hans Panschar macht es sich in seinem sanft schaukelnden Häuschen der Stille in Allmannshausen gemütlich.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch bei Juschi Bannaski und Roman Wörndl ist es alles andere als leise: Die Malerin zeigt eine ganze Reihe von neuen Bildern, die in der von ihr seit einigen Jahren bevorzugten Hinterglastechnik entstanden sind. Leuchtende Farben geben den Ton in ihren poetischen Bildwelten an, in der weiten Leere des Bildraums oder gar in einer zwischen bunten Wolken gespannten Hängematte kommt der Betrachter dennoch zur Ruhe. Roman Wörndl baute im langen Lockdown eine Multimedia-Selbstbefragungsmaschine, für die er Fragmente älterer Arbeiten, sich drehende Zahnräder, Skizzen, Fotos und Videoschnipsel zu einem neuen großen Ganzen fügte.

Daniela Fugger-Antonacci bereitet sich auf die Ateliertage vor; Ateliertage Berg - Icking

Daniela Fugger-Antonacci stellt in einer stillgelegten Mechaniker-Werkstatt in Sibichhausen in der Gemeinde Berg aus.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Die Stille ist bei mir in allen Arbeiten", sagt Sabine Beck. In ihrem Atelier auf der Maxhöhe zeigt sie ihre erzählerischen Druckgrafiken mit Motiven aus der Natur. Ein großes Diptychon mit sehr reduzierten figürlichen Darstellungen zum Thema Licht und Schatten weist sie als souveräne Malerin aus.

Lucie Plaschka hat CDs erhitzt, verformt und zu einer Art Relief montiert, damit es endlich einmal still ist. "Stecker raus" heißt eine Objektcollage aus übrig gebliebenen Schaltern, Steckern, Steckdosen und anderen Utensilien der Lärmerzeugung. Der Fotograf Andreas Huber kostet das Thema "Stille" mit einer ganzen Reihe von Stillleben aus: Zu seinen kunstvoll inszenierten Vanitas-Darstellungen mit welkenden Blumen, verlöschenden Kerzen, Totenkopf und einem Handy als digitale "Sanduhr" kommt in diesem Jahr eine schöne Schwarz-Weiß-Serie von leeren Stühlen: Aufgereiht in leeren Konzertsälen oder verlassen vor Cafés und Restaurants erzählen sie eindrucksvoll von einer Stille, die keiner wollte.

Daniela Fugger-Antonacci, die in diesem Jahr zum ersten Mal als Gastausstellerin teilnimmt, hat eine stillgelegte Mechaniker-Werkstatt in Sibichhausen zu neuem Leben erweckt. Ohne seine schroffe und etwas marode Melancholie zu stören, setzt sie dem Raum die geradezu opulente Vielfalt ihrer Bilder entgegen. Gestische Malerei, tiefgründig-ruhige Farbklänge und effektvoll gesetzte Akzente bestimmen die Arbeiten auf Leinwand, die meist kleinformatigen Collagen aus Textschnipseln und Bildfundstücken zeichnen sich durch einen wundersam leisen Hintersinn aus.

Hans Panschar hat auf einer Wiese am Ortsrand von Allmannshausen einen Ort der Stille geschaffen: Im rot ausgekleideten Inneren eines sanft schaukelnden Boots-Hauses können jeweils zwei Besucher einen Moment lang innehalten, bevor sie ihn in der Werkstatt besuchen. Dort gibt es eine Vielzahl neuer Arbeiten zu entdecken, weitere Zwitterwesen aus Boot und Haus, Ruhebänke mit Bergblick, Städte auf Stelzen, ganze Bergpanoramen, eine für immer verstummte Tuba und die heiter-stille "Ode an einen Eimer".

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