Aareal Bank:Heuschrecken-Futter

Blick auf die Skyline der Stadt Frankfurt am Main, am 20.04.2021 in Frankfurt/Deutschland. *** View of the skyline of th

Der Blick auf die Skyline von Frankfurt am Main, Deutschlands wichtigstem Finanzplatz und Hauptsitz der Commerzbank.

(Foto: Sven Simon/imago images)

Sind die deutschen Banken inzwischen derart geschwächt, dass sie zu Futter für Finanzinvestoren werden? Die Aareal Bank in Wiesbaden bekommt bereits Avancen. Und andere könnten womöglich folgen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Allzu viel Rücksicht auf Befindlichkeiten haben sie nicht genommen, die Damen und Herren Finanzinvestoren: Zumindest nicht darauf, dass der neue Vorstandschef der Aareal Bank erst einmal ankommen wollte: Mitarbeiter kennenlernen, Strategie schärfen, alles neu denken. Was man eben so macht in den ersten hundert Tagen, und das alles hatte sich wohl auch Jochen Klösges vorgenommen, seit Mitte September ist er Vorstandschef der besagten Aareal Bank.

Stattdessen musste Klösges nun vergangene Woche - an seinem 17. Arbeitstag - bereits eine Ad-hoc-Meldung herausgeben, und zwar mit großer Tragweite: Die Bank, so hieß es, bestätige "ergebnisoffene Gespräche mit einer Gruppe von Finanzinvestoren bezüglich einer Mehrheitsbeteiligung". Konkret hätten sich drei US-Private-Equity-Firmen, allesamt mit Sitz im fernen New York und Boston, an die traditionsreiche Aareal Bank herangepirscht mit dem Plan, sie zu übernehmen. Wem das nichts sagt: Die Aareal Bank finanziert weltweit Immobilien, vor allem Büros oder Hotels, hat 3000 Mitarbeiter und ist eine von nur drei börsennotierten deutschen Banken. Mit 45 Milliarden Euro Bilanzsumme ist sie zwar deutlich kleiner als Commerzbank oder Deutsche Bank, aber immerhin.

Die Börse hielt das Angebot jedenfalls für plausibel, der Kurs sprang am Freitag um mehr als zwanzig Prozent in die Höhe. Und der Vorstandschef muss nun tun, was ihm das Aktienrecht vorschreibt, nämlich die Avancen prüfen, schon allein im Sinne seiner Aktionäre: 1,74 Milliarden Euro könnten die Investoren Centerbridge, Advent und Towerbrook für die Bank ausgeben, so das erste Angebot. Es wäre eine der größten Bankenübernahmen in Deutschland seit Jahren.

Was hält die Aufsicht vom "Modell Heuschrecke"?

Was die drei Finanzinvestoren genau wollen, wird sich zeigen. Klar ist: Um ihre höheren Renditeerwartungen zu erfüllen, müssen sie sich etwas einfallen lassen, etwa die IT-Tochter der Bank abspalten, Kosten sparen, besser managen. Auch wenn man bei der Aareal Bank betont, alles andere als ein Krisenfall zu sein, hat Corona die Bank getroffen.

Eine im Januar nachgeschärfte Strategie war am Aktienmarkt verpufft, der Chefposten fast ein Jahr unbesetzt. Zuvor hatte bereits ein aktivistischer Aktionär versucht, die Bank-Führung aufzumischen.

Dahinter steht nun aber auch eine grundsätzliche Frage: Ist es vertretbar, dass deutsche Banken - und damit womöglich kritische Infrastruktur - mehrheitlich in die Hände von ausländischen Investoren fallen? Nach der Finanzkrise hatten sich viele gefragt, ob es nicht ein Fehler war, einige der damaligen Zombiebanken einfach bei Finanzinvestoren abzuladen. Gut in Erinnerung ist das Beispiel des US-Investors Lone Star, der vor rund sechs Jahren die Immobilienbank Düsselhyp nach diversen Problemen einfach fallen ließ und die Restrisiken der Gemeinschaft der privaten Banken abtrat. Die Finanzaufsicht Bafin, die solche Übernahmen genehmigen muss, stand dem "Modell Heuschrecke" daher lange Zeit skeptisch gegenüber, vor allem, wenn es um große Banken ging, die im Zweifel sogar von den Steuerzahlern aufgefangen werden müssten.

Andererseits ist seither einiges passiert: Die US-Beteiligungsgesellschaft Cerberus ist mit kleinen Anteilen bei der Deutschen Bank und bei der Commerzbank eingestiegen. Außerdem waren die Amerikaner an der Übernahme der kränkelnden HSH Nordbank beteiligt, die heute unter dem Namen Hamburg Commercial Bank operiert. Auch Lone Star ist zumindest als Eigentümer der Düsseldorfer IKB bislang unauffällig geblieben, und ein Konsortium rund um den Investor Apollo hat sich unlängst die Oldenburgische Landesbank geschnappt. "Die haben durchaus gezeigt, dass sie das können", sagt ein Bankenlobbyist. "Und warum sollten sie dann nicht in den deutschen Bankenmarkt investieren?"

Wie entspannt Politik und Aufsicht dabei wirklich sind, könnte sich bei der immer noch schwächelnden Commerzbank zeigen. Der Finanzinvestor Cerberus, der fünf Prozent an der Bank hält, interessiert sich laut Handelsblatt für den Kauf der Staatsbeteiligung. Der US-Investor könne sich vorstellen, die Beteiligung des Bundes nach der Bundestagswahl zu übernehmen, heißt es. Ob es stimmt? Unklar. Was aber auffällt ist, wie häufig sich Commerzbank-Vertreter und hochrangige Cerberus-Leute in den vergangenen Monaten mit dem zuständigen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium getroffen haben.

Wie geht es nun bei der Aareal weiter? Eine Zerschlagung würde man in Wiesbaden wohl nicht goutieren, heißt es. Und gegen den Willen von Management oder Aufsicht sei in Deutschland ohnehin noch nie eine Bank übernommen worden. Vielleicht schafft Klösges dann doch noch sein geplantes 100-Tage-Programm.

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