Arbeitswelt:Wer minijobbt da eigentlich?

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Der Schatten eines Mannes, der in Berlin ein Glasdach reinigt. (Foto: Thomas Imo/imago/photothek)

Sind Minijobs für Niedrigverdiener von Vorteil - oder sind sie eine Armutsfalle, wie Kritiker monieren? Neue Daten befeuern die Debatte um ihre Ausweitung.

Von Roland Preuß, Berlin

Deutschlands Minijobber sind meist Frauen, bekommen sehr häufig einen niedrigen Lohn - und haben oft nur einen befristeten Vertrag. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der Lohn- und Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit und des Statistischen Bundesamtes für die Linke im Bundestag. Die Auswertung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, beleuchtet das Profil der typischen Minijobberinnen und Minijobber im Land. Es dürfte die Debatte befeuern, ob die Minijobs faktisch ausgeweitet werden sollen, so wie es im Koalitionsvertrag festgehalten ist.

SPD, Grüne und FDP hatten sich darauf verständigt, die Einkommensgrenze für Minijobs von bisher 450 auf 520 Euro anzuheben - und zwar parallel zur Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro die Stunde. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mehrfach erklärt, dass der höhere Mindestlohn bereits kommendes Jahr greifen soll - damit würden auch die neuen Regeln für Minijobs in Kraft treten. Fachleute erwarten, dass deren Zahl deshalb weiter steigen wird.

Der offiziellen Statistik zufolge waren gut 60 Prozent der Menschen in Minijobs Frauen. Die Zahlen beziehen sich auf die jüngsten verfügbaren Daten von 2018, allerdings hat sich die Zahl der Minijobs seitdem kaum verändert. Mehr als drei Viertel der Minijobber, 77,6 Prozent, verdienten weniger als zwölf Euro in der Stunde, lagen also unter dem geplanten Mindestlohn. Wegen der zwischenzeitlichen Lohnsteigerungen dürfte dieser Anteil heute etwas geringer sein. Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten waren Niedriglöhne dagegen viel seltener. Hier lag nur etwa jeder sechste Beschäftigte unter den zwölf Euro pro Stunde. Miese Bezahlung ist also unter Minijobbern viel weiter verbreitet als unter Menschen, die eine reguläre Stelle haben. Fast jeder fünfte Minijobber hatte zudem nur eine zeitlich befristete Stelle.

Minijobs sind für Arbeitgeber und Beschäftigte einfacher zu handhaben als sozialversicherungspflichtige Stellen, weil Minijobs mit geringerem Verwaltungsaufwand verbunden sind. Beschäftigte sparen sich in der Regel eigene Sozialversicherungsbeiträge, können also brutto für netto als Einkommen verbuchen.

Allerdings sind Minijobber damit viel schlechter sozial abgesichert als mit einer regulären Stelle. Verlieren sie ihren Job, erhalten sie in der Regel kein Arbeitslosengeld und fallen sofort in die Grundsicherung. Sie haben auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld und faktisch kaum Kündigungsschutz. Das hatte sich insbesondere in der Corona-Krise gezeigt, als viele Minijobber arbeitslos wurden.

Inzwischen ist die Zahl der Minijob-Stellen wieder deutlich gewachsen. Das Statistische Bundesamt beziffert die Zahl 2018 auf 5,6 Millionen, die Bundesagentur für Arbeit (BA) aktuell auf 7,3 Millionen. Der Unterschied hat laut BA methodische Gründe, so erfasst die Arbeitsagentur etwa auch Jobs, die nicht einen ganzen Monat über bestanden. Weitere Kritikpunkte: Minijobs sind nicht wie erhofft der Einstieg in eine reguläre Beschäftigung. Arbeitgebervertreter argumentieren hingegen, dass durch Minijobs viele neue Stellen entstanden seien.

Der Initiator der Anfrage, Pascal Meiser (Linke), sagte, für die allermeisten stellten Minijobs eine "Armutsfalle" dar. Mit der Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro bestehe nun die Chance, Millionen Minijobbern zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu verhelfen. "Diese Chance darf nicht leichtfertig verspielt werden, indem ohne Not die Minijob-Grenze immer weiter nach oben geschraubt wird."

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