SPD:Ein neuer Struck bitte

Großer Zapfenstreich zum Ende des Afghanistan-Einsatzes

Die SPD sollte zeigen, dass sie sich für sie interessiert: Bundeswehrsoldaten, hier neulich beim Großen Zapfenstreich zum Ende des Afghanistan-Einsatzes.

(Foto: Christophe Gateau/dpa)

Seit 16 Jahren haben die Sozialdemokraten nicht mehr das Verteidigungsministerium geführt. Es gibt einen guten Grund, dies nun zu ändern.

Kommentar von Mike Szymanski, Berlin

Der letzte Verteidigungsminister der SPD ging unter Tränen und Trompeten: Peter Struck verließ 2005 das Wehrressort, weil es in der ersten großen Koalition unter Angela Merkel an die Union gefallen war; bei seinem Abschied war er zutiefst gerührt. Zum Großen Zapfenstreich wünschte er sich neben drei Märschen auch einen Klassiker der Arbeiterbewegung, quasi den Soundtrack zur SPD: "Wann wir schreiten Seit an Seit".

Die SPD und die Bundeswehr, Seite an Seite, das ist lange her. Seit Strucks Abschied liegt das Ressort in den Händen der Union. Die SPD strengte sich später auch nicht mehr an, dort das Kommando zu übernehmen.

Die Bundeswehr war im Schrumpfen begriffen. Die Erfahrung zeigte bald: Nach Struck ging erst mal kein Minister, keine Ministerin wirklich politisch gestärkt aus der Zeit im Wehrressort hervor. Wer dort als "Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt" einzog, konnte sich darauf einstellen: Die nächste Affäre, der nächste Untersuchungsausschuss kommt bestimmt.

Es hat also seine Gründe, warum bei den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, FDP und Grünen keiner der möglichen Ampel-Partner bislang offensiv erklärt: Her mit dem Verteidigungsministerium! Aber ist das so, ist mit ihm politisch tatsächlich nichts mehr zu gewinnen? Diese Frage sollte sich insbesondere die SPD stellen.

Die Geschichte mit den Drohnen zeigt, worin das Problem besteht

Die Geschichte des Verhältnisses der SPD zu den Soldaten ist lang und voller Brüche, geprägt von zwei Weltkriegen. Man stand sich oft feindlich gegenüber, misstrauisch sowieso. Das änderte sich auch erst langsam nach Gründung der Bundeswehr 1955. Aber kaum eine andere Partei hat sich - aus dieser Erfahrung heraus - so verdient um die Nachkriegsarmee gemacht wie die SPD.

Die Armee der Staatsbürger würde es heute wohl so nicht geben, wenn Sozialdemokraten nicht seit 1969 so beharrlich daran mitgewirkt hätten, in ihr ein demokratisches Selbstverständnis wachsen zu lassen. Verteidigungspolitik war bei der SPD eine Aufgabe für ihre besten Leute: Helmut Schmidt führte als erster Sozialdemokrat die Bundeswehr. Später erarbeitete sich Georg Leber vergleichbare Anerkennung unter Soldaten, wie sie später wieder Peter Struck erfuhr.

SPD-Kanzler Gerhard Schröder schickte die Bundeswehr in ihren ersten Kampfeinsatz auf den Balkan. Unter Struck verwandelte sie sich in eine Einsatzarmee, die lernte, fernab der Bundesrepublik operieren zu müssen. Die Bundeswehr öffnete sich damals auch für Frauen, die fortan zur kämpfenden Truppe kommen konnten. Kasernen mussten die Namen von Nazi-Generälen ablegen und wurden nach Widerstandskämpfern benannt. Die SPD trug oft Verantwortung für die Bundeswehr, wenn sie besser wurde. Das sicherte ihr zugleich Rückhalt unter Soldaten.

Vom Verständnis dafür, was die Truppe braucht, ist heute wenig in der Partei geblieben. Das zeigte sich zuletzt, als die SPD über Jahre hinweg die Beschaffung bewaffneter Drohnen blockierte, welche sie nur zum Schutz ihrer Feldlager und Konvois einsetzen will; zu nichts anderem.

Jetzt bestünde die Chance, das Verhältnis zur Bundeswehr in Ordnung zu bringen. Olaf Scholz will die SPD wieder breiter in der Gesellschaft verankern. Wenn er dabei konsequent sein will, sollte er auch das Wehrressort für die Partei beanspruchen.

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So wie es bislang für die Truppe lief, dürfte es mit der neuen Regierung kaum weitergehen. Vor allem SPD und Grüne stellen die Personalpläne infrage. Klar ist: Schon jetzt sind Tausende Dienstposten unbesetzt.

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