Pfandgeschirr:Auf den Geschmack gekommen

Pfandgeschirr: Wiederverwenden statt wegwerfen - dieses bekannte Prinzip steckt hinter Firmen wie Vytal.

Wiederverwenden statt wegwerfen - dieses bekannte Prinzip steckt hinter Firmen wie Vytal.

(Foto: Stephan Rumpf)

Immer mehr Gemeinden im Landkreis unterstützen ihre örtliche Gastronomie bei der Anschaffung von Mehrweggeschirr mit Zuschüssen. Ziel ist, die in der Pandemie weiter gewachsenen Müllberge zu reduzieren.

Von Daniela Bode und Iris Hilberth, Unterhaching/Neubiberg

Der Müllberg wächst. Betrachtet man im Landkreis München nur mal die Leichtverpackungen, dann stapelten sich davon im ersten Corona-Jahr 2020 insgesamt 8920 Tonnen und damit 379 Tonnen mehr als im Vorjahr. Auf dem Haufen landen in Zeiten der Pandemie auch jede Menge Verpackungen aus der Gastronomie, schließlich gab es im Lockdown von Schnitzel und Schweinsbraten bis hin zu Pizza und Gyros alle Speisen nur noch zum Mitnehmen. Die wenigsten Gerichte allerdings wurden im Landkreis in Mehrwegverpackungen ausgeliefert. Nach und nach versuchen die Gemeinden jetzt die Wende hin zum Pfandsystem und lassen sich diesen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz etwas kosten.

Anbieter von Mehrwegpfandsystemen haben verschiedene Behältnisse in ihrem Sortiment, die für die Mitnahme und Auslieferung von Gerichten und Getränken verwendet werden können. Gastronomieunternehmen wie Cafés, Restaurants, Lieferdienste, aber auch Kantinen, Schulmensen oder Cateringunternehmen können darauf zurückgreifen. Die Behältnisse ersetzen Einwegverpackungen und können nach Rückgabe immer wieder verwendet werden. Die Gastronomiebetriebe können entweder eigene Mehrwegbehältnisse erwerben und ausgeben oder auf das Angebot von Poolsystemen wie beispielsweise Recup zurückgreifen.

Pfandgeschirr: Wiederverwenden statt wegwerfen - dieses bekannte Prinzip steckt hinter Firmen wie Vytal.

Wiederverwenden statt wegwerfen - dieses bekannte Prinzip steckt hinter Firmen wie Vytal.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Stadt Garching hat es im März bereits vorgemacht und 48 000 Euro im Haushalt für eine Förderung bereitgestellt. Die Gemeinde Ismaning entschied sich wenig später, den Gastronomen 500 Euro Anschubfinanzierung zu versprechen, wenn sie Mehrweggeschirr anschaffen. Weitere Gemeinden folgten dem Beispiel und machten Geld locker, wenn die Wirte sich zum Abspülen verpflichten und auf Wegwerfgeschirr verzichten. Plastikverpackungen sind seit diesem Sommer ohnehin nicht mehr erlaubt. Zuletzt hat nun Neubiberg sich dazu entschieden, die Einführung von Mehrwegpfandsystemen für Getränke und Speisen zum Mitnehmen zu fördern. Gastronomiebetriebe, die sich für ein solches System entscheiden, sollen von der Gemeinde einmalig 80 Prozent der Anschaffungskosten für die Gefäße erstattet bekommen oder höchstens 500 Euro. Die Kommune finanziert den Zuschuss über ihr neues Förderprogramm Klimaschutz.

So hatten sich das die Grünen in Unterhaching auch vorgestellt und im April im Gemeinderat einen Antrag zur Einführung eines Mehrwegpfandsystems gestellt. Bei allein 320 000 Einwegbechern pro Stunde in Deutschland sehen sie dringenden Handlungsbedarf. Aber ohne die Unterstützung der Gemeinde wird die Umstellung so rasch nicht gelingen, befürchten sie. Bereits vor Corona hatte ihre jetzige Zweite Bürgermeisterin Johanna Zapf einen Vorstoß bei den Wirten gemacht, um sie vom Mehrwegsystemen zu überzeugen. Zudem hatte im Juni der Landkreis zu einem Runden Tisch "Verpackungsmüll" eingeladen und die Abteilung Klimaschutz im Unterhachinger Rathaus einen Aufruf an alle lokalen Gastronomiebetriebe gestartet. Der Rücklauf war jedoch gleich null. Aktuell bietet in Unterhaching lediglich das Restaurant "Die Waldeslust" das Mehrwegsystem der Firma "Vytal" an, berichtete die Verwaltung vergangene Woche im Gemeinderat.

Pfandgeschirr: Alexandra Huber verkauft in Taufkirchen Speisen und Getränke schon seit Februar in Pfandgeschirr.

Alexandra Huber verkauft in Taufkirchen Speisen und Getränke schon seit Februar in Pfandgeschirr.

(Foto: Stephan Rumpf)

Seit kurzem sind ab 2023 Anbieter von Take-away-Gerichten und Getränken gesetzlich verpflichtet, eine Mehrwegvariante bereit zu halten. Ausgenommen sind davon nur Betriebe, in denen insgesamt nicht mehr als fünf Beschäftigte arbeiten und deren Ladenfläche höchstens 80 Quadratmeter misst. Denn Imbisse, Spätkauf-Läden und Kioske haben oft keine Möglichkeit, das Geschirr zu spülen. Allerdings müssen sie die Möglichkeit bieten, dass Kunden ihre eigenen Behältnisse mitbringen. Einwegverpackungen dürfen jedoch weiterhin ausgegeben werden.

Doch will die Gemeinde Unterhaching eigentlich nicht so lange warten und dabei zusehen, dass sich noch mehr Müll anhäuft. "Wir wollen schneller als das Gesetz sein", sagt Rathaussprecher Simon Hötzl, der auch darauf verweist, dass sich Unterhaching schließlich das sportliche Ziel gesetzt hat, bereits bis 2030 klimaneutral zu sein. Dennoch will man "die Rechnung nicht ohne die Wirte" machen, wie SPD-Gemeinderat Harald Nottmeyer in der jüngsten Gemeinderatssitzung kritisch anmerkte. "Ein blindes Förderprogramm bringt wenig", sagte auch Peter Hupfauer (FDP).

Jetzt soll es also erst noch einmal eine Bedarfsabfrage bei den Gastronomen geben, dann wird erneut über ein Förderprogramm diskutiert. "Prinzipiell ist es ein guter Zeitpunkt, die Gastronomie zu fördern, damit die wieder auf die Beine kommt", findet Hötzl, der zugleich im Rathaus für die Wirtschaftsförderung zuständig ist. Welches System die Gastronomiebetriebe einführen, können die Gemeinden nicht bestimmen. Doch erhofft sich Birgit Buchinger vom Umweltamt Neubiberg genauso wie Stefan Lauszat von der Gemeinde Unterhaching von einer Veranstaltung zu Mehrwegpfandsystemen am 22. November im Bürgerhaus Grasbrunn (Beginn 15 Uhr), dass sich die betreffenden Gastronomiebetriebe in der Folge abstimmen. An der Veranstaltung werden Landkreisgemeinden, die sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigen, teilnehmen, ebenso interessierte Gastronomiebetriebe und die drei Anbieter Recup, Recircle und Vytal.

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Pfandgeschirr: Wiederverwenden statt wegwerfen - dieses bekannte Prinzip steckt hinter Firmen wie Vytal.

Wiederverwenden statt wegwerfen - dieses bekannte Prinzip steckt hinter Firmen wie Vytal.

(Foto: Stephan Rumpf)

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