Museen:Lärm im Museum

Museen: Das Nürnberger Spielzeugmuseum feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Zu diesem Jubiläum wird es modernisiert: Es soll heller werden und noch besucherfreundlicher.

Das Nürnberger Spielzeugmuseum feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Zu diesem Jubiläum wird es modernisiert: Es soll heller werden und noch besucherfreundlicher.

(Foto: imago stock&people)

Auch Ausstellungsräume kommen in die Jahre. Doch Umbauten sind gar nicht so einfach - die alte Bausubstanz setzt Veränderungswünschen oft Grenzen. Und was ist mit den Besuchern?

Von Jochen Bettzieche

Laut ist es dieses Jahr im Spielzeugmuseum in Nürnberg. Besucher kommen nur durch einen Behelfseingang hinein. Das Erdgeschoss ist gesperrt. Bauarbeiter ziehen Kabel, verlegen neue Böden, bohren Löcher. Es wird umgebaut.

Bei solchen Maßnahmen braucht es eine eigene Herangehensweise. Wünsche von Museumsleitung und Szenografen treffen auf technisch Machbares. Ausstellungskonzepte, Beleuchtung, Besucherführung müssen langfristig funktionieren. Aber auch Belüftung, Stromversorgung, Wasseranschlüsse und vieles mehr stellen die beteiligten Parteien vor Herausforderungen. Soll die Ausstellung während des Umbaus geöffnet bleiben, muss auch das gründlich vorbereitet werden.

In Nürnberg arbeiten Museumsleitung, ein Architekturbüro, das für die Szenografie zuständig ist, und das Hochbauamt zusammen. Das Amt ist für Umbauten inklusive architektonischer Planung zuständig: neue Fenster, Böden, Decken, Belüftung und so weiter.

Heller soll alles werden, besucherfreundlicher, mit neuem Konzept, sagt Museumsleiterin Karin Falkenberg: "Das Spielzeug soll im Zusammenhang zur Gesellschaft und ihren Fragen dargestellt werden, denn Spielzeug ist Dialog mit der Welt." Im Erdgeschoss zeigt sie, wie Spielzeug die Welt erklärt und begreifbar macht.

"Man braucht eine emotionale Dramaturgie"

Johanna Sunder-Plassmann, Szenografin im Büro Sunder-Plassmann & Werner Szenografie in Hamburg, hat die Gestaltung der Innenräume geplant: "Das beinhaltet die Innenarchitektur genauso wie die Ausstellungsgrafik, die Beleuchtung und die Anordnung der Ausstellungsgegenstände."

Dort sah sie Handlungsbedarf. Denn bislang waren die Objekte nach Sammlerkriterien geordnet, zum Beispiel nach Material. Das sei nicht mehr zeitgemäß, erklärt Sunder-Plassmann: "Man braucht eine emotionale Dramaturgie und für das Auge einen Eyecatcher pro Stockwerk."

Die Mondlandung im Spiegel des Spielzeugs

Kurz nach der Mondlandung landeten Spielzeug-Astronauten auch in Kinderzimmern. Und im Museum.

(Foto: Daniel Karmann/picture alliance/dpa)

Nicht alle Vorstellungen konnte sie durchsetzen. "Wir hätten uns eher einen Boden aus Holz gewünscht, aber das ging aus technischen Gründen nicht", nennt sie ein Beispiel.

Auch bei der Decke stießen Museumsleitung und Szenografen an Grenzen. Gerne hätten sie hier mehr Höhe gehabt. Darunter werden aber Leitungen gezogen, Schallschutz eingefügt, Lichtschienen integriert, erläutert Andrea Seitz, Leiterin der Abteilung Kultur im Hochbauamt: "Die Höhe war nicht änderbar, wir mussten die Räume daher so gestalten, dass sie dennoch groß und hell wirken."

Um das zu erreichen, ging es an die Bausubstanz. Zum Hinterhof wurde viel Wand rausgestemmt. Jetzt befindet sich dort eine 4,2 Meter breite, deckenhohe Fensterfront mit Flügeltüre. Solche Eingriffe machen Bauwerke in der Regel nicht ohne Weiteres mit. "Wir mussten in die Statik eingreifen, ein Tragwerksplaner hat berechnet, wo und wie wir die Front öffnen können", sagt Seitz.

Klar war von Anfang an, dass der Museumsbetrieb während der monatelangen Arbeiten weiterlaufen sollte, sagt Falkenberg: "Wir haben 120 000 Besucher pro Jahr, da können wir nicht einfach schließen."

Also musste ein Plan her, wie die Besucher ins Museum gelangen, während im eigentlichen Foyer gebaut wird. Viele Gespräche seien nötig gewesen, sagt Falkenberg: "Wir haben einen Durchgang im Nebengebäude geöffnet, Kabel für Strom und Internet verlegt, den Empfangstresen ab- und an anderer Stelle wieder aufgebaut und ein Interims-Leitsystem entwickelt."

Das Hochbauamt ließ einen Steg mit Dach und weitere Provisorien errichten, veränderte ein Geländer. Ein besonderes Augenmerk lag auf den Zugängen, erläutert Seitz: "Die Fluchtwege müssen weiter funktionieren."

Eine Einschränkung war nicht zu vermeiden. Der Fahrstuhl ist nicht zugänglich. Kinderwagen und Rollstühle müssen draußen bleiben. "Wer nicht laufen kann, kommt im Moment leider nicht rein", bedauert Falkenberg.

