Buch mit CD und Noten zur Weihnacht:Weihrauch, Myrrhe und Methan

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Im Stall von Bethlehem dürfen sie nicht fehlen: Ochs und Esel, die in diesem Buch die Geschichte der Heiligen Nacht erzählen. (Foto: Sebastian Huber)

Die "Kapelle So & So" bringt zusammen mit dem Grafiker und Schauspieler Sebastian Huber ein musikalisches Krippenspiel heraus. "Auf Wiederkaun" erzählt charmant die Heilige Nacht aus Sicht von Ochs und Esel.

Von Michael Zirnstein, Ainring

Das Ende kann man ruhig verraten, es ist wie allen Erzählungen von der Heiligen Nacht so folgenreich wie bekannt. Andererseits ist es teilweise auch diskussionswürdig, denn statt "Ende" steht hier in diesem Buch irritierenderweise "Inshallah". Einfach erklärt: Das hängt mit der klimperäugigen Kamelfrau eines der Könige aus dem Morgenland zusammen, die nun im Stall von Bethlehem neben dem Ochsen steht. Kompliziert nachgedacht: Das "Inshallah", also "so Gott will", ist doch eher seit dem 7. Jahrhundert aus dem Koran bekannt; und auch wenn es Vorläufer der Redewendung in der römischen und jüdischen Antike gab ("conditio Jacobaea", "Deo volente") und auch bei Epikur, ist es doch unwahrscheinlich, dass die Paarhuferin zu jener Zeit Arabisch sprach, und überhaupt wie soll das zum frisch geborenen Christkind passen? Aber das sind nun tatsächlich rechthaberische Anmerkungen, wie sie nur der Esel machen würde. Der Esel ist hier nämlich kein dummer Esel, sondern ein schlauer, zumindest hält er sich dafür und stellt sich in seinem recht höfisch-hochtrabend anmutenden Tänzel-Lied auch in der damaligen Hochsprache der römischen Besatzer vor: "Lateinisch heiß ich Asinus, ein Synonym ist's auf Verdruss."

Dass Tiere überhaupt sprechen, singen und denken, sollte einen nicht verwundern, befinden wir uns doch mitten in der Nacht der Wunder schlechthin, die schon etliche Fabeln mit menschelnden Tieren hervorgebracht hat. Diese nun hat sich der Huber Wast aus Breitbrunn ausgedacht: "Auf Wiederkaun - Eine musikalische Kripperlgeschichte". Der Autor erzählt die Heilige Nacht aus Sicht von Ochs und Esel, was insofern schon lustig ist, weil das ungleiche Paar um das ganze heilige Gedöns im Jahre null weniger Aufhebens macht als die ganze Welt ja heute noch, sondern mehr mit sich selbst beschäftigt ist. Also das Grautier hadert mit seinem Schicksal als Lastenträger allgemein und speziell damit, in einer Wohngemeinschaft mit einem unzivilisierten Rindvieh logieren zu müssen: "Er pfurzt und koppt und kaut und stöhnt, kein bisschen Schlaf ist mir vergönnt." Der Ochse ist eher ein Gemütlicher, Typ: Urbayer, sagt bloß "Ja" und "Na" und "Moanst?", und er könne nichts dafür, er sei eben ein Wiederkäuer, und kurbelt damals schon rülpsend und schmatzend den Co2- und Methan-Ausstoß an.

Weil Sebastian Huber ein prima Volksschauspieler ist, hat er das Ganze mit wohlig-gemütlicher Meister-Eder-Stimme selbst eingesprochen, weil er auch Grafiker ist, das Büchlein mit hinreißenden Bildern zwischen Skizze, Aquarell und Comic selbst illustriert, und weil er einen Verlag besitzt (Wast Edition) auch selbst herausgegeben.

