Sudan:General verkündet Auflösung der Regierung

Putsch im Sudan: Demonstranten in den Straßen von Khartum

In der Hauptstadt Khartum errichten Protestierende eine Straßensperre aus Ziegeln und brennenden Reifen.

(Foto: AFP)

Zehntausende Menschen gehen auf die Straße, um gegen den Militärputsch zu demonstrieren. Offiziellen Angaben nach wird Ministerpräsident Abdullah Hamduk vom Militär verschleppt. Bundesaußenminister Maas äußert sich bestürzt.

Das Militär im Sudan verhängt den Ausnahmezustand über das nordostafrikanische Land. General Abdel Fattah al-Burhan kündigte zudem die Auflösung der Regierung und des Souveränen Rates an, der bislang den Übergang zur Demokratie leitete und dem neben Mitgliedern des Militärs auch Zivilisten angehörten.

Burhan, der selbst Vorsitzender des Rats war, begründete das Vorgehen damit, dass Frieden und Sicherheit im Sudan gefährdet gewesen seien. Das Militär habe handeln müssen, um die Sicherheit des Landes zu schützen. Das Militär werde den demokratischen Übergang fortsetzen, bis die Macht an eine zivile gewählte Regierung übergeben werde. Er kündigte eine Wahl für Juli 2023 an. Bis dahin solle eine unabhängige Regierung den Sudan führen.

Gegen den Putsch des Militärs gehen Zehntausende Menschen auf die Straße. Die Protestler trotzten den Barrikaden der Sicherheitskräfte und begaben sich in Richtung des Militärhauptquartiers. Das berichtete ein dpa-Reporter vor Ort. Mindestens zwölf Menschen seien verletzt worden, teilte ein Ärztekomitee auf Facebook mit. Details wurden nicht genannt.

In der Hauptstadt war regelmäßiges Schussfeuer zu hören; Barrikaden standen in Flammen. Die Demonstranten verlangen den Rückzug der Armee aus der Regierung und demokratische Reformen.

Ministerpräsident Abdullah Hamduk, der bislang eine Übergangsregierung aus Militär und Zivilisten führte, sei von Angehörigen des Militärs an einen unbekannten Ort verschleppt worden, hieß es in einer Mitteilung auf der offiziellen Facebook-Seite des Informationsministeriums am Montagmorgen. Auch andere Mitglieder der Regierung sind Medienberichten zufolge von Militärangehörigen festgesetzt worden. Das Internet, das Mobilfunknetz und Teile des Festnetzes sind gestört.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich bestürzt über die Berichte. Der Versuch eines solchen Umsturzes sei "klar zu verurteilen", erklärte er in Berlin. Er rief dazu auf, den friedlichen politischen Übergangsprozess im Sudan hin zu einer Demokratie fortzuführen. Ein Umsturzversuch müsse sofort beendet werden, forderte der Minister. "Die politisch Verantwortlichen müssen ihre Meinungsverschiedenheiten in einem friedlichen Dialog lösen", betonte er. "Dies sind sie den Menschen in Sudan, die für ein Ende der Diktatur und für demokratische Veränderungen gekämpft haben, schuldig."

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderten die Freilassung Hamduks. "Die EU ist sehr besorgt darüber, dass Sudans Streikräfte Berichten zufolge Ministerpräsident Hamduk unter Hausarrest gestellt haben", sagte eine Borrell-Sprecherin in Brüssel. Man dringe auf die schnelle Freilassung Hamduks sowie weiterer Mitglieder der zivilen Führung. Macron schrieb auf Twitter: "Ich spreche der sudanesischen Übergangsregierung unsere Unterstützung aus." Den Versuch eines Militärputsches verurteile man aufs Schärfste. Macron schrieb auch, die Integrität Hamduks und der zivilen Führer müsse gewahrt werden.

Nach Regierungsangaben kam es bereits am 21. September zu einem Putschversuch. Seither hat sich die politische Lage im Sudan weiter zugespitzt. Seit Wochen gibt es immer wieder prodemokratische Proteste. Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 durch monatelange Massenproteste und einen Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen soll.

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