G-20-Gipfel:Merkel und Scholz treten bei G-20-Treffen als Duo auf

Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Nachfolger in spe, Olaf Scholz. (Foto: Getty Images)

Die Bundeskanzlerin will ihren voraussichtlichen Nachfolger in Rom auch an den vertraulichen Gesprächen mit Biden, Macron und Johnson beteiligen. Manche sehen darin eine "Geste, die historisch ist".

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will auf dem Gipfeltreffen der G-20-Staaten in Rom ihren voraussichtlichen Amtsnachfolger, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, bereits in internationale Amtsgeschäfte einführen. Die Kanzlerin habe Scholz eingeladen, an den bilateralen Treffen teilzunehmen, die sie absolvieren werde. Das verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen. Weiter hieß es, die Tatsache, dass die Kanzlerin mit ihrem möglichen Nachfolger komme, sei "eine Geste, die historisch ist".

Merkel wird am Samstag in die italienische Hauptstadt reisen, wo sich die Staats- und Regierungschefs der zwanzig mächtigsten Industrie- und Entwicklungsländer erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie physisch treffen werden. Der zweitägige Gipfel wird voraussichtlich das letzte internationale Treffen ihrer Kanzlerschaft sein - sofern die angehenden Ampel-Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP ihren Zeitplan einhalten und die Koalitionsverhandlungen bis Ende November abschließen können. Klappt das, soll Scholz in der Nikolauswoche vom 6. Dezember im Bundestag zum Kanzler gewählt werden.

SZ PlusEuropäische Staats-und Regierungschefs
:Die Mächtigste der 27

Kein anderer Regierungschef zog in den zurückliegenden 16 Jahren die Strippen besser als Angela Merkel. Die bedrohlichste Krise aber bleibt nun ihrem Nachfolger.

Von Stefan Kornelius

Der letzte große internationale Auftritt der Bundeskanzlerin nach 16 Jahren symbolisiert sowohl Abschied als auch Neuanfang. Die Staats- und Regierungschefs werden bei diesen Treffen zwar traditionell von den Finanzministern begleitet; Scholz wird als amtierender Minister also ohnehin dort sein. Anders als in den vergangenen Jahren aber wird er nicht nur in den offiziellen Gesprächsrunden neben der Kanzlerin sitzen, sondern an einigen Vier-Augen-Unterredungen teilnehmen. Merkel und Scholz würden als nüchterne Personen nicht viel Aufhebens um die gemeinsamen Auftritte machen, hieß es in Regierungskreisen. Alle Beteiligten freuten sich aber auf einen solchen Abschluss, der von sehr viel Kontinuität im G-20-Prozess zeuge.

Druck auf Grüne und FDP

Geplant ist, dass sich Merkel mit US-Präsident Joe Biden trifft, anschließend will sie mit Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Boris Johnson über Iran beraten. Später soll es Gespräche mit weiteren Staats- und Regierungschefs geben, unter anderem mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Wie genau die bilateralen Treffen gemeinsam mit Scholz ablaufen werden, war am Donnerstag noch offen. Man gehe aber davon aus, dass das Duo aus Deutschland aufmerksam beobachtet werde, hieß es in Berlin.

Mit den gemeinsamen Auftritten setzen Merkel und Scholz die potenziellen Koalitionspartner Grüne und FDP unter Druck, sich zügig zu einigen. Scheitern die Ampel-Gespräche - was derzeit als kaum wahrscheinlich gilt -, würde das Ansehen der Bundesrepublik auf der internationalen Bühne nachhaltig beschädigt.

Die Agenda des G-20-Treffens war bis kurz vor Beginn heftig umstritten. Die Staaten, die für rund 80 Prozent der klimaschädlichen CO₂-Emissionen weltweit verantwortlich sind, wollen sich zwar für Klimaschutz einsetzen, sehen dessen Dringlichkeit aber unterschiedlich. Deutschland will 2045 klimaneutral sein, die EU 2050, die Türkei wohl 2053, China erst 2060, Indien lässt eine Zielmarke offen. Nur wenn sich die Staaten auf ein ambitioniertes Ziel einigen, wäre das Rückenwind für den nächsten Weltklimagipfel (COP26), der am Sonntag in Glasgow startet. Gestritten wird auch über eine gerechte Versorgung mit Impfstoffen, internationale Lieferketten und Energiepreise. Endgültig beschlossen werden soll die globale Mindeststeuer, die Deutschland zunächst 7,8 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen jährlich bringen soll.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAngela Merkel im Abschiedsinterview
:"Jetzt beginnt eine neue Zeit"

Abschied nach 16 Jahren an der Macht: In ihrem letzten Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" als Kanzlerin sprach Angela Merkel über ihr Verhältnis zur CDU, die Bilanz ihrer Klimapolitik, die Fehler in der Corona-Bekämpfung - und sie verriet, wo ihre Blazer landen.

Interview von Cerstin Gammelin, Nico Fried und Wolfgang Krach, Fotos: Regina Schmeken

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: