Israel:Bibis Geist

Premier Bennett muss sich bei Auslandsreisen stets an seinem Vorgänger Netanjahu messen lassen. Das kann aber auch ein Vorteil sein.

Von Peter Münch

Wenn Israels Premier Naftali Bennett auf Reisen geht, dann folgt ihm immer ein unsichtbarer Schatten. Es ist der Geist seines Vorgängers Benjamin Netanjahu, der nicht nur in der Innenpolitik weiterhin sein Unwesen treibt. Auch im Umgang mit ausländischen Mächten muss sich Bennett stets an Netanjahu messen lassen. Schließlich hatte der seinem Volk über die Jahre eingehämmert, dass er allein die Sicherheit Israels garantieren könne, weil er mit allen Mächtigen der Welt mindestens auf Augenhöhe verhandle.

Dass dies nichts anderes war als Augenwischerei, ist gleich zu erkennen gewesen bei Bennetts erster Auslandsreise nach Washington. Denn dort wurde er von Präsident Joe Biden mit offenen Armen als Anti-Netanjahu empfangen. Ähnlich war es beim jüngsten Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Israel, die sich von morgens bis abends in Bennetts Begleitung zeigte und dabei demonstrativ keine Zeit fand für ein Treffen mit dem jetzigen Oppositionsführer Netanjahu.

Ein härtere Nuss für Bennett ist allerdings Russlands Präsident Wladimir Putin, den er am Freitag in Sotschi traf. Netanjahu pflegte mit dem Moskauer Machthaber eine Männerfreundschaft, an deren Innigkeit Bennett kaum herankommen dürfte. Das sollte er allerdings auch nicht, denn Russland verfolgt in Nahost ganz andere Ziele als Israel. In Syrien sichert Putin militärisch die Macht des Diktators Baschar al-Assad ab - und damit auch den wachsenden iranischen Einfluss direkt an Israels Grenze. Das birgt Konflikte, die sich in einer sachlichen Arbeitsbeziehung gewiss am besten lösen lassen.

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