Musik im Landkreis:Zu den Wurzeln der Musik

FÜRSTENFELDBRUCK: Konzertmatinee mit Bach-Chor und Bach-Orchester IM VOLKSTON

Der Bach-Chor, der gemeinsam mit dem Bach-Orchester im Stadtsaal Fürstenfeldbruck gastiert.

(Foto: Leonhard Simon)

Bach-Chor und Bach-Orchester kehren nach der Corona-Pause auf die Bühne des Stadtsaals zurück

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Wer das Konzertmotto "Im Volkston" las und die Trachten auf der Bühne sah, der entwickelte schnell eine Vorstellung, was ihn im Konzert offensichtlich erwartet. Wenn man dann im Programm noch Bavarian Highlands entdeckte, beschlich einen gerade in Wiesn-Zeiten ohne Oktoberfest vorschnell der Gedanke an jodelnde Amerikaner. Genau das konnte man bei der sonntäglichen Konzertmatinee von Bach-Chor und Bach-Orchester Fürstenfeldbruck im Stadtsaal unter der Leitung von Gerd Guglhör jedoch nicht erleben. Die Musik hatte tatsächlich starke Verbindungen ins Volk, jedoch eher auf artifizieller Ebene. Weder Jodelwahnsinn noch Schunkelmusik waren zu hören, dafür ein besonderes Programm, das erstmals seit dem Beginn der Corona-Pandemie wieder ein Streichorchester mit dreißig und einen Chor mit fünfzig Musikern auf der Bühne ermöglichte. Die Erleichterung war den Beteiligten anzumerken.

Zu Beginn erklang ein Werk, das wahrscheinlich kein Besucher schon einmal gehört hatte, nämlich das Konzert für Violoncello und Streichorchester des Georgiers Vaja Azarashvili aus dem Jahr 1978. Solistin war die 19-jährige Amrei Bohn, die aus einer Fürstenfeldbrucker Musikerfamilie stammt und in der Klasse von Maximilian Hornung an der Münchner Musikhochschule studiert. Der Komponist reservierte über weite Strecken die klangliche Mitte für das Solocello, so dass der melodiös-singende Gestus im Zentrum stand. Das Orchester positionierte sich zur Solistin, indem es sich klanglich einmischte, in einen Dialog eintrat oder einen Begleithintergrund bildete. Es entstand aber keine Konkurrenz, was zur Folge hatte, dass Amrei Bohn nicht gefordert war, gegen die Übermacht des Orchesters tonlich anzukämpfen. Dadurch erhielt ihr Spiel einen ganz natürlichen Fluss, der den ausdrucksstarken Kantilenen sehr differenziert gerecht wurde. Aus den beiden Polen einer gut führenden Solistin und eines sehr aufmerksamen Orchesters ergab sich eine auf das Publikum übergreifende hohe Konzentration. Energetisch und dynamisch baute sich die Spannung von den schwirrenden Klängen des Orchesters am Beginn über rhythmisch klare Impulse allmählich auf. Die Solistin folgte diesem Weg, bis sich die Phrase des Solocellos in einem sehr effektvoll inszenierten Ausbruch aus der angestammten Lage nach oben entlud. Im weiteren Verlauf kam eine bis dahin nicht zu erlebende Leichtigkeit des Klangs hinzu, die musikalische Süffigkeit ausstrahlte.

Damit war auch ein Übergang geschaffen zu den sechs Stücken From the Bavarian Highlands op. 27 für Chor und Klavier (Katharina Aulinger-Guglhör) von Edward Elgar. Der britische Komponist hatte sie 1895 aus der Inspiration im Urlaub in Garmisch geschrieben und vertonte dabei Verse seiner Ehefrau Alice. Die Unbeschwertheit dieser Ferientage spiegelt sich musikalisch deutlich wider, zum Beispiel übertrug sich der Schwung der Musik im ersten Stück (The Dance) ganz nahtlos auf die Zuhörer. Dass die Texte in englischer Sprache sind, war hörbar, auch wenn man sie nicht wirklich verstehen konnte, was aber zum Erleben der Musik auch nicht von Bedeutung war. Der Wechsel von Chorgruppen und die mal stringent legato und an anderer Stelle weich gefedert geführte Linie führten immer wieder zu einem berauschend-schwärmerischen Klangeindruck. Die Pianistin unterstützte punktgenau die Intentionen. Der erzählende Tonfall (On the Alm) hatte entfernte Anklänge an einen Jodler, doch blieb es stets bei Allusionen. Stilistisch war eine Nähe zu Johannes Brahms nicht zu überhören.

Am Ende erklang noch die vielgespielte Simple Symphonie von Benjamin Britten. Vielleicht waren die klanglichen Eindrücke der beiden vorhergehenden Stücke zu stark, als dass die Interpretation dieses Werks große Begeisterung hätte auslösen können. Die Wiedergabe war solide, doch fehlte es diesem Stück etwas an Esprit.

Dankbaren Applaus gab es am Ende für alle Beteiligten, aber sicher auch für die Tatsache, dass so ein Konzert überhaupt wieder stattfinden konnte.

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