Kohleausstieg:Das Misstrauen überwiegt

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Helmut Paschlau im Jahr 2021 bei einer Protestaktion gegen das geplante Erdgas-Kraftwerk im HKW Nord. (Foto: Robert Haas)

Die Münchner Überlegungen für einen früheren Kohleausstieg am Heizkraftwerk Nord lösen in Unterföhring keine Euphorie aus.

Von Irmengard Gnau, Heiner Effern, Unterföhring

Die Ankündigung aus München, den umstrittenen Steinkohleblock des Heizkraftwerks Nord möglicherweise doch schneller abzuschalten, ohne ein zusätzliches Gaskraftwerk zu bauen, stößt in Unterföhring auf sehr verhaltene Reaktionen. Wolfgang Stubenrauch von der Bürgerinitiative "Raus aus der Steinkohle" sagt, er wolle erst die Prüfung abwarten, ob eine Umrüstung des Blocks von der Steinkohle- auf Gasverbrennung technisch wirklich möglich sei - und unter welchen Bedingungen. Auch die Gemeinde zeigt sich zurückhaltend und verweist auf das Bekenntnis Unterföhrings zu regenerativen Energien.

Nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid 2017 hatten viele Menschen Hoffnung, dass dies bis 2022 geschehen würde; doch da das Heizkraftwerk als systemrelevant für die Strom- und Wärmeversorgung eingestuft wurde, erarbeitete die Stadt lediglich einen Kompromiss. Um die Leistung des Kohleblocks zu ersetzen, wollten die Stadtwerke München (SWM) eine neue Gas- und Dampfturbinenanlage errichten, gleich neben dem Heizkraftwerk. Dagegen aber hat sich die Gemeinde Unterföhring vehement verwehrt und ihre Planungshoheit auf eigenem Grund ausgespielt. 2020 brachte der Unterföhringer Gemeinderat einstimmig einen Bebauungsplan für das Betriebsgelände des Heizkraftwerks und die angrenzenden Flächen auf den Weg. Dieser Bebauungsplan soll explizit festlegen, dass auf dem Gelände nur Anlagen zur Energieerzeugung erlaubt sind, die keine fossilen Brennstoffe nutzen.

Die Gemeinde Unterföhring habe sich bewusst einer nachhaltigen Energiegewinnung verschrieben, sagt Lothar Kapfenberger, der Leiter der Bauabteilung im Rathaus. Der besagte Bebauungsplan ist in Bearbeitung und soll im Januar vom Gemeinderat beschlossen werden. Ob sich Unterföhrings klare Haltung mit dem Vorhaben der Stadt München vereinbaren lässt, wird sich zeigen müssen. Denn auch wenn der bisher mit Steinkohle betriebene Block 2, wie jetzt von SPD und Grünen in München vorgeschlagen, auf Gasverbrennung umgestellt werden kann, würde er, zumindest für einige Jahre, mit Erdgas betrieben. Regenerativ ist das bekanntlich nicht.

Die Pläne für die umstrittene Gas- und Dampfturbinenanlage in Unterföhring sind nach Angaben von Helge-Uve Braun aus der Geschäftsführung der Stadtwerke "im Moment kein Thema". Sein Unternehmen habe bereits im September mit der Gemeinde Gespräche geführt, in denen es um die Pläne für die Umrüstung des Steinkohleblocks gegangen sei. Man wolle den Standort Nord gemeinsam entwickeln. Braun weiß aber auch, dass er in Unterföhring erst mal auf viel Misstrauen stoßen wird. Es gehe nun in den Treffen auch darum, "Vertrauen zurückzugewinnen", sagte Braun.

Den Anstoß für den Sinneswandel hatten im Sommer und Herbst 2020 zwei Ascheauswürfe aus den Schloten des Kohleblock gegeben, von denen der erste deutlich sichtbar in Unterföhring niedergegangen war. Die Untersuchungen in der Folge führten laut SWM dazu, dass nun doch die Umrüstung des bestehenden Steinkohleofens auf Gas für möglich erachtet wird und schnell geprüft werden soll. Bei einem positiven Ergebnis könnte der Wechsel bereits zur Heizperiode im Jahr 2022/23 erfolgen.

© SZ vom 06.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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