Van Bommel und der VfL Wolfsburg:Besser gleich handeln als zu spät

VfL Wolfsburg - SC Freiburg

Nur 116 Tage im Amt: Mark van Bommel wurde beim VfL Wolfsburg entlassen.

(Foto: Swen Pförtner/dpa)

Der Wolfsburger Sportchef Jörg Schmadtke hat mit der Verpflichtung von Trainer Mark van Bommel daneben gelegen. Eine frühe Korrektur mit dessen Entlassung kann aber auch richtig sein.

Kommentar von Thomas Hürner, Wolfsburg

Es gibt zwei Dinge, auf die Jörg Schmadtke ein bisschen stolz zu sein scheint. Erstens: Der Öffentlichkeit ist der gleichermaßen knorrige wie fachkundige Sportchef des VfL Wolfsburg stets ein Rätsel geblieben. Zweitens: Sein Image als angeblicher Trainerkiller, der sich mit jedem seiner leitenden Angestellten zofft, geht ihm zwar ganz schön auf den Geist. Der ehemalige Torwart hat aber auch eine recht schlüssige Argumentationslinie entwickelt, um die Vorwürfe zu parieren. Entlassen, sagt Schmadtke dann, habe er in seiner 20-jährigen Laufbahn als Manager erst drei Trainer, was ja doch eine recht passable Quote sei.

Am Sonntagnachmittag, ziemlich genau 24 Stunden nach der Wolfsburger 0:2-Heimniederlage gegen den SC Freiburg, hat Schmadtke seine persönliche Zählmarke auf vier Trainer erhöht: Mark van Bommel, der vor der Saison als Nachfolger des erfolgreichen Oliver Glasner präsentiert worden war, bekam nach nur 116 Tagen seine Entlassungspapiere überreicht, so schnell wie noch kein VfL-Trainer zuvor.

Zu vermeiden war die frühe Trennung von dem Niederländer, der neben Ballbesitzfußball auch ein wenig Glanz in die graue Autostadt bringen sollte, nach Wochen der sportlichen Fehlentwicklung nicht mehr. Vier Niederlagen in Serie setzte es für den VfL zuletzt, bei wettbewerbsübergreifend acht Spielen ohne Sieg. Die Wolfsburger seien aufgetreten wie eine "Karikatur des Teams der Vorsaison", befand der kicker, was ein ziemlich hartes Urteil war, der Realität aber doch recht nahe kam.

"De facto", erklärte Schmadtke am Montag, bedeute die Trainerentlassung "eine Niederlage für alle Beteiligten", ihn selbst mit eingeschlossen. In der Tat fragt man sich hinterher, was die Beweggründe für das Experiment mit van Bommel waren, der zwar eine trophäenreiche Spielerkarriere in München, Barcelona und Mailand hinter sich hat, als Trainer aber nur mit einem eher glücklosen Engagement in Eindhoven in Erscheinung getreten war. Schmadtke argumentierte stets, der 44-Jährige solle den VfL auf ein neues Level hieven.

Total Voetbal am Mittellandkanal. Das bedeutete - und jetzt wird es grundsätzlich - jedoch auch eine Abkehr von jenen fußballerischen Prinzipien, die unter Trainer Glasner in der Vorsaison noch stilbildend gewesen waren: Pressing wie in der Tokioter U-Bahn und rasantes Umschalten nach Ballgewinn. Unbedingt notwendig war das nicht.

Die Wolfsburger Spieler waren offenbar unzufrieden mit van Bommel

Es bleibt daher die Frage, weshalb Schmadtke unbedingt eine Spielidee grundsanieren wollte, die nicht nur produktiv war, sondern auch im Team Gefallen fand. Nicht jeder VfL-Spieler, so war zu hören, soll den Kurswechsel für eine gute Idee gehalten haben - und die müssen es schließlich wissen: Sie haben sich auf diese Weise in der Vorsaison in die Champions League kombiniert. Überdies dürften die Wolfsburger vernommen haben, dass sich van Bommel, womöglich auch aufgrund der Sprachbarriere, bei öffentlichen Auftritten fast ausschließlich im großen Floskelbuch des Fußballs bediente, wie die inhaltliche Substanz bei seinen Erklärungen immer kleiner wurde.

Schmadtke ist niemand, der leichtfertig Trainer feuert, das hat er in der vergangenen Saison unter Beweis gestellt: Obwohl das Verhältnis zwischen ihm und Glasner eingefroren war, hielt er an dem Österreicher fest, allein schon der sportlichen Ambitionen wegen. Gemeinsam gingen sie auf Platz drei ins Ziel und sagten erst danach "Lebewohl". Insofern war es konsequent von Schmadtke, mit der frühen Trennung von van Bommel einen Fehler bei der Trainerwahl eingestanden zu haben. Lieber gleich handeln als zu spät, auch wenn man selbst nicht gut dabei wegkommt.

Immerhin: Abgelenkt wird Schmadtke erst mal nicht, wenn er über die Neubesetzung des Trainerpostens grübelt. Unter der Woche stehen DFB-Pokalspiele an, die Wolfsburger haben frei. Manche werden sich erinnern: Van Bommel hatte in der ersten Runde beim Regionalligisten Preußen Münster mit einem Wechselfehler das Aus am grünen Tisch eingeleitet.

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