Brennstoffzellen für Autos:Sonne im Tank

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Christopher Hebling, Leiter des Geschäftsbereich Wasserstofftechnologien am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. (Foto: Dirk Mahler/Fraunhofer ISE)

Asien investiert kräftig in Wasserstoff. Hierzulande fehlt diese Aufbruchstimmung. Warum eigentlich?

Von Christopher Hebling

Die Vision ist ein halbes Jahrhundert alt, sie stammt aus den Ölkrisen der 1970er Jahre: Der Nahe Osten als ein Zentrum der globalen Erdölförderung wäre auch eine ideale Region für nicht-fossile Kraftstoffe. Mit genügend Sonne, um Fotovoltaik-Strom für heute kaum mehr als einen Cent pro Kilowattstunde zu produzieren. In den Tank kommt die Sonne per Wasserstoff. Dieser universelle Treibstoff lässt sich auch durch Wasserkraft in Kanada oder durch Windenergie in Patagonien, an der stürmischen Südspitze von Südamerika, günstig produzieren. Es wäre die energetische Unabhängigkeitserklärung vom fossilen Zeitalter und der dadurch verursachten Klimakrise.

Viel passiert ist in den vergangenen 50 Jahren allerdings nicht. Jedenfalls nicht bei der individuellen Wasserstoffmobilität. Mercedes kündigte zwar 2004 eine B-Klasse mit Brennstoffzellenantrieb an - der Beweis, dass die Antriebstechnik in ein Kompaktauto passt. Doch nach einer Kleinserie (später auch mit dem EQC F-Cell) wurde das komplette Knowhow an die LKW-Sparte Daimler-Trucks ausgelagert. Besser haben es Toyota mit dem Brennstoffzellenauto Mirai sowie Hyundai mit dem Nexo gemacht. Beide Modelle gibt es zwischenzeitlich in der zweiten Generation und in größeren Stückzahlen. Auch in China sind bereits über zehntausend Brennstoffzellenfahrzeuge auf den Straßen unterwegs, insbesondere Busse und LKWs.

Wasserstoff ist ein Schlüsselelement zur Lösung der Klimakrise, nicht nur in Asien

In Asien ist die Wasserstoffzukunft absehbar. Mit höheren Stückzahlen wird die Technik billiger, die ersten chinesischen Automobilhersteller bringen eigene Brennstoffzellenautos auf den Markt und die Regierungen (auch in Japan und Korea) fördern den Aufbau der entsprechenden Betankungsinfrastruktur. Hierzulande kann von einer solchen Aufbruchstimmung nicht die Rede sein. Aber warum verhält sich Asien so anders?

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Wasserstoff ist ein Schlüsselelement zur Lösung der Klimakrise, nicht nur in Asien. Inzwischen haben mehr als 35 Staaten eine nationale Wasserstoffstrategie verfasst. Selbst China, Russland und Saudi-Arabien wollen bis 2060 klimaneutral sein; Australien als einer der größten CO2-Emittenten hat sich dieses Ziel bis 2050 gesetzt. Deutschland will 2045 soweit sein, doch der Transportsektor bleibt eine der größten Hürden. Seit 1990 stoßen Autos und Lkw, Dieselzüge, Flugzeuge und Schiffe hierzulande relativ konstant etwa 160 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus. Allen neuen Elektrofahrzeugen zum Trotz lässt eine konsequente Verkehrswende auf sich warten.

Wasserstoff kann diesen Prozess beschleunigen. Weltweit haben Regierungen etwa 100 Milliarden Euro für die nächsten Jahre bereitgestellt, um einen neuen Energiepfad aufzubauen - von der Wasserstofferzeugung über den Transport bis zur Verteilung. Diese Summe wird aktuell noch durch Investitionen aus dem Industrie-, Wärme- und Verkehrssektor verdreifacht. Zählt man die jüngsten Ankündigungen hinzu, geht es um noch weit größere Beträge.

In rasanter Geschwindigkeit entwickelt sich eine globale Wasserstoffwirtschaft für die Erzeugung und den Transport des grünen Energieträgers. So entsteht in Saudi-Arabien im Nordwesten (NEOM) derzeit ein Solar- und Windpark mit vier Gigawatt (GW) Kapazität, dazu sollen Elektrolyseure mit einer Gesamtleistung von 2.2 GW errichtet werden. Ein Teil des so erzeugten Wasserstoffs wird dann mit Stickstoff aus der Luft zu Ammoniak synthetisiert und ab 2025 nach Rotterdam verschifft. Auch Australien entwickelt derzeit mehrere Solar- und Windparks mit bis zu zehn GW Leistung. Der dort erzeugte Wasserstoff soll verflüssigt werden (bei minus 253 Grad Celsius), auch die Produktion von flüssigem Methanol oder Ammoniak für den Schiffstransport ist geplant. Noch einfacher und energie- bzw. kosteneffizienter ist der Transport über Pipelines direkt aus der europäischen Nachbarschaft. Die European Hydrogen Backbone, eine Initiative von Gasnetzbetreibern, rechnet damit, dass bis zum Jahr 2040 knapp 40 000 Kilometer Wasserstoff-Pipelines in Europa entstehen werden. Dafür können auch Teile des Erdgasnetzes durch Umwidmung genutzt werden.

Aber wie sinnvoll sind Brennstoffzellen-PKWs? In der urbanen Mobilität mit kleinen Fahrzeugen, kurzen Fahrstrecken und vielen Ladepunkten werden reine Batteriefahrzeuge dominieren. Aber was ist mit Regionen, in denen Grünstrom nur eingeschränkt verfügbar ist und der Netzausbau stockt? Und was tun die Autofahrer, die hohe Reichweiten und schnelle Betankungszeiten kombinieren wollen? Hier sind Brennstoffzellenfahrzeuge eine sinnvolle Ergänzung, auch die entsprechende Infrastruktur ist finanzierbar.

Unterm Strich herrscht Gleichstand. Von der Solar-/Winderzeugung bis zum Antriebsrad, haben Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge vergleichbare Energieeffizienzen. Auch die Gesamtemissionen über den Lebenszyklus (inklusive Fahrzeugproduktion bis hin zur Lade- und Betankungsinfrastruktur) sind bei beiden Antriebsarten ähnlich. In Regionen mit begrenzten Ausbaupotenzialen an erneuerbaren Energien, und dazu gehört auch Deutschland, haben wasserstoffbasierte Antriebssysteme große Vorteile, da sie an dem entstehenden Weltmarkt für grünen Wasserstoff teilnehmen und diesen auch großmaßstäblich und über lange Zeiträume in Salzkavernen oder lokal in Röhrenfeldern speichern können.

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Der Autor leitet den Geschäftsbereich Wasserstofftechnologien am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme und hat eine Honorarprofessur an der University of Cape Town. Er ist auch Co-Sprecher des Wasserstoff-Netzwerks mit 35 Fraunhofer-Instituten und ist Vizepräsident des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbands.

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