Vogel des Jahres 2022:Exotischer Stinker

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Mit seiner charakteristischen Federhaube trägt der Wiedehopf einen Kopfschmuck, der an einen Punk oder Häuptling erinnert. (Foto: Torsten Beuster/dpa)

Der Wiedehopf ist im Fünfseenland nur auf Durchreise

Von Armin Greune, Starnberg

Er ist eine schillernde Erscheinung, seine Prominenz und Popularität stehen jedoch im krassen Gegensatz zur Wahrscheinlichkeit, ihn jemals zu Gesicht zu bekommen: Der Wiedehopf, Vogel des Jahres 2022, wird in der Roten Liste Bayern als "vom Aussterben bedroht" geführt. Im Fünfseenland ist die Population erloschen, wenn denn jemals dort eine bestanden hat. Pit Brützel von der Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen (ASO) jedenfalls bezweifelt das stark. Dennoch kann man diese sehr seltene Vogelart zumindest als Durchzügler immer öfter im Landkreis entdecken: Im ASO-Jahresbericht sind für 2020 immerhin zehn Sichtungen verzeichnet. "Ungewöhnlich viele Beobachtungen", findet Brützel.

Wohl jeder, der das seltene Glück hatte, einen Wiedehopf in freier Natur zu erblicken, wird dessen Anblick lange in Erinnerung behalten. Wer aber den höchst unwahrscheinlichen Fall erlebt hat, dass sich der Vogel bedroht fühlt, wird die Begegnung nie vergessen: Der Wiedehopf verspritzt nämlich zu seiner Verteidigung den Inhalt seiner Kloake zielsicher in Richtung des vermeintlichen Angreifers. Und um dem Ganzen eine besonders einprägsame Note zu verleihen, wird der Anschiss noch mit einem übel riechenden Sekret aus der Bürzeldrüse angereichert.

Im Volkstum ist Art deshalb auch als "Stinkevogel" berüchtigt. Upupa epops - der lateinische Name gibt lautmalerisch seinen Balzruf wieder - wurde seit dem klassischen Altertum oft von Dichtern besungen. Das liegt daran, dass er in früheren Jahrhunderten viel häufiger auftrat und unverwechselbar ist: Kopf und Hals sind orange-braun gefärbt, Rücken und Flügel schwarz-weiß gebändert. Der Schnabel wird bis zu sechs Zentimeter lang, damit stochert im Boden, um sich große Insekten wie Maulwurfsgrillen einzuverleiben. Charakteristisch ist die orange-schwarze Federhaube: Sie erinnert an den Kopfschmuck, mit dem man im Fasching als Indianerhäuptling durchging.

Heuer hat die Starnberger ASO fünf Mal Wiedehopfe gesichtet. Wie 2020 konzentrieren sich die Beobachtungen auf den nördlichen Landkreis und den April, wenn die Vögel in ihre Brutgebiete weiter ziehen. Dass sie auch im Fünfseenland nisten, kann Brützel ausschließen. Andernorts versuche man den Wiedehopf mit vorbereiteten Bruthöhlen anzulocken - im Alpenvorland hält er Bemühungen um die Wiederansiedlung für wenig sinnvoll: "Der passt hier einfach nicht". Der seltene Besucher bevorzugt halboffene bis offene, insektenreiche Landschaften wie Streuobstwiesen, Weinberge und Böschungen; er fühlt sich nur in wärmeren Regionen wohl. Von dort zieht er im Spätsommer zur Überwinterung ins tropische Afrika. Deutschlandweit gilt die Population als gefährdet, weil es an geeigneten Lebensräumen fehlt. Doch inzwischen wächst der Bestand wieder, was als klares Anzeichen für die Klimaerwärmung gewertet wird.

© SZ vom 04.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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