Lindner und der Haushalt:Linke Tasche, rechte Tasche

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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verspricht einen "Booster für die Volkswirtschaft". (Foto: Michael Sohn/AFP)

Finanzminister Christian Lindner plant mit einem Nachtragshaushalt von 60 Milliarden Euro - und verteidigt das Vorgehen, Pandemiemittel für Klimainvestitionen umzuwidmen.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Am Donnerstag soll der Bundestag in erster Lesung über den geplanten Nachtragshaushalt der Ampelregierung beraten. Inzwischen ist klar, um welche Summe es geht: Bislang nicht genutzte Kreditermächtigungen von 60 Milliarden Euro, die eigentlich für die Pandemiebekämpfung gedacht waren, sollen in den Energie- und Klimafonds verschoben werden, der künftig Klima- und Transformationsfonds heißen wird. Auf dieses Vorgehen hatten sich SPD, Grüne und FDP in den Koalitionsverhandlungen verständigt, um Investitionen in den Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft zu ermöglichen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte am Freitag, er haben den Entwurf bereits dem Kabinett zugeleitet; schon am Montag soll er dort beschlossen werden. Der Nachtragshaushalt sei "ein Booster für die Volkswirtschaft", so Lindner. Er begründete den Schritt damit, dass "viele notwendige Investitionen zur Transformation" der Wirtschaft in den Jahren 2020 und 2021 pandemiebedingt nicht erfolgt seien. Durch die Corona-Pandemie sei Zeit verloren gegangen, das aber dürfe nicht "voll zu Lasten der nächsten Generationen gehen", betonte Lindner. Er verwies darauf, dass auch das Bundesverfassungsgericht der Politik aufgegeben habe, die Klimakrise generationengerecht und mit "substantiellen und konkreten Maßnahmen" zu bekämpfen.

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Lindner, dessen Partei in den Koalitionsverhandlungen darauf bestanden hatte, dass die Schuldenbremse von 2023 an wieder eingehalten wird, betonte am Freitag, dass es sich nicht um neue, zusätzliche Kredite handele, sondern ausschließlich um bislang nicht genutzte Kreditermächtigungen. Er sprach von einer "Leitentscheidung" der drei Koalitionäre und einem "guten Entwurf". Insgesamt werde die noch von seinem Vorgänger - dem jetzigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) - geplante Nettokreditaufnahme von gut 240 Milliarden Euro nicht überschritten.

Mit Blick auf Kritik an dem haushaltstechnischen Trick, Pandemiemittel umzuwidmen, um so Investitionen in die Transformation der Wirtschaft zu finanzieren, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums, dass dieses Vorgehen dem "Sinn und Zweck" der Schuldenbremse durchaus entspreche. Im vergangenen Jahr sei bereits genauso verfahren worden, wenn auch nur mit 27 Milliarden Euro. Würde man den Schritt unterlassen, würde sich die coronabedingte Krise verstärken.

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