Wuppertal:Boris Charmatz wird neuer Chef am Tanztheater

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Verliebt in Wuppertal: der französische Choreograf Boris Charmatz. (Foto: Sébastien Dolido)

Der Choreograf übernimmt von 2022 an die Leitung des berühmten Tanztheaters von Pina Bausch.

Von Dorion Weickmann

Der Choreograf Boris Charmatz wird von der nächsten Spielzeit an das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch leiten. Auf den 48-jährigen Franzosen haben sich Findungskommission und Aufsichtsrat unter Einbeziehung der Tänzer nach langer Suche geeinigt. Binnen fünf Jahren ist es die dritte Intendanz, die den Sprung in die Zukunft schaffen soll - und mutmaßlich die letzte Chance, um Pina Bauschs Werk und den einst avantgardistischen Zuschnitt ihres Tanztheaters vor dem Aus zu bewahren. Die interimistisch amtierende Leiterin Bettina Wagner-Bergelt, Ex-Vizedirektorin des Bayerischen Staatsballetts, hat beharrlich die Weichen für diesen Neuanfang gestellt und schätzt den Nachfolger als "starke kreative Kraft".

In der Tat zählt der 1973 in Chambéry geborene, klassisch ausgebildete Tänzer zu den interessantesten Tanzkünstlern der Gegenwart. Mit Choreografien wie "enfant" (2011) oder "10 000 gestes" (2017) gelangen Charmatz fantastische Spiegelungen des 21. Jahrhunderts, ästhetisch experimentelle und inhaltlich kontroverse Formate. Die beste Visitenkarte für Wuppertal liefert freilich sein 2008 gegründetes "Musée de la Danse". Mit dem in Rennes beheimateten Kollektiv hob Charmatz zahlreiche Tanzschätze der Moderne und wurde dafür international gefeiert. Zudem hat er verschiedentlich mit Ex-Protagonisten des Tanztheaters Wuppertal gearbeitet und darüber Pina Bauschs stilistische Finessen kennen gelernt.

Für die Spitzenposition wurde ausdrücklich ein Künstler gesucht, der die festgefahrenen Wuppertaler Verhältnisse wieder zum Tanzen bringt. Seit dem Tod der Tanztheater-Doyenne Pina Bausch 2009 steckt das inzwischen zu zwei Dritteln erneuerte Tanztheater in einem zähen Loslösungsprozess, den Charmatz - ein ebenso enthusiastischer wie empathischer Kopf - beschleunigen muss. Im Gespräch mit der SZ schwärmt er von seiner Mission, zugleich weiß er um das Risiko: "Ich habe Wuppertal, die Kompanie, die Stiftung besucht - und mich verliebt. Das mag naiv und romantisch sein, aber ich will mit diesen Tänzern arbeiten und habe alle Probleme hintangestellt!" Mehr Vorschussliebe geht nicht. Hoffentlich wird sie erwidert.

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