Finale der Nations League:Gehobenes Niveau mit Makel

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Die zweite Ausgabe der Nations League hat gezeigt, dass diese Art der Mini-EM rein sportlich funktionieren kann. Dass Profis akute Überlastung beklagen, ist verständlich. Aber die wirklich unnötigen Spiele finden woanders statt.

Kommentar von Jonas Beckenkamp

Vielleicht war es der Frust über die Niederlage, vielleicht aber auch ein Denkanstoß aus offenem Herzen. Am Ende ist es egal, denn der belgische Torhüter Thibaut Courtois hat an diesem Wochenende zu einem Thema losgepoltert, das Konfliktpotenzial beinhaltet. Nach dem 1:2 seiner Mannschaft im kleinen Finale der Nations League gegen Italien hielt er ein Plädoyer gegen die Moderne und für die eigene Gesundheit.

"Dieses Spiel ist nur ein Spiel fürs Geld, ganz ehrlich", echauffierte sich Courtois. "Wir spielen es nur, weil es für die Uefa zusätzliche Einnahmen bedeutet." Fußballer seien keine Roboter, es ginge immer nur um mehr Partien, das bedeute immer weniger Ruhepausen für die ausgezehrten Aktiven. Courtois klang einigermaßen verzweifelt, und man würde ihm in vieler Hinsicht gerne zustimmen.

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Doch wer ein Fazit dieser zweiten Ausgabe der Nations League ziehen will, kommt auch um diesen Gedanken nicht herum: Sportlich gesehen lieferten etwa die Finalspiele mit Belgiern, Italienern, Spaniern und Franzosen gehobenes Niveau. Eingeführt wurde der Wettbewerb zur Saison 2018/19 vordergründig mit diesem Argument: Die Uefa wollte der Belanglosigkeit vieler WM- und EM-Qualispiele ein Turnier entgegensetzen, in dem es um etwas geht. Aufstieg, Abstieg, am Ende eine Trophäe und Konfetti.

Eine Art Super League für Nationalteams, in der die Besten auf die Besten treffen und die weniger Guten auf Ihresgleichen. Das ist insofern gelungen, als dass die genannten Topteams eben nicht zum obligatorischen Siebenzunull auf Malta oder im windumtosten Tórshavn antreten mussten, sondern zu einer Mini-EM in illustrer Runde. Das schädlichste für den Profisport ist, wenn er langweilt, wenn vorher klar ist, wie es ausgeht. Von diesem Vorwurf darf man die Nations League durchaus freisprechen. Sie endete für Deutschland schmerzhaft (0:6 in Spanien), für andere aber in der Renaissance (Frankreichs Weltmeister können's doch noch).

Thibaut Courtois wurde mit seinen Belgiern Vierter in der Nations League - und kritisierte hinterher das Event scharf. (Foto: Claudio Villa/Getty Images)

Fußball in Dauerschleife ermüdet Sportler - und Zuschauer

Trotzdem hat dieses immer noch neue Event ein Imageproblem. Nur 3,24 Millionen deutsche TV-Zuschauer wollten den Finalsieg der Franzosen am Sonntagabend zur Primetime sehen - nicht mal halb so viele wie den Tatort am Wochenende zuvor auf demselben Sendeplatz (lag es an Lars Eidinger?). Die Krux liegt wie so oft im Detail. Dass Fußball in Dauerschleife Zuschauer und Sportler ermüdet und an den Rand des Zumutbaren bringt, lässt sich kaum bestreiten.

Nur: Es gibt Unnötigeres als die Nations League, etwa die international drittklassige "Europa Conference League", wo sich die Erewans, Agdams und die Lincoln Red Imps gute Nacht sagen. Oder die teils quälend lange WM-Qualifikation mit Spielen, vor denen sich mysteriöserweise so mancher was an den Adduktoren holt. Oder die Wanderzirkustrips verschiedener Großklubs in die USA zum sommerlichen "International Champions Cup" - wo auch Courtois' Arbeitgeber Real Madrid gerne die Urlaubskasse aufbessert.

Nochmal reingehört in die Anklage des Belgiers: "Jetzt haben sie den nächsten Wettbewerb eingeführt, Conference Cup oder wie das heißt", schimpfte er. Das ist wohl das eigentliche Problem: Selbst wer aus der Branche stammt, kriegt sie nicht mehr zusammen, all die Cups, Trophäen und Knochenmühlen. Dagegen wirkt die Nations League fast schon in Ordnung.

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