Verkehr:Brenner-Zulauf: Deutsche Bahn bleibt Antworten schuldig

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"Liefert uns endlich die Fakten", heißt es aus Kirchseeon zu den Plänen der Bahn für den Brenner-Nordzulauf. In der Marktgemeinde fühlt man sich übergangen.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Die Planungen für den Brenner-Nordzulauf werden offenbar konkreter - und mit ihnen der Ärger der Anliegerkommunen, durch die die Züge künftig in enger Taktung fahren sollen. Ein Teil der Trasse, die München besser mit Norditalien verbinden und gleichzeitig die Autobahnen entlasten soll, wird dabei auch durch die Region verlaufen. Dort sorgen sich vor allem die Einwohner der Gemeinden von Grafing bis Trudering um ihren S-Bahn-Verkehr, werden doch die vorhandenen Gleise durch die Güterzüge in Zukunft deutlich mehr beansprucht. Der Markt Kirchseeon fordert die Deutsche Bahn deshalb nun dazu auf, endlich in den versprochenen Dialog zu treten.

Der vom örtlichen Arbeitskreis Bahnlärm initiierte Schritt ist eine Reaktion auf ein Schreiben der Bahn, in dem das Unternehmen bekannt gibt, man werde nun mit den "detaillierten fachlichen Planungen" der Trasse starten. Laut Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) sollen Anfang Dezember erste Ergebnisse vorliegen. Mehr wisse er aber auch nicht, wie der Rathauschef in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates sagte. Beim AK Bahnlärm befürchtet man indes, dass zumindest der sprichwörtliche Zug bereits abgefahren sein könnte, schließlich seien Änderungen einer bestehenden Planung im Nachhinein wohl nur schwer möglich, wie es in einem vom Arbeitskreis aufgesetzten Brief heißt, der im Namen der Marktgemeinde an die Bahnverantwortlichen verschickt werden soll.

Demnach habe man mit Verweis auf die laufende Grundlagenermittlung bis heute keine konkreten Aussagen zur Kapazität der Gleise im Bereich zwischen Grafing und Trudering bekommen. "Daher erwarten wir dringend und umgehend die Übermittlung dieser Grundlagen und dazu einen echten Dialog über die konkreten Zielvorgaben", heißt es in dem Schreiben weiter. Diesen Dialog hatte die Bahn den involvierten Kommunen eigentlich zugesagt. Man wolle das Projekt im stetigen Austausch mit den Betroffenen entwickeln, erklärten die zuständigen Planer bei einem Pressegespräch im Sommer vergangenen Jahres.

In Kirchseeon allerdings fühlt man sich nicht sonderlich gut eingebunden. "Seit drei Jahren sind wir jetzt der Bahn hinterhergelaufen, damit sie uns Infos geben", sagte Grünen-Gemeinderätin und Bahnlärm-Aktivistin Susanne Höpler in der Sitzung. Konkret wolle man wissen, wie viele Züge denn nun durch die Gemeinde fahren werden. "Wir brauchen unsere S-Bahn", so Höpler, die wie ihre Mitstreiter in den anderen Anliegergemeinden befürchtet, dass künftig die Güterzüge auf der viergleisigen Trasse Vorfahrt haben und es im Nahverkehr zu deutlich mehr Verzögerungen kommt. Um das zu vermeiden, soll nun der schon lange geforderte Dialog zwischen Kommune und Bahn stattfinden. "Wir wollen ein echtes Mitspracherecht", sagte Susanne Höpler und forderte: "Bahn, liefert uns endlich die Fakten!"

Diese sind im Schreiben der Gemeinde einzeln aufgeführt: Neben Vorlage der ermittelten Grundlagen soll die Bahn unter anderem über den geplanten Lärmschutz informieren, eine Betriebssimulation für den Abschnitt Grafing-Trudering entwickeln und Angaben zu den maximalen Geschwindigkeiten der Züge im Ortsgebiet machen. Die weiteren Forderungen sind altbekannt, und zwar soll ein uneingeschränkter S-Bahn-Verkehr mit der Entwicklungsmöglichkeit hin zu einem Zehn-Minuten-Takt garantiert sowie der Lärmschutz nach Neubaustandard umgesetzt werden.

Besonders letzteres ist der Marktgemeinde ein großes Anliegen. Man begrüße zwar die bereits getätigten Investitionen im Bereich Lärmschutz an der Strecke von Österreich bis nach München, allerdings resultierten diese ausschließlich aus einer Machbarkeitsstudie von 2016, wie die Gemeinde an die Bahn schreibt. Damals sei Kirchseeon aber noch als lärmsaniert eingestuft worden, ohne das weitere Ortswachstum zu berücksichtigen. "Die Mehrheit der Bürger Kirchseeons leidet bereits heute unter gesundheitsschädlichem Lärm, der die Grenzen für Lärmschutz nach Neubaustandard weit überschreitet", so die Gemeinde. Durch den geplanten Brenner-Nordzulauf werde die Belastung sicher nicht weniger werden, es brauche daher "eine zukunftsfähige Planung mit ausreichendem Lärmschutz".

Inwiefern die Bahn auf die neuerliche Intervention der Marktgemeinde eingeht, wird sich zeigen. Bürgermeister Paeplow jedenfalls ist davon überzeugt, dass jede sorgfältige Planung ihre Zahlen und Fakten braucht. "Ich halte es deshalb für wichtig, dass uns die Fragen beantwortet werden."

© SZ vom 19.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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