Volleyball:Schmerzhaftes Eisbad

Rote Raben Vilsbiburg (rot) vs. Allianz MTV Stuttgart Vilsbiburg (Bayern/Deutschland) Volleyball Frauen, 1. Bundesliga,

Gute Ansätze gab es im Team von Alexis Hart, doch Vilsbiburg braucht noch Zeit.

(Foto: Michael Sigl/imago images)

Meisterschaftsanwärter Stuttgart weist Vilsbiburg in die Schranken. Die Niederbayerinnen stecken nach kurzer Vorbereitung noch in der Selbstfindungsphase.

Von Katrin Freiburghaus

Statistisch betrachtet war der vergangene Samstag für Vilsbiburgs Erstliga-Volleyballerinnen ein Tag zum Vergessen. Im ersten Heimspiel der neuen Saison hatte es vor gut 500 Zuschauern lediglich 72 Minuten gedauert, bis die Gastgeberinnen mit hängenden Köpfen an der Grundlinie aufgereiht standen. Die Enttäuschung über magere 24 Prozent Angriffseffektivität, 22 Prozent gelungene Annahmen und das deutliche 0:3 (16:25, 19:25, 13:25) saß tief. Denn Vilsbiburg war Stuttgart in der Summe zwar klar unterlegen gewesen, hatte zwischenzeitlich aber durchaus seine Chancen gehabt. Genau die machten die Nachbereitung besonders schmerzhaft. "Mit dem Spiel als Ganzem und vor allem dem dritten Satz kann man nicht zufrieden sein", sagte Trainer Florian Völker, "aber es gab sehr gute Stellen und Ansätze, die mir gefallen haben."

Jeweils zu Satzbeginn hatte Vilsbiburg seinen Teil zu langen, sehenswerten Ballwechseln beigetragen und im ersten Durchgang bis zum 12:13, im zweiten bis zum Stand von 18:18 den Anschluss gehalten. Dann jedoch verlor das Team in beiden Sätzen nach ein, zwei Fehlern den Faden. Stuttgart nutzte den nachlassenden Druck in allen Elementen jeweils sofort aus, Vilsbiburg reagierte mit großer Unsicherheit in der Annahme. Wenn sein Team "in einem Fluss gespielt" habe, analysierte Völker, "sah das schon gut aus, aber der ist durch den Gegner noch zu leicht zu unterbrechen". Der Einfluss, den ein Fehler auf die Spielweise des Teams habe, sei deutlich zu groß gewesen.

Die neue Diagonalangreiferin kam erst kurz vor dem Saisonstart - und "alle Bälle zu ihr" wäre die falsche Devise

Beide Klubs waren personell geschwächt an den Start gegangen: Stuttgart ohne seine Lebensversicherung Krystal Rivers, die Niederbayerinnen ohne ihre schwer erkältete Libera Tiffany Clark und Mittelblockerin Corissa Crocker, die vor einer Woche im Training von einem Ball hart am Kopf getroffen worden war und wohl noch einige Zeit fehlen wird. Viel größeren Einfluss als Personen hatte auf die Partie aus Vilsbiburgs Sicht aber der Faktor Zeit. Bereits vor Saisonbeginn hatte Völker um Geduld geworben, weil Stabilität ein Effekt ist, für den diverse Voraussetzungen erfüllt sein müssen - und zu den meisten davon gibt es keine Abkürzung.

Diagonalangreiferin Dayana Segovia etwa war erst kurz vor dem Saisonstart zum Team gestoßen. "Und jetzt könnte man meinen: einfach den Ball irgendwie zu ihr und fertig - aber so einfach ist es nicht", sagte Zuspielerin Magdalena Gryka. Jede ihrer Angreiferinnen sei in bestimmten Situationen die richtige Anspielstation, in anderen weniger. "Für wen das wann gilt, geht beim Volleyballerischen los und hört beim Charakter auf, das muss man im Training mit vielen, vielen Wiederholungen herausfinden", sagte sie weiter. Für all das sei wenig bis keine Zeit gewesen. Segovia beispielsweise sei "gleich ins kalte Wasser geschmissen" worden: Sie absolvierte bereits an ihrem ersten Trainingstag ein Vorbereitungsspiel mit ihrem neuen Team.

Abgesehen von hakenden Abläufen und Schwächen in der Annahme sah Völker gegen Stuttgart zudem Schwierigkeiten beim Zurückfinden zur eigenen Linie. Solche Sachen lerne man allerdings "nur im Spiel". Die Tabelle sei ihm deshalb für den Anfang egal. Zumal Vilsbiburg dort nach dem Pflichtsieg zum Auftakt bei Aufsteiger Neuwied im soliden Mittelfeld rangiert. Etliche überraschende Ergebnisse belegten an den ersten beiden Spieltagen die große Ausgeglichenheit der Frauenbundesliga. "Das zeigt, dass man jede Woche viel erreichen kann", sagte Völker und fügte hinzu: "Wenn man auf sich selbst schaut."

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