Was ist mit der Alarmanlage?

Darüber hinaus hat sie noch an eine besondere Besuchergruppe gedacht. Im Erdgeschoss stand bislang das Holzspielzeug. Und das hat Fans. "Damit es nicht heißt, mein Lieblingsspielzeug ist nicht da, haben wir die wichtigsten Exponate auf andere Stockwerke verteilt", sagt Falkenberg. Der Rest, immerhin zehn Kisten, kam ins Depot.

Nachdem die Provisorien eingerichtet waren, folgte der nächste Schritt: Das Haus wurde geteilt in Baustellen- und Besucherbereich. Damit die Arbeiter frei agieren können, wurden die Zugänge zum Haupttreppenhaus mit Balken verbarrikadiert, erläutert Falkenberg: "Das ist wie im Mittelalter."

'Mensch ärgere Dich nicht' Ausstellung

Eine Sonderausstellung widmete sich 2004 dem Thema 'Mensch ärgere dich nicht'. Im Bild das älteste dieser Spiele aus dem Jahr 1915.

(Foto: Peter Roggenthin/dpa/dpaweb)

So, wie Touristen ferngehalten werden, müssen Arbeiter ungehindert reinkommen. Da gilt es, ein Auge für Details zu haben. Beispielsweise darf die Alarmanlage nicht losgehen, wenn die Handwerker die Baustellentüre öffnet.

Staubschutzwände sollten den Schmutz von der Ausstellung abhalten. Aber das hat nur eingeschränkt funktioniert, berichtet Falkenberg: "Wir mussten immer wieder Vitrinen reinigen." Doch nicht nur das. Als der Presslufthammer lief, vibrierte das Gebäude. Puppengeschirr klapperte, Figuren kippten um. "Abends, wenn die Bauarbeiter weg waren, sind wir durchgegangen und haben alles wieder aufgestellt", sagt Falkenberg.

Die Ausstellung komplett von den Arbeiten abzukoppeln, das funktioniert nicht. Manche Besucher beschwerten sich, vor allem wegen des Lärms. Aber bei solchen Vorhaben kann man den Handwerkern nicht vorgeben, sie dürften nur zwischen neun und 10.30 Uhr laut arbeiten, sagt Seitz: "Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, da muss man sagen, jetzt wird gebaut, und das hat dann auch Vorfahrt." Falkenberg verwendete Bob-der-Baumeister-Zitate, um die Stimmung genervter Besucher und im lärmbelasteten Team aufzuheitern.

Vergleichsweise einfach hatten es die Planer, weil lediglich die Fassade aus dem 17. Jahrhundert denkmalgeschützt ist. Das Gebäude dahinter stammt aus den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts und durfte daher ohne Einschränkungen saniert und umgebaut werden.

Auch in historischen Gebäuden kann renoviert werden

Oft ist das anders. Viele Museen befinden sich in historischen Gebäuden. Das muss aber nicht behindern, im Gegenteil, wie Andreas Hensen, Leiter des Lobdengau-Museums in Ladenburg erfahren hat. Das Museum ist im einstigen, denkmalgeschützten Bischofshof untergebracht. Um Platz für Sonderausstellungen zu gewinnen, hat er eine ehemalige Wohnung im selben Gebäude in das Museum integriert. "Nicht sicher war ich mir, ob die Anbringung eines modernen Beleuchtungssystems an der Decke im Einklang mit den Auflagen der Baudenkmalpflege stünde, das war allerdings kein Problem", sagt der Museumsleiter.

Im Gegenteil, die Umbauten kamen dem Denkmalschutz sogar entgegen. "Ein einstmals vorhandene und im vergangenen Jahrhundert zugemauerte Verbindung zwischen zwei Räumen wurde wieder geöffnet", sagt Hensen.

Nicht immer finden Bauarbeiten bei laufendem Betrieb statt. Das Alpine Museum in München hat bis Mitte 2023 die Pforten geschlossen. "Von vorneherein war klar, dass die Maßnahmen zu aufwendig sind", sagt Friederike Kaiser, Geschäftsbereichsleiterin Kultur beim Deutschen Alpenverein. Im Nachhinein eingezogene Wände kommen raus, Grundmauern bleiben stehen. "Das gefiel den Denkmalschützern gut, aber den Eingangsbereich müssen wir anders gestalten als geplant", weiß Kaiser.

Auch war klar, dass die Möglichkeiten begrenzt sind. Die Ausstellungen gewinnen 200 Quadratmeter dazu, Bibliothek und Lounge erhalten 120 Quadratmeter. "Dafür wurden das Sammlungsdepot und das Archiv ausgelagert", sagt Kaiser.

In Nürnberg ist das Erdgeschoss seit Kurzem wieder für Besucher geöffnet. Das neue Konzept für die weiteren drei Stockwerke liegt fertig vor. Sunder-Plassmann hat schon Pläne erstellt: Zugemauerte Fenster aufstemmen, den Spitzboden entfernen, um mehr Raumhöhe zu gewinnen, 30 Jahre alte Teppiche austauschen. Alles wieder bei laufendem Betrieb. Doch so bald werden Besucher nicht wieder eingeschränkt werden. Denn die Umbauten im Erdgeschoss inklusive neuer Klimaanlage haben 500 000 Euro gekostet, sagt Falkenberg: "Im Moment haben wir kein Geld für den nächsten Schritt."

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