Die "Kapelle So & So" spielte die Musik zur Weihnachtsgeschichte ein. Im Mai. (Foto: Sebastian Huber)

Und wie kommt nun die Musik ins Krippenspiel? Das liegt an Stefan Huber von der Kapelle So & So, der zwar mit Sebastian Huber nicht verwandt ist ("Wir heißen nur gleich"), ihn aber als "coolen Typen" aus dem Theater Riedering kannte. Dort schaute er sich ihn vor einigen Jahren in dessen seit 2006 laufendem Stück "Da Himmegugga" an, und weil er wusste, dass der Huber Wast auch Kinderbücher wie "Der Vinzi Stier" schreibt, dachte er sich: "Ich frag ihn einfach mal, ob wir was zusammen machen." Denn sein Sextett aus studierten, normalerweise in viele Projekte von Lenze und de Buam über die Familienmusik Auer bis zu den Egerländer Musikanten eingespannten Voll-Volksmusiker hatte gerade coronageschuldet "wenig zu spielen". "Wenn auch viel zu tun", wie Huber, bekannt auch als Tubist von La Brass Banda, sagt.

Nach ihrem Album "Bob", auf dem sie Bob-Marley-Klassiker als bayerische Wirtshausmusik unter anderem mit Stofferl Well spielten, hatten sie zum Beispiel den "So & So Notenverlag" gegründet. Darauf bedienen sie nicht nur das Verlangen eigener Fans, indem sie die hieroglyphischen Notizen zu ihren Stücken in Les- und Nachspielbares übertrugen, sondern sie geben auch externen Komponisten eine Plattform für in der Bläserszene sehr gesuchte Partituren. Jetzt haben sie schon 90 Notenpakete beisammen von Danzlmusik bis Symphonie. Dazu kam dann Ende 2020 noch eine eigene CD mit zeitlos-virtuoser Volksmusik, die sie adventsbedingt "Oh stille mich, Du Fröhliche" nannten.

Vom Weihnachtsthema hatte Stefan Huber eigentlich genug. Von Kindesbeinen an hat er sich "in der Adventsrallye" mit einer eigenen Gruppe ein ordentliches Taschengeld verdient, bei "ziemlich ritualisierten" Adventssingen nach Salzburger Vorbild mit "Es wird schon glei dumpa" über das Kinderkrippenspiel bis zum kollektiven Andachtsjodler. Aber dann hatte eben der Huber Wast ausgerechnet eine Weihnachtsgeschichte parat ... sie spielten sie im Mai ein.

Sebastian Huber ist ein prima Volksschauspieler - und zudem auch Grafiker. (Foto: Kapelle So und So)

Trotzdem wird einem da beim Lesen, Anschauen und CD-Hören sowie Mitsingen der Texte und Noten am besten mit der ganzen Familie sehr weihnachtlich zumute. Denn so wenig es hier "stocksteif" zugeht, so wenig soll die Christnacht "durch den Kakao gezogen" werden, sagt Huber. Das sieht man auch an jenem Nazarener Paar, das hier die Nachtruhe des Eselsohrs stört. Josef macht trotz müder Hax'n Stimmung im Stall und gegen die "depperten G'schaftlrömer", was sich in einer Art schleppender Zirkusmusik spiegelt. Während die hochschwangere Maria ihren "lieben Josef mein" bittet, er möge nicht so lustig zu sein, sie trägt ja schwer an Würde und Verantwortung - ein kirchliches Marienlied, ein Bläserchoral mit Bach-Harmonien, erschien Huber und dem Mitkomponisten Wasti Höglauer am Flügelhorn hierbei angemessen.

Weil von der Volkszählung bis zum Schweifstern und den juchzenden Engeln und Hirten alles zumindest am Rande vorkommt, was in eine ordentliche altbairische Krippe gehört, wäre das "a sechane Mettn" geworden, also gerade als Live-Advents-Event. Aber als Selbst-Veranstalter konnten Kapelle und Vorleser ihre Tournee aufgrund der akuten Regeln nicht mehr stemmen. Sie mussten alles abblasen. Einmal aber wollen sie ihre Kripperlgeschichte nun ohne Publikum spielen, weil sie "eh schon alles auswendig können", und dann von Freitag, 17. Dezember, 20 Uhr, bis Sonntagabend bei Youtube einstellen. So ein gemeinschaftliches Gefühl kann Welten bewegen. So wie beim Esel, der eine tragende Aufgaben im Leben des Christkindes auf sich zukommen sieht. Wie in jeder Weihnachtsgeschichte geht es mit den Wundern am Ende ja erst richtig los.

Kapelle So & So und Sebastian Huber, "Auf Wiederkaun - eine musikalische Krippengeschichte" (Wast Edition), Stream am Freitag, 17. Dezember, auf Youtube

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