Finanzbranche:Investmentbanker erwarten super Bonus-Jahr

Finanzbranche: Auch die Deutsche Bank zahlt ihren Investmentbankern hohe Boni.

Auch die Deutsche Bank zahlt ihren Investmentbankern hohe Boni.

(Foto: Arne Dedert/picture alliance/dpa)

Den Bonus-Booster verdanken sie auch Staatshilfen: Europäische Investmentbanker steuern auf das beste Vergütungsjahr seit 2015 zu.

Von Meike Schreiber, Frankfurt am Main

Bis zu 3000 Euro Bonus sollen Pflegekräfte demnächst bekommen, als "wichtige Anerkennung für Menschen, die in der Pandemie Großartiges leisten". Großartiges geleistet haben nach eigenem Selbstverständnis auch viele Investmentbanker. Auch sie fordern nun höhere Boni, wenngleich die Maßstäbe in der Finanzbranche wie immer andere sind: Dort geht es bekanntlich um Sonderzahlungen im sechs- bis siebenstelligen Euro-Bereich, und wer nur fünfstellig kassiert, gilt bei einigen Instituten schon als Underperformer. Die Nachrichtenagentur Bloomberg sieht europäische Investmentbanker bereits auf die beste Bonus-Saison seit 2015 zusteuern.

Dass sich zu Beginn der Pandemie noch so mancher Finanzaufseher Sorgen um das weltweite Finanzsystem gemacht hatte? Vergessen und vorbei. Weltweit fuhren die Investmentbanken 2021 hohe Gewinne ein - auch dank des beherzten Eingreifens vieler Staaten, die sich wegen Corona mit vielen Milliarden verschuldeten und auch dank der Notenbanken, die die Finanzmärkte mit billigem Geld versorgten. Die Banken profitierten vor allem davon, dass deutlich mehr Unternehmen Anleihen begaben, an die Börse gingen oder Übernahmen planten, zugleich aber eben auch davon, dass wenig Firmen pleitegingen, kurz gesagt davon, dass die Wirtschaft insgesamt nicht zusammenbrach.

Dass sie die guten Geschäfte auch den staatlichen Hilfen verdanken, dürfte für viele Banker aber eher zweitrangig sein: Und so kann man in diesen Tagen wieder ein Phänomen beobachten, das alljährlich an den Finanzmärkten auftritt, dieses Jahr aber besonders intensiv gespielt zu werden scheint: Dabei füttern auskunftsfreudige Banker Finanzmedien mit Informationen, wie gut gefüllt der Bonuspool der Konkurrenz sei - ziemlich sicher in der Absicht, den eigenen Arbeitgeber unter Druck zu setzen: Die Investmentbank-Sparte der US-Großbank JP Morgan habe elf Prozent mehr zur Seite gelegt für Boni, vermeldete die Agentur Bloomberg aus "Finanzkreisen"; Goldman Sachs, so sei zu hören gewesen, habe sogar 34 Prozent mehr zurückgestellt. Die Deutsche Bank wiederum, so ließ am Freitag jemand die Nachrichtenagentur wissen, erwäge eine 20-prozentige Erhöhung des Bonuspools für Investmentbanker oder wie es in der Agentursprache hieß, geplant ist ein "Bonus-Booster für Dealmaker".

"Ein Krieg um die besten Köpfe"

Noch im Vorjahr sollten "Bonus-Booster" eigentlich ausfallen, zumindest hatten die Finanzaufseher mit Blick auf Corona da noch zu einer Mäßigung bei der Vergütung geraten. Nun aber scheint es kein Halten mehr zu geben: Bei der Deutschen Bank könnte der Bonuspool nun erneut auf mehr als zwei Milliarden Euro anwachsen - gar nicht schlecht für ein Institut, das immer noch im Umbau steckt und bislang nur vage Dividendenpläne hat. Bereits 2020 hatte die Deutsche Bank inklusive Halteprämien Boni in Höhe von 2,14 Milliarden Euro gewährt.

Und wie jedes Jahr heißt es auch jetzt, die Boni müssten quasi zwangsläufig so hoch ausfallen, der Wettbewerb sei hart, die Mitarbeiter andernfalls auf dem Absprung oder wie es James von Moltke, Finanzchef der Deutschen Bank, dieser Tage formulierte, es herrsche angeblich "ein Krieg um die besten Köpfe". Und natürlich sei das Geldhaus "wettbewerbsfähig in diesem Krieg". Tatsächlich hat auch die Deutsche Bank im Investmentbanking dieses Jahr zur Abwechslung ordentlich Geld verdient, klammert man aus, dass laufende Verluste aus dem Handelsbereich seit 2019 in eine interne Bad Bank gebucht wurden und damit den Geschäftsbereich nicht mehr belasten. Denn eines gehört einfach zur Tradition der Deutschen Bank: ihre Investmentbanker großzügig zu entlohnen. Gemessen am Börsenwert rangiert die Deutsche Bank unter Europas Banken zwar nur auf Platz 18, hat aber in diesem Konkurrenz-Vergleich mit großem Abstand die meisten Einkommensmillionäre in ihren Reihen.

Über allem schwebt nun die Frage, ob sich hier nicht ein Muster aus der Finanzkrise wiederholt, wonach staatliche Rettungsmaßnahmen für angeschlagene Unternehmen in der Regel vor allem wohlhabenden Bürgern zugutekommen, die Unternehmensanteile oder Anleihen besitzen oder im Finanzsektor arbeiten. "Im Laufe der Pandemie hat die Vermögensungleichheit erheblich zugenommen. Gleichzeitig kam es zu einer ungleichen Erholung nach der Krise", heißt es in einer aktuellen Studie des Vereins Finanzwende zur Größe des Finanzsektors. Die Folge: Die weniger wohlhabenden Bevölkerungsschichten, die im Verhältnis zu ihrem Einkommen auch eine höhere Steuerlast zu tragen hätten, müssten damit einen weitaus höheren Anteil an den Rettungsmaßnahmen tragen. "Sie leiden auch stärker unter den Kürzungen staatlicher Ausgabenprogramme, eine typische Maßnahme in Krisenzeiten, wie in vielen Ländern während der Finanzkrise von 2008 zu beobachten war".

Immerhin sind Banker-Boni seit der Finanzkrise strenger reguliert. 2009 hatten sich die Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf gewisse Regeln geeinigt: Die Bezahlung von Bankern sollte sich an langfristigen Gewinnen orientieren und nicht mehr das kurzfristiges Zocken belohnen. In der Folge wurde der fixen Vergütung ein höherer Stellenwert zugestanden. Seither dürfen Boni maximal 200 Prozent des Fixgehaltes ausmachen. Ein Teil der variablen Vergütung wird in der Regel auch erst später ausgezahlt. Mehr noch, seit einigen Jahren können Boni bei Fehlverhalten und Verlusten - rein theoretisch - sogar zurückgefordert werden. Das allerdings kommt nicht allzu häufig vor. "Auch auf Grundlage der überarbeiteten Vergütungsverordnung bleibt es arbeitsrechtlich noch immer schwierig, Boni zurückzuverlangen", sagt Bankenexperte Andreas Walter von der Kanzlei Schalast. Das passiere daher immer noch sehr selten, selbst wenn der Schaden der Bank relativ klar sei, weil die Aufsicht zum Beispiel ein Bußgeld verhängt habe. Gute Aussichten also für Investmentbanker.

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