Hotelmarkt:Schluss mit den Rekorden

"Hotel im Bunker" in Allach, 2014

Warten auf Gäste: Die Pandemie hat den Höhenflug der Hotelbranche gestoppt. Viele Geschäftsreisen wurden durch Video-Sitzungen ersetzt, Unternehmen könnten auch künftig darauf setzen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Hotelmarkt steckt in einer historischen Krise. Die Pandemie hat die Geschäftshotellerie besonders stark getroffen. Sinken angesichts der angespannten Lage nun die Zimmerpreise?

Von Sabine Richter

Die Corona-Pandemie hat dem zehnjährigen Wachstum des Hotelmarktes ein jähes Ende bereitet. Bis 2019 hatte fast jedes Jahr neue Rekorde gebracht - mehr Gäste, mehr Transaktionen, mehr Neubauten. Investoren kauften einfach alles, auch Hotels mit Optimierungsbedarf. Ab März 2020 brach die Zahl der Übernachtungen dann dramatisch ein, insbesondere in Großstädten mit ihren vielen Geschäftsreisenden, Touristen und Besuchern von Kultur- und Sportveranstaltungen.

Im Gesamtjahr 2020 sank die Zahl der Übernachtungen im Beherbergungsgewerbe um 39 Prozent auf 302,3 Millionen. Die Umsätze der Hotellerie fielen um historische 46,6 Prozent. Die durchschnittliche Zimmerauslastung lag bei gerade einmal 29,6 Prozent. Das entspricht einem Minus von fast 60 Prozent gegenüber dem Jahr 2019, in dem der Wert noch bei gut 72 Prozent lag. Das schlug auch auf die Stimmung der Investoren. Während 2019 noch Einzelobjekte und Hotelpakete im Wert von mehr als vier Milliarden Euro gehandelt wurden, waren es im ersten Corona-Jahr 2020 nur noch knapp über zwei Milliarden.

"Spätestens der zweite Lockdown hat klar gemacht, dass die Hotellerie, insbesondere die Businesshotellerie, in eine langandauernde Systemkrise geraten ist", stellt Alexander Trobitz vom Immobilienberater BNP Paribas Real Estate fest. Viele Investoren warten daher eine Erholung der Tourismus- und vor allem der Geschäftsreisemärkte ab. Aber aufgrund der guten Erfahrungen, die viele mit Videokonferenzen gemacht haben, dürfte so manche Geschäftsreise auch dann unterbleiben, wenn sich die Lage normalisiert. Und bis die internationalen Gäste im früheren Ausmaß wiederkommen, könnte noch einige Zeit vergehen.

"Auf der anderen Seite hat die Urlaubszeit gezeigt, dass die Menschen müde sind und verreisen wollen, an die See, in die Berge," sagt Heidi Schmidtke vom Immobilienunternehmen JLL. Der Städtetourismus liege allerdings noch brach. Im geschäftlichen Bereich sieht die Expertin ein wachsendes Bedürfnis nach persönlichem Austausch. "Was online verhandelt wird, wird lieber am Tisch zu Ende gebracht", meint Schmidtke.

Schon vor der Corona-Krise gab es ein Überangebot an Betten

In einigen Städten wurden in den vergangenen Jahren so viele neue Hotels gebaut, dass schon vor der Corona-Krise vor einem Überangebot gewarnt wurde. "Vieles ist ohne solide wirtschaftliche Grundlage eröffnet worden", sagt Schmidtke. Tatsächlich lagen deutsche Hotels auch im europäischen Vergleich bei Auslastung, Preis und Ertrag eher unter dem Durchschnitt. Hotelexperte Manfred Ronstedt verweist darauf, dass es in der Geschäftshotellerie schon vor der Pandemie ein Überangebot von Motel-One-Nachahmern gegeben habe, an B-Standorten von A-Städten, also in weniger begehrten Lagen von deutschen Metropolen. "Das waren uninspirierte Karnickelställe mit etwas Design-Verzierung, was in der Krise nicht reicht."

