Matthias Maurer im All:"Ich bin kein Superheld und möchte es auch nicht werden"

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Der deutsche Astronaut Matthias Maurer winkt, als er vor der Fahrt zur Startrampe 39-A im Kennedy Space Center in Cape Canaveral, Florida, in ein Auto steigt. (Foto: John Raoux/dpa)

Pünktlich um 3.03 Uhr deutscher Zeit ist der 51-Jährige in den Weltraum gestartet - als zwölfter Deutscher und 600. Mensch im All. Kein Grund für ihn, übermäßig ehrfürchtig zu werden.

Von Alexander Stirn, Cape Canaveral/München

Helden in Raumanzügen. Raketen, die in den Himmel rasen. Menschen, die ferne Welten erkunden: Raumfahrt ist glamourös, keine Frage. Sie hat allerdings auch ihre weniger glamourösen Seiten - auch wenn darüber offiziell nur ungern gesprochen wird.

Der deutsche Astronaut Matthias Maurer kennt solche Skrupel nicht. Freimütig erzählt er wenige Tage vor seinem Flug ins All über die nicht so angenehmen Aspekte der Startvorbereitung. Über den Einlauf zum Beispiel, den sich die Raumfahrenden vor ihrer Mission verpassen müssen. "Das ist ganz wichtig, dadurch können wir ein bisschen entspannter fliegen", sagt Maurer während einer Videoschalte zu Journalisten in Cape Canaveral. Vor Ort fällt manch altgedientem Raumfahrtmanager dabei die Kinnlade herunter - das ist selbst hinter den Masken zu erkennen. Maurer ist's egal.

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Inzwischen hat der gebürtige Saarländer all das hinter sich. In der Nacht auf Donnerstag, pünktlich um 3.03 Uhr deutscher Zeit, ist der 51-Jährige in den Weltraum gestartet - als mittlerweile zwölfter Deutscher, als offiziell 600. Mensch im All und als erster Bundesbürger an Bord einer Raumkapsel des privaten Unternehmens SpaceX. Verläuft auch der weitere Flug seines vollautomatischen Dragon-Raumschiffs ohne Probleme, wird Maurer in der Nacht auf Freitag - nur 22 Stunden nach dem Start - seine Wohn- und Arbeitsstätte für die kommenden sechs Monate erreichen: die Internationale Raumstation ISS.

Fast drei Jahre nach dem Rückflug des gebürtigen Württembergers Alexander Gerst wäre somit wieder ein Deutscher an Bord des orbitalen Außenpostens. Doch während Gerst, der Maurer bei der europäischen Astronautenauswahl im Jahr 2009 noch ausgestochen hatte, in der Öffentlichkeit eher als Sonnyboy wahrgenommen wird, versucht der sechs Jahre ältere Maurer der Raumfahrt menschlichere Züge zu geben. "Ich bin kein Superheld und möchte es auch nicht werden", sagt er kurz vor seinem zuletzt mehrmals verschobenen Start.

Maurer gibt nicht viel auf Konventionen

Zudem gibt der promovierte Werkstoffwissenschaftler wenig auf Konventionen und öffentliche Erwartungen - nicht nur bei Fragen der Darmentleerung: Für die 20-minütige Fahrt zur Startrampe, für die SpaceX-Gründer Elon Musk weiße Teslas bereitgestellt hat, durfte sich Maurer eine Playlist zusammenstellen. Ein Song der Band Rammstein, kritisiert wegen ihrer recht martialischen Ästhetik, findet sich dort genauso wie das Stück "Tage wie diese" der alternden Punkband Die Toten Hosen -kleine, persönliche Freiheiten in einem ansonsten streng geplanten Astronautenalltag.

Zehn Stunden vor dem Start wurde Maurer am Mittwoch gemeinsam mit seinen drei Kolleginnen und Kollegen der US-Raumfahrtbehörde Nasa geweckt. Es folgten ein Medizincheck, die medizinische Reinigung (so der offizielle Jargon), eine leichte, gut verdauliche Mahlzeit. Keinesfalls etwas, das schwer im Magen liegt. "Nicht", sagt Maurer mit Blick auf die Kräfte beim Start und die darauf folgende Schwerelosigkeit, "dass einem das Essen noch mal durch den Mund kommt."

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Dann das Anziehen des Raumanzugs - die deutsche Fahne auf dem linken, das Logo der Europäischen Weltraumorganisation Esa auf dem rechten Oberarm. Dann, wie TV-Bilder der Nasa zeigen, ein letztes Winken in die coronabedingt kleine Menge und die Fahrt im Tesla zur Startrampe.

Ein letztes Mal an der Rakete hochschauen - so will es die neue SpaceX-Tradition, auch wenn dies erst der dritte reguläre Dragon-Flug zur ISS ist. Mit dem Aufzug hochfahren, einsteigen, sich festzurren lassen. Schließlich den Schalensitz, der zum Boarding aufrecht steht, in die Liegeposition für den Start fahren. Maurer auf Sitz Nummer vier, ganz außen, ist bei all dem nur noch Passagier, er hat keine Funktion, er ist Zuschauer, er ist zur Passivität verurteilt. Doch auch das ist ihm wohl egal.

Maurer macht - ganz unglamourös - wohl genau das, was er zuvor in fast jedem Gespräch betont hat: Er genießt seinen Flug.

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