Krippenweg Ebersberg:68 Mal Heilige Nacht

Der Ebersberger Krippenweg bietet auch in diesem Jahr wieder viele Highlights.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Krippenweg EBE 2021

Es ist zum Heulen: Mal wieder Advent zu Corona-Zeiten, doch zum Glück gibt es Abwechslung in Form des Ebersberger Krippenweges.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Alle Jahre wieder / kommt das Christuskind / auf die Erde nieder", wie es in einem Adventlied so heißt. Mit dem Kind kommt auch stets die Darstellung seiner Geburt durch die Weihnachtskrippe und zum mittlerweile siebten Jahr in Folge kommt nun auch der beliebte Krippenweg wieder nach Ebersberg. An nunmehr 68 Stationen lassen sich heuer die verschiedensten Krippen bewundern, in unterschiedlichen Größen, Stilen und Materialien. Schon jetzt kann man in den Schaufenstern der Stadt einige Aufbauten entdecken, richtig losgehen wird es jedoch am 28. November, dem ersten Adventssonntag.

Krippenweg EBE 2021

Bei Claudia Wenig in der Dessous Ecke kommt eine Wurzelkrippe mit Tonfiguren ins Schaufenster.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Was erwartet die Besucher nun dieses Jahr auf dem Krippenweg? Bei einer Vorab-Führung hat Thomas Warg sowohl alte wie neue Highlights vorgestellt. Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Die große Stadtkrippe, die sonst im Rathaus zu begutachten war, wird dieses Jahr leider nicht aufgestellt. "Das ist mit der ganzen Corona-Situation leider ungünstig verlaufen", äußert sich Warg. Die frohe Botschaft: Es gibt mehr als genug Schönes zu entdecken. So zum Beispiel die allseits bekannte Krippe im Schaufenster von "Haar Reif". Eva Reif ist seit dem ersten Krippenweg dabei und hat mittlerweile eine weitreichende Landschaft in ihrem Schaufenster aufgestellt, die jedes Jahr ein bisschen wächst, nicht immer historisch-mythologisch akkurat. Einen Plan habe sie nicht dabei, nur "zwölf Zentimeter, koloriert" sollten die Figuren sein. Dieses Jahr hat sie sich ein Paar Skier besorgt: "Passt nicht, kitschig, aber mir gefällt's", erzählt sie lachend. Eine Lieblingsfigur hat Eva Reif auch: eine stillende Mutter mit Kind und entblößter Brust. Auf die Nachfrage, wieso gerade diese Figur, denkt Reif kurz nach. Dann kramt sie in der Schublade eines Sekretärs neben dem Schaufenster und holt Fotos ihrer Kinder hervor. "Vermutlich, weil ich selbst ziemlich lange gestillt habe, die Figur erinnert mich daran."

Krippenweg EBE 2021

Evi Reif beim Aufbau ihrer Krippe. Sie ist bereits seit dem ersten Mal dabei.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Krippe und Weihnachtszeit als Ausdruck und Erinnerung menschlichen Miteinanders - auch Thomas Warg sieht darin den größten Gewinn des Krippenwegs. "Früher mochte ich die Weihnachtszeit nicht sonderlich, jetzt bin ich immer traurig, wenn es vorbei ist. Vor allem die Führungen mit den Kindern machen mir großen Spaß." Auch der Bäcker Richard Freundl sowie Stefan Kühnle, der Hauptorganisator des Krippenwegs, schließen sich hier an. Freundl hat vor der Pandemie gerne mit Kindern an der Krippe selbst oder an anderen Plätzchenprojekten gebacken - seine Version besteht nämlich aus Lebkuchenteig - mit Draht verfeinert. Stefan Kühnles Highlight ist, als heimlicher Beobachter zu sehen, wie Freunde und Familien über den Krippenweg gehen und sich an den verschiedenen Stationen erfreuen. "Auch schön finde ich die ganze Bestätigung, die wir durch die Ebersberger erhalten. Vor allem letztes Jahr gingen die Besucherzahlen unserer Website durch die Decke, daran erkennt man, dass die Leute während Corona ein Bedürfnis nach etwas Normalität haben." Da lohnt sich dann auch der ganze Aufwand, der mit dem "auf den Weg bringen" des Krippenwegs verbunden ist: Flyer drucken, Plakate aufhängen, die Krippen verteilen - und manchmal ersetzen, weil ein Geschäft mit der ihren nicht zufrieden ist.

