Boateng bei Olympique gegen Monaco:Der Fels von Lyon

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Jérôme Boateng gegen Kevin Volland: Bei der Partie Lyon gegen Monaco spielte auch Bundesliga-Vergangenheit mit.

(Foto: Philippe Desmazes/AFP)

Das Verfolgerduell der Ligue 1 prägen zahlreiche Ehemalige aus dem deutschen Fußball. Vor allem Jérôme Boateng spielt sich mit seinem bisher wirkungsvollsten Auftritt seit dem Wechsel vom FC Bayern in den Vordergrund.

Von Jonas Beckenkamp

Als die Hitze des Spiels langsam verdampfte, begegneten sich zwei Deutsche in aller Verbundenheit im Mittelkreis. Jérôme Boateng und Alexander Nübel, der ehemalige Weltmeister und der ehemalige Manuel-Neuer-Herausforderer, gingen direkt nach Schlusspfiff in Frankreichs Verfolgerduell zwischen Lyon und Monaco in die Schnellanalyse. Sie kennen sich aus gemeinsamen Tagen in München, doch diesmal gab's ein paar Worte unter Gegnern.

Es bestand kein Zweifel, dass Boateng mit seinem neuen Verein als Tagessieger hervorging: Mit dem 2:0 (0:0) überholte Lyon den Klub aus dem Fürstentum in der Tabelle - Olympique ist nun Fünfter, Monaco Siebter, der Abstand zu Tabellenführer Paris Saint-Germain gewaltig.

Selten hat es ein so großes Treffen von Alumni aus der Bundesliga gegeben

Doch das war nur ein Teil der Geschichte dieses Spiels. Der andere lag darin, dass es in der Ligue 1 nur selten zuvor ein so großes Zusammentreffen von Alumni aus der Bundesliga gegeben hatte. Gleich acht Abgewanderte aus dem deutschen Fußball nahmen über die 90 Minuten im Olympique-Stadion teil, wenn man die Trainer Peter Bosz (Lyon) und Niko Kovac (Monaco) mitzählte. Die weiteren Beteiligten neben Boateng und Nübel: Kevin Volland (früher Hoffenheim und Leverkusen), Ismail Jakobs (Köln), Xherdan Shaqiri (Bayern) und Julian Pollersbeck (HSV).

Der 27-jährige Keeper Pollersbeck war 2020 nach Lyon gewechselt, nun kam er zum Startelf-Debüt in Frankreich, weil Stammtorwart Anthony Lopez wegen einer Roten Karte ausfiel. Der U21-Europameister von 2017 hatte wie auch Nübel (sechs Paraden) einige gute Momente - und doch blickte Frankreichs Sportpresse am Ende mit dem größten Staunen auf den Auftritt Boatengs. "Wie ein Fels" sei der hinten drin gestanden, urteilte L'Équipe über den bisher schlagkräftigsten Vortrag des 33-Jährigen seit seiner Ankunft aus München in diesem Sommer.

Tatsächlich zeigte Boateng noch einmal all jene Fähigkeiten, die ihn auszeichnen: erhabene Spieleröffnung, Antizipation im Zweikampf, Geschick am Ball, die Geschwindigkeit mit seinen Riesenschritten. An ihm kamen die Monegassen mit ihrer Offensivreihe um Volland und Wissam Ben Yedder nie entscheidend vorbei. Volland boten sich zwei kleinere Gelegenheiten, er musste nach zuletzt ansprechenden Leistungen in der 71. Minute vorzeitig vom Platz. Auch für Verteidiger Jakobs reichte es nur für einen Teilzeiteinsatz nach seiner Einwechslung.

"Lyon ist der verdiente Sieger", gestand Kovac hinterher geknickt ein, sein Team konnte nach sechs Spielen ohne Niederlage mit dem gewohnt physischen Kovac-Fußball diesmal wenig ausrichten. Der Trainer, gerade 50 geworden, wirkte wie seine Elf beeindruckt: "Ich fand Olympique auch vergangenes Jahr schon stark, doch jetzt haben sie noch weitere gute Spieler hinzu geholt". Damit dürfte der frühere Münchner Coach neben seinem damaligen Verteidiger Boateng auch den Schweizer Shaqiri und den von Chelsea gekommenen Brasilianer Emerson gemeint haben.

Als spielentscheidend erwies sich zudem Lyons Feinfuß Lucas Paqueta, den Bosz mit einer Spezialbehandlung überhaupt erst wettbewerbsfähig gemacht hatte: Er schickte den brasilianischen Nationalspieler nur wenige Stunden nach seiner Rückkehr von einem Länderspiel im tiefsten Amazonas (4:1 gegen Uruguay in Manaus) am Spieltag zur Siesta ins Hotel, während das Team spazieren ging. "Es war ein gehöriges Risiko, ihn nach diesen Strapazen einzusetzen," erzählte der frühere BVB-Trainer, "aber es ist gut ausgegangen."

Paqueta präsentierte sich nach seiner Einwechslung als Antreiber und wurde für seine Kurzarbeit im Nachgang als "Sprengmeister" (L'Équipe) gegen Monacos Defensivtaktik gefeiert. Just als die Gäste auch dank Volland mehr Initiative zeigten, übernahm der Mittelfeldspieler in der zweiten Hälfte die Partie. Sein Steilpass zu Kollege Léo Dubois leitete die Szene ein, für die es in der 75. Minute Elfmeter gab (der Kameruner Toko Ekambi traf zum 1:0). Kurz vor Schluss entsendete Paqueta dann ein tiefes Zuspiel zu Emerson auf der linken Seite, der Jason Denayer das 2:0 auflegte (90.).

Lyons belgischer Abwehrmann huldigte Paqueta hinterher ausgiebig im Fernsehsender Canal+: "Er ist so ein guter Spieler. Immer wenn er aufs Feld kommt, macht er auf individuelle Art den Unterschied für uns." Diesem Lob schloss sich auch Boateng an: "Paqueta hat gestern noch in Brasilien gespielt und dann heute diese Leistung hier, das ist schon super", fand der Abwehrchef. "Mit diesem Sieg sind wir wieder vorne dabei, heute hat es gut geklappt - auch, weil wir kein Gegentor kassiert haben." Und daran hatte auch er selbst seinen Anteil.

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