Eishockey:Feinde fürs Leben

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Kompakte Spielanalyse: Münchens Trainer Don Jackson sagte nur, er sei zweimal in seiner Karriere von Schwalben des Mannheimer Stürmers Matthias Plachta betrogen worden. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Die große Rivalität zwischen München und Mannheim ist um ein neues Kapitel reicher: Nach dem 2:3 nach Verlängerung rastet EHC-Trainer Don Jackson in der Pressekonferenz aus.

Von Christian Bernhard

Schon das Anfangsszenario machte klar, dass das, was folgen sollte, nicht Nullachtfünfzehn sein würde. Normalerweise verlaufen Pressekonferenzen nach Spielen in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nach einem vorgefertigten Muster ab: Es beginnt stets der Trainer der Auswärtsmannschaft mit einer kurzen Einschätzung zum Spiel, ehe dann der Trainer der Heimmannschaft übernimmt. Gegenseitige Glückwünsche sind ebenfalls fester Bestandteil des Prozederes. Normalerweise.

Am Sonntagabend wurde im Presseraum der Adler Mannheim schnell klar, dass es diesmal anders laufen würde. Auf dem Podium saßen Don Jackson und Pavel Gross, die mit Abstand erfolgreichsten Trainer der vergangenen DEL-Jahre. Das umkämpfte Spitzenspiel war erst in der Verlängerung entschieden worden, Mannheim siegte 3:2. Wie gehabt wurde Jackson als erstem das Wort erteilt , doch der 65-Jährige machte davon keinen Gebrauch. "Kein Kommentar", mehr wollte er zum Spiel nicht sagen. Gross zog überrascht die Augenbrauen nach oben, "das war schneller als ich dachte", sagte er, ehe er das Spiel einordnete.

In Jackson brodelte es - und so brauchte es auch nur eine Nachfrage, um die verbale Eruption hervorzurufen. Jackson begann damit klarzustellen, dass er nichts gegen die Organisation und die Fans der Adler habe, "es ist nur die Liga", sagte er - und legte dann kräftig nach: "I've been fucked twice in my career by dives by Plachta" - er sei zweimal in seiner Karriere von Schwalben des Mannheimer Stürmers Matthias Plachta betrogen worden, wenn man es jugendfrei übersetzen möchte, " so that's it." Das war es. Mit einem "Dankeschön" stand Jackson auf, entschuldigte sich noch schnell bei Gross und stapfte aus dem Pressekonferenzraum. Die Zurückgebliebenen waren einen Moment konsterniert, dann wurde die Pressekonferenz für beendet erklärt. Gross verzog in diesen Sekunden die Mundwinkel und zupfte mit seinen Fingern an seinem Kinnbart herum.

Zwischen 2015 und 2019 teilten sich die beiden Klubs die Meistertitel untereinander auf

Die große Rivalität zwischen Mannheim und München ist um ein neues Kapitel reicher. "München war immer der Feind in Mannheim. Und wenn du Münchner bist, ist Mannheim dein Feind": Diese Worte stammen von EHC-Angreifer Ben Smith, der das sehr gut einschätzen kann, da er vor wenigen Wochen noch als Mannheimer Kapitän über DEL-Eis lief. Mannheim gegen München, "da wird sich nichts geschenkt", erklärte auch Plachta. Welche Szene mit Plachtas Beteiligung Jacksons Zorn hervorgerufen hatte, konnte aufgrund Jacksons abruptem Abgang nicht eruiert werden. Wahrscheinlich bezog er sich auf einen Zweikampf in der 53. Minute, als Plachta und Münchens Verteidiger Daryl Boyle direkt vor dem EHC-Tor vehement um die beste Position rangen und Boyle schließlich mit einer Zwei-Minuten-Strafe bestraft wurde, weil er Plachtas Rücken mit seinem Schläger bearbeitet hatte. Das daraus resultierende Mannheimer Überzahlspiel blieb allerdings ohne Konsequenzen für den EHC, der Ausgleich gelang den Adlern erst in der 59. Minute, mit einem zusätzlichen sechsten Feldspieler.

Wann Jackson zum ersten Mal von Plachta betrogen wurde, konnte auch nicht aufgelöst werden. Eine Szene, die in den Playoffs 2018 für großes Aufsehen gesorgt hatte, war der üble Ellbogencheck von Münchens Steven Pinizzotto gegen Plachtas Kopf. Plachta blieb damals minutenlang regungslos auf dem Eis liegen und bekam zwischenzeitlich auch eine Halskrause angelegt. Gegen Pinizzotto wurde sogar ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Jacksons Aussetzer verdeutlicht jedenfalls die in den vergangenen Jahren immer größer gewordene Rivalität zwischen München und Mannheim. Zwischen 2015 und 2019 teilten sich die beiden Klubs die Meistertitel untereinander auf (München drei, Mannheim zwei), Mannheims letzter Triumph im Jahr 2019 erfolgte im direkten Final-Duell. "Das war nicht zu toppen", sagte der damalige Mannheimer und heutige Münchner Smith. Nach enttäuschenden Playoffs 2021 wollen beide Großklubs diese Saison unbedingt wieder auf den Meisterthron zurück.

"Das sind die Spiele, die du gewinnen musst, wenn du in der Saison weit kommen willst", sagte EHC-Stürmer Frank Mauer, der so wie auch Trevor Parkes für sein Team getroffen hatte. Der späte Ausgleich und das Gegentor in der Verlängerung ärgerten ihn sehr, "das Ding haben wir am Schluss gut weggepisst", sagte er bei Magentasport. So ein Spiel müsse man nach Hause bringen, "das ist das, was Top-Mannschaften in Topspielen machen". Die nächsten Topspiele warten bereits auf den EHC. Am Dienstag geht es zum formstarken ERC Ingolstadt (19.30 Uhr), ehe es am Donnerstag in München zum Wiedersehen mit den Mannheimern kommt. Den emotionalen Rahmen dafür hat Jackson geschaffen.

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