Führt die Krise jetzt zu einer Marktbereinigung? "Einige wackelige Projekte kommen jetzt sicher nicht mehr auf den Markt, werden herausgeschoben, liegen auf Eis oder werden in andere Nutzungen überführt", sagt Heidi Schmidtke. So soll in Frankfurt die Villa Kennedy in Seniorenwohnen umgewandelt, das ehemalige Best Western Hotel President in Berlin-Schöneberg durch einen Büroneubau ersetzt werden. Ganz abgeblasen wurde der fertig geplante Neubau eines Holiday Inn Express in Memmingen. "Infolge der Corona-Pandemie musste das Projekt aufgrund von maßgeblichen Kostensteigerungen und veränderten Marktgegebenheiten, die die Wirtschaftlichkeit des Hotelneubaus infrage stellten, leider eingestellt werden", hieß es dazu in einer Presseerklärung.

Es gibt auch Fälle, in denen Hotels auf ein niedrigeres Sterne-Niveau heruntergestuft werden, weil sich Häuser mit weniger Service aufgrund geringerer Personalkosten auch bei niedrigerer Auslastung noch wirtschaftlich betreiben lassen. Die Personalnot im Gastgewerbe dürfte hier eine Rolle spielen.

Der Staat hat eine Insolvenzwelle verhindert

Eine systematische Erhebung über die Anzahl der aufgeschobenen oder sich in Umwandlungsprozessen befindenden Projekte gibt es nach Angaben des deutschen Hotelverbands nicht. Eine Welle an Insolvenzen und Notverkäufen sei aber aufgrund der Ausweitung der staatlichen Unterstützungen und der ausgesetzten Insol­venzantragspflicht nicht zu erwarten, meint Schmidtke. "Viele Hoteliers kommen aus einer guten Ertragssituation und warten auf bessere Zeiten", sagt Markus Luthe vom Hotelverband Deutschland.

Ein komplettes Einstellen der Planungen sei eher die Ausnahme, so Luthe. Ein Großteil der Projekte werde als Beherbergungseinrichtung auf den Markt kommen, je nach Planungsfortschritt würden vielfach Elemente von Serviced Apartments eingebaut. Dieses Segment - möblierte Unterkünfte mit Dienstleistungen wie Reinigung, buchbar meist bis zu sechs Monaten - sei besser durch die Krise gekommen als Hotels. "Anpassungen an neue Trends hat es aber schon vor Corona gegeben, denn Hotelplanungen haben einen langen Vorlauf", sagt Luthe. Zum Beispiel seien neue Lobby-Konzepte entwickelt worden, die Begegnungs- oder Arbeitsräume für Gäste und Anwohner schafften.

Anfang 2021 registrierte der Hotelverband für seinen Drei-Jahres-Forecast 780 Hotelbauprojekte, Neu-, Um- und Ausbauten eingeschlossen. Falls alle angekündigten Projekte realisiert würden, was Branchenkenner bezweifeln, kämen in den nächsten drei Jahren weitere 111 635 Hotelzimmer auf den deutschen Markt. "Projekte, die sich bereits im Bau befinden, werden vermutlich kommen, bei den noch in Planung befindlichen Häusern werden sicher noch einige Kapazitäten wegfallen", meint Schmidtke.

Sinken angesichts der angespannten Lage die Zimmerpreise? 2020 habe es im Durchschnitt einen Nachlass von rund elf Prozent gegeben, sagt Luthe. Preissenkungen hätten aber keinen Sinn, wenn es keine Nachfrage gebe. Und: "Die Hoteliers wollten ihre Zimmer nicht verramschen."

"Wir sehen derzeit einen gespaltenen Markt", sagt Ulrike von Albedyll, Landesgeschäftsführerin des deutschen Hotel- und Gaststättenverbands/Dehoga. "Städte- und Businesshotels, die lange in der Erfolgsspur waren, leiden noch und machen derzeit auch Preiszugeständnisse bei den Raten." Dagegen seien die Zimmerpreise in attraktiven Urlaubsregionen, die besonders vom Trend Urlaub in Deutschland profitierten, teilweise sogar gestiegen. Das gelte beispielsweise für die Inseln und die bayerischen Seen, aber auch für früher weniger gefragte Mittelgebirgsregionen.

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