Verfassungsschutz:AfD-nahe Denkfabrik als rechtsextrem eingestuft

AfD Kubitschek Gauland

Der rechtsextreme Publizist Götz Kubitschek (Mitte) zusammen mit den AfD-Politikern Alexander Gauland (links) und Björn Höcke (rechts) im Jahr 2016.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/DPA)

"Erwiesen extremistische Bestrebungen": Der Verfassungsschutz von Sachsen-Anhalt verschärft die Gangart gegen das "Institut für Staatspolitik". Dieses sei ein gefährliches Zentrum der "Neuen Rechten".

Von Markus Balser, Berlin

Ex-Fraktionschef Alexander Gauland kam schon mal für einen Vortrag zum Thema "Populismus" vorbei. Die aktuelle Fraktionschefin Alice Weidel sprach bereits 2019 im "Institut für Staatspolitik" (IfS) in Schnellroda in Sachsen-Anhalt. Die rechte Denkfabrik des Verlegers Götz Kubitschek, beheimatet in einem Rittergut, gilt seit Jahren als geistiges Zentrum der äußerst rechten AfD-Parteiströmung. Kubitschek hält auch persönlich gute Verbindungen in die AfD. Er gilt als Vertrauter von Björn Höcke, dem Thüringer Landeschef und Vordenker der offiziell aufgelösten völkischen Parteiströmung "Flügel".

Am Dienstag nun wurde klar, dass der Verfassungsschutz das Institut und damit auch die "Neue Rechte" in Deutschland stärker ins Visier nimmt und für bedrohlich hält. Der Landesverfassungsschutz von Sachsen-Anhalt weist die Denkfabrik erstmals als "erwiesene extremistische Bestrebung" aus. So geht es aus dem neuen Verfassungsschutzbericht hervor, den das Innenministerium veröffentlichte.

Der Schritt hat weitreichende Folgen für das IfS. Denn damit kann der Inlandsgeheimdienst das Institut nun auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen. Dazu gehört etwa das Abhören von Gesprächen, das Mitlesen von E-Mails oder der Einsatz von V-Leuten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz schaut in Schnellroda ebenfalls genau hin und hatte bereits den Kubitschek-Verlag Antaios unter Beobachtung gestellt.

In ihrem Bericht widmen die Landesbehörden der Denkfabrik ein eigenes Kapitel. Rassistische und biologistische Sichtweisen prägten die Einrichtung, heißt es darin. Zum Wesenskern gehöre die "Diskriminierung ausgewählter Personengruppen, vor allem Flüchtlinge und Muslime, denen pauschal negative Eigenschaften zugeschrieben werden", erklärt das Innenministerium zu dem 250-seitigen Papier weiter.

Die Behörden sehen in dem Institut ein gefährliches Zentrum der "Neuen Rechten". Als gegenwärtiger ideologischer Ideengeber sei es wichtigster Stratege und Schulungsort für die übrigen Organisationen des Netzwerks. Es wolle dabei den "Raum des Sagbaren" ausdehnen und auch auf den parlamentarischen Raum Einfluss nehmen. Die Denkfabrik richte sich dabei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Landes.

Wichtige Rolle des Instituts für die Szene

Das Institut wurde im Jahr 2000 gegründet. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hatte schon im vergangenen Jahr die wichtige Rolle des Instituts für die Szene hervorgehoben: Die neue Rechte operiere "arbeitsteilig, wobei viele Fäden beim Institut für Staatspolitik in Schnellroda zusammenlaufen".

Das Institut äußerte sich am Dienstag nicht zu der Einschätzung des Landes-Verfassungsschutzes. Als es 2020 zum Beobachtungsfall des Bundesverfassungsschutzes wurde, schrieb Institutsgründer Kubitschek: "Jahrelang haben wir transparent gearbeitet, haben das getan, was man 'Gesicht zeigen' nennt - eine komplett ausgelutschte Sache." Dies habe "behördliche Kriminalisierung" nicht verhindert. Daher sei nun Schluss mit der Transparenz. "Sollen die sich halt Mühe geben."

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