Tischtennis-WM in Houston:Vielleicht kommt er mal rüber

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Timo Boll im Pokalspiel von Borussia Düsseldorf in der vergangenen Woche. (Foto: Revierfoto/Imago)

Bei der ersten Tischtennis-WM in den USA trifft Timo Boll zunächst nur auf einen der starken Chinesen - und vielleicht auch auf seinen Freund, den Basketballer Dirk Nowitzki.

Von Ulrich Hartmann, Houston/München

Von Dallas nach Houston ist es auf dem texanischen Highway ungefähr so weit wie auf der Autobahn von München nach Frankfurt. Für Dirk Nowitzki wird sich also wohl nie wieder eine Gelegenheit ergeben, seinen Kumpel Timo Boll so nahe bei einer Weltmeisterschaft spielen zu sehen. Nowitzki wohnt in Dallas, Boll spielt diese Woche knapp 400 Kilometer südlich in Houston bei der ersten Tischtennis-WM auf dem amerikanischen Kontinent. "Wir hatten Kontakt und natürlich war die WM da ein Thema", berichtet Boll. "Dirk würde gerne mal rüberkommen, aber noch steht nichts fest."

Dabei könnte er die Unterstützung der Basketball-Legende Nowitzki, 43, gut gebrauchen. Boll hat bei dieser Einzel-WM nicht weniger als das Wohl und Wehe des weltweiten Tischtennis im ewigen Kampf gegen die chinesische Übermacht in der Hand. Nach einem Freilos in Runde eins spielt der 40 Jahre alte Odenwälder nämlich in der zweiten Runde gegen den 24 Jahre alten Chinesen Zhou Qihao - und der ist der einzige Chinese im unteren Tableau des 128er-Feldes im Männer-Einzel. Das bedeutet: Gewinnt Boll gegen ihn, dann lauert der nächste Chinese erst im Finale. Andererseits: Zhou Qihao, international kaum unterwegs und deshalb in der Weltrangliste nur auf Rang 123, hat im Mai bei einem olympischen Testturnier seine Top-Landsleute Liang Jingkun, Ma Long und Fan Zhendong geschlagen. Für Boll könnte diese WM also auch schon nach dem ersten Einzel zu Ende sein.

Bei den deutschen Frauen gibt es eine Premiere

Der beste Chinese und der beste Deutsche sind bei dieser WM ausnahmsweise gar nicht dabei. Olympiasieger Ma Long hat Knieprobleme, und der Bronze-Gewinner von Tokio, Dimitrij Ovtcharov, der Ma Long in einem historischen Olympia-Halbfinale damals beinahe besiegt hätte, musste am Knöchel operiert werden. Deshalb besteht das deutsche Quintett in Houston aus Boll, Patrick Franziska, Ruwen Filus, Benedikt Duda und Dang Qiu.

Gemäß der Setzung müsste es Franziska (Nummer zehn) ins Achtelfinale und Boll (Nummer acht) ins Viertelfinale schaffen. Aber was heißt das schon? Gemeinsam spielen sie auch noch Doppel und hätten Chancen auf eine Medaille. Allerdings treffen sie schon in der zweiten Runde auf das chinesische Doppel Fan Zhendong/Wang Chuqin. Sollte Nowitzki also erst am Wochenende nach Houston kommen wollen, dann könnte er Boll vielleicht schon nicht mehr in Aktion erleben.

Eine Premiere gibt es bei den deutschen Frauen. Die gebürtigen Chinesinnen Han Ying und Shan Xiaona dürfen neun Jahre nach ihrer Einbürgerung und einer damit einhergehenden Sperrfrist erstmals für Deutschland bei einer WM spielen. Sie bilden in Houston das deutsche Quintett mit Petrissa Solja, Nina Mittelham und Sabine Winter. Gemäß der Setzung müsste es Solja (Nr. 16) ins Achtelfinale schaffen, wo die Japanerin Mima Ito warten dürfte.

Sowohl an der Spitze des nationalen wie auch des internationalen Verbandes wird künftig eine Frau stehen

Eine Frau wird künftig auch an der Spitze des Tischtennis-Weltverbands ITTF stehen. Die Schwedin Petra Sörling ist bei der Generalversammlung am Mittwoch die einzige Kandidatin, nachdem der deutsche ITTF-Präsident Thomas Weikert nach sieben Jahren im Amt frühzeitig mitgeteilt hatte, nicht mehr zu kandidieren. Der Anwalt aus dem hessischen Limburg will sich am 4. Dezember in Weimar zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbunds wählen lassen.

Richard Prause, Sportdirektor beim Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB), erwartet vom Personalwechsel in der ITTF wenig Auswirkungen aufs deutsche Tischtennis. Kritisch beobachtet wird die Schwedin im europäischen Tischtennis gewiss dafür, ob sie hiesige Interessen hartnäckig vertritt gegen eine zunehmende asiatische Einflussnahme. "Wir müssen weiterhin versuchen, große Events zu holen und Deutschland als starken Tischtennis-Standort zu wahren", sagt Prause.

Diese Aufgabe kommt auch auf die künftige erste Präsidentin in der Geschichte des DTTB zu. Am 11. Dezember wird wohl die Kölnerin Claudia Herweg den abdankenden Schwarzwälder Michael Geiger ablösen. Nachdem Düsseldorf den Zuschlag für die Weltmeisterschaft 2023 nicht bekommen hat (zu Gunsten von Durban/Südafrika), denkt man beim deutschen Verband dem Vernehmen nach über eine Bewerbung für 2025 nach. Ob Boll da dann auch noch mitspielt, ist aber eher fraglich.

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