Krippenweg EBE 2021

Bäcker Richard Freundl beim Restaurieren seiner Lebkuchenkrippe.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Krippenweg geht auf die Initiative des Krippenbauers Franz Kisters zurück, der dazu eine große Sammlung von Krippen gestiftet hat. Mit dabei sind beispielsweise die "Fatschenkindl", die die Bandbreite der Krippendarstellungen verdeutlichen. Im Schaufenster vom Café Schwaiger kann man die drei Jesus-Figuren betrachten: In einem aufwendigen Glaskasten liegt das Bündel, mit einem Kopf aus Wachs, Glasaugen und echten Haaren. Diese katholische Form der Krippe reduziert die Weihnachtsgeschichte auf ihr Wesentliches: Gott ist Mensch geworden.

Krippenweg EBE 2021

Das Fatschenkindl kann man im Cafe Schwaiger am Marienplatz sehen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im neapolitanischen Stil, dem verschiedene Krippen auf dem Weg zuzuordnen sein werden, geht man den entgegengesetzten Weg. Mitunter werden ganze Straßenzüge abgebildet, komplexe Marktszenen entfalten sich und die Figuren sehen aus, "als kämen sie geradewegs aus einer italienischen Oper", wie Warg erklärt. Die Krippe selbst ist hier nur ein Element unter vielen, was womöglich den menschlichen Aspekt der Menschwerdung unterstreichen soll - neben der Zurschaustellung teurer und aufwendiger Figuren. Krippen waren lange eine kostspielige Angelegenheit, führt der Stadthistoriker aus. "Deswegen wurden dann auch irgendwann Papierkrippen eingeführt, wo man aus Papierbögen die einzelnen Figuren ausschneiden und aufkleben konnte." Warg deutet auf eine solche Krippe im Fenster des CSU-Bürgerbüros. Hier tummeln sich eine Vielzahl an bunten Figuren auf verschiedenen Ebenen, alles hauchdünn geschnitten. "Heute ist so eine Krippe natürlich ein Schatz", so Warg.

Krippenweg EBE 2021

Im CSU-Bürgerbüro gibt es eine alpenländische Krippe mit Papierfiguren.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Neben sozioökonomischen lassen sich die Krippen auch auf ihre religionspolitische Vergangenheit hin befragen. "Während der Säkularisation im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert wurde es an vielen Orten verboten, religiöse Symbole zur Schau zu stellen", erläutert der Stadthistoriker. Aus den Versuchen, dies zu umgehen, entwickelte sich ein eigener Krippenstil, der alpenländische. Vor allem in Südtirol gab es viele Schnitzer, die ein Interesse daran hatten, weiter Krippen herstellen zu können - auch, wenn sie "getarnt" waren. Eine solche lässt sich beispielsweise im Modehaus Schug entdecken. Die Krippe, mit kostbaren Artis-Figuren bestückt, hat die Form eines Gutshofs, Maria sieht aus wie eine gewöhnliche Magd. "So konnten die Gutsbesitzer schlicht behaupten: Das ist keine Krippe, das ist unser Gut und wir ehren mit der Darstellung unsere Magd, die Mutter geworden ist."

Krippenweg EBE 2021

Das Modell eines alten Gutshofes mit Artis-Figuren gibt es im Modehaus Schug zu sehen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Highlight des diesjährigen Krippenwegs lässt sich jedoch vermutlich bei Von Poll Immobilien bestaunen. Verena Boiger aus Bad Tölz gewann mit ihrer Krippe bereits einen Wettbewerb, Stefan Kühnle konnte sie dann seinerseits für den Krippenweg gewinnen. Alle Figuren sind aus grauem Stein, mit goldenen Spitzen und Kronen. Der Clou: Als Vorlage für die Figuren dienten Origami-Vorlagen, weswegen Engel, Maria, Josef und Co. schlicht und abstrakt daherkommen - dafür umso einprägsamer.

Krippenweg EBE 2021

Die Vorlage ist aus Papier, die Figuren aber aus Stein, zu sehen im Schaufenster bei Von Poll Immobilien.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Von der Erde verschwinden wird der Krippenweg wieder am 6. Januar, zu Heilige Drei Könige. Bis dahin lädt er alle dazu ein, auf ihm zu wandeln und wer weiß, vielleicht ergibt sich die eine oder andere ganz menschliche Begegnung.

Krippenweg EBE 2021

Wenn die Heiligen Drei Könige kommen, ist es wieder vorbei mit dem Krippenweg.

(Foto: Peter Hinz-Rosin/Photographie Peter Hinz-Rosin)

Organisiert und finanziert wird der Krippenweg durch den Bund der Selbstständigen (BdS). Thomas Warg und seine Kolleginnen und Kollegen bieten Führungen an, nähere Infos dazu gibt es hier.

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