Streit in Seeshaupt:Die Bürgermeister-Fehde

Bügermeister Starnberg

"Ich habe nie gelogen oder rechtswidrig gehandelt", beteuert der Seeshaupter Ex-Bürgermeister Michael Bernwieser (PfB). Sein Nachfolger Fritz Egold (CSU, rechts) beklagt sich über die "Vernichtung von Daten" im Rathaus und darüber, dass es keine Amtsübergabe gegeben habe.

(Foto: privat)

Strafanzeigen, Zwist ums Gärtnereiquartier und Zwietracht: Michael Bernwieser, der Vorgänger des Rathauschefs Fritz Egold, kämpft um seinen Ruf. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen jetzt eingestellt. Doch ein Anwalt lässt nicht locker.

Von Christian Deussing

Für Michael Bernwieser ist das eine gute Nachricht. Endlich, nach quälend langer Zeit, weiß der frühere Bürgermeister (PfB) von Seeshaupt, dass die Staatsanwaltschaft nicht mehr gegen ihn ermittelt. Die Verfahren wegen des Verdachts auf gelöschte Daten auf seiner PC-Festplatte und auf Computersabotage im Rathaus vor dem Amtsantritt seines Nachfolgers Fritz Egold (CSU) im Mai vorigen Jahres ist jetzt eingestellt worden. Doch ist die Sache damit für ihn ganz ausgestanden?

Bernwieser war auch wegen angeblich veränderter Protokolle und veruntreuten 250 Euro aus der Gemeindekasse angezeigt worden. Es soll zudem keine Amtsübergabe erfolgt sein. Doch es hätten sich nach eingehenden Ermittlungen "keine hinreichenden Anhaltspunkte für Straftaten" ergeben, erklärt die Staatsanwaltschaft München II. Eine der Strafanzeigen hatte der Rechtsanwalt Michael Böcker gestellt, der nicht locker lässt. Der Seeshaupter beschwerte sich nun bei der Staatsanwaltschaft, dass sie das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt hat.

Denn der Ex-Bürgermeister habe sich zu den Vorwürfen nicht wahrheitsgemäß geäußert, behauptet Böcker. Bernwieser solle sich daher "nicht zu früh freuen". Der Anwalt ist dessen schärfster Kritiker - vor allem beim "Gärtnereiquartier" , dem seit Jahren umstrittenen Wohnbauprojekt auf dem ortsnahen Gelände der ehemaligen Baumschule Demmel.

Bernwieser war zwölf Jahre lang Rathauschef in der 3300-Einwohner-Gemeinde gewesen, aber 2020 nicht mehr angetreten. Der 65-Jährige ist in dem Ort geboren und fest verwurzelt. Er ist Ehrenvorsitzender des Trachtenvereins, im Feuerwehrwesen seit Jahrzehnten ehrenamtlich engagiert und als Kirchenpfleger im Ortsteil Magnetsried aktiv und angesehen. Er gilt bei vielen Einwohnern als ehrenwerte Persönlichkeit, die sich um alles kümmert und sich selbstlos einsetzt. Die Anschuldigungen, unter anderem Akten vernichtet zu haben, bevor Egold sein Amt übernommen hatte, traf ihn hart.

Zwischen beiden Männern herrscht Funkstille, sie mögen sich offenkundig nicht. Bernwieser fühlt sich verleumdet und kämpft um seinen Ruf: "Es belastet mich alles sehr, zum Glück finde ich großen Halt in meiner Familie und erfreue mich an meinen Enkelkindern." Das Bürgermeisteramt sei mal sein Traumjob gewesen. Das dürfte am Ende seiner Ära nicht mehr so gewesen sein.

Denn diese Phase war auch von dem Reizthema "Gärtnereiquartier" geprägt. Es geht um ein geplantes Bauprojekt für mehr als 50 Wohnungen in Doppel- und Kettenhäusern mit Tiefgarage auf einer etwa 1,5 Hektar großen Fläche an der Baumschulen- und St. Heinricher Straße. Bereits vor drei Jahren wurde dazu der Rahmenplan eines Münchner Stadtplaners bei nur einer Gegenstimme gebilligt. Doch später warf Gegenspieler Böcker dem damaligen Rathaushauschef vor, die Öffentlichkeit und den Gemeinderat über die wahre Rechtslage bei diesem Vorhaben getäuscht zu haben. Denn ein erheblicher Teil der etwa 1,5 Hektar großen Fläche befinde sich im Außenbereich und habe deshalb kein Baurecht aufzuweisen.

"Ich habe nie gelogen oder rechtswidrig gehandelt", beteuert Bernwieser

Böcker wirft das Bernwieser in zwei Petitionen an den Landtag vor. Dem Anwalt zufolge müsse deshalb die Gemeinde nach rechtlicher Vorgabe Teile des Planungsgewinns mit etwa 40 Prozent abschöpfen. Böcker bezichtigte Bernwieser der "Kungelei" und warf ihm vor, die Interessen der privaten Bauwerberin zu vertreten - zum "Millionenschaden" für die Gemeinde. Die Eingaben des Anwalts blieben erfolglos.

Das Bayerische Bauministerium führt an, dass die "vom Petenten geforderte Sozialbindung des Eigentums" zwischen Gemeinde und Grundstückseigentümerin mit Verträgen herbeigeführt worden sei. Sowohl für den östlichen als auch für den westlichen Teil des Rahmenplans seien die Beratungs- und Planungskosten geregelt worden, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums an das Landtagsamt, wenige Tage vor dem Amtswechsel im Seeshaupter Rathaus im April 2020.

"Ich habe nie gelogen oder rechtswidrig gehandelt", beteuert Bernwieser. Er werde zu Unrecht an den Pranger gestellt und kriminalisiert. Er streitet sämtliche Vorwürfe ab und sieht sich durch die Einstellung der Verfahren rehabilitiert. Er wehrt sich auch weiterhin gegen die Unterstellung, Egold keine Amtsübergabe angeboten zu haben.

Doch die Fronten bleiben verhärtet. Bürgermeister Egold besteht darauf, dass es kein Übergabeangebot gegeben habe. Auch er als Rathauschef und Mitarbeiter seiner Verwaltung wurden von der Kripo wegen der Vorwürfe gegen den Amtsvorgänger als Zeugen vernommen. Auf Anfrage erklärt Egold, dass zwei Bürger aus Seeshaupt Strafanzeigen erstattet hätten, aber nicht er selbst und auch kein Mitglied aus dem Gemeinderat. Dagegen spricht allerdings ein Schreiben des Bürgermeisters Fritz Egold vom 24. September 2020, in dem er als Vertreter der Gemeinde Seeshaupt einen Strafantrag gegen Bernwieser wegen "aller in Frage kommender Delikte" stellt und sich dabei auf Computersabotage und Datenvernichtung bezieht.

In puncto "Gärtnereiquartier" sagt Egold, das Wohnbauprojekt werde weiterhin verfolgt und liege keineswegs auf Eis. Berücksichtigt werde dabei auch das Ziel, einkommensorientiert geförderten Wohnraum zu schaffen. Das betreffende Areal müsse aber zunächst in seiner Erschließung abgesichert sein, betont Egold.

Im Streit um das von ihr "modellhaft geplante Wohnquartier" fühlt sich die Grundeigentümerin und Architektin Katharina Heider hingehalten und auch von Anwohnern missverstanden. Manche Anlieger betrachten die Baupläne als zu "große Vision" für den kleinen Ort . "Ich bin leider zwischen die Mühlsteine geraten", klagt Bauwerberin Heider.

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