Corona-Proteste:Uneins im Umgang mit Spaziergängern

Corona-Proteste: Impfgegner unterwegs: Am Spaziergang von Kritikern der Corona-Maßnahmen beteiligten sich in Fürstenfeldbruck zuletzt 24 Personen.

Impfgegner unterwegs: Am Spaziergang von Kritikern der Corona-Maßnahmen beteiligten sich in Fürstenfeldbruck zuletzt 24 Personen.

(Foto: Leonhard Simon)

Impfgegner und Kritiker der Pandemiemaßnahmen treffen sich immer wieder zu unangemeldeten Kundgebungen. Manche Kommunal­politiker wollen diese nur beobachten, andere wollen sie auflösen lassen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Seit einigen Wochen finden auch im Landkreis regelmäßig sogenannte Spaziergänge statt, deren Teilnehmer gegen die Corona-Maßnahmen protestieren. Sie könnten als reguläre Versammlungen angemeldet werden, sind es jedoch nicht. Die Kommunalpolitiker sind uneins, wie Polizei und Behörden damit umgehen sollen. "Wir beobachten das sehr genau", sagt Landrat Thomas Karmasin (CSU). Man versuche zu ermitteln, wer die Verantwortlichen seien. Bürgermeister und Landrat betonten das Recht zu demonstrieren und seine Meinung zu äußern, auch wenn es heißen sollte, die Erde sei eine Scheibe, wie Karmasin bemerkte. "Das ist mehr als ein Spaziergang, nämlich eine Versammlung, aber für eine Auflösung gibt es keinen rechtlichen Rahmen", betonte der Landrat. Sollten alle Teilnehmer ungeimpft sein, dürften sie jedoch nicht draußen zuhauf auftreten. Die Polizei müsse darauf achten, dass Abstände eingehalten werden. Karmasin geht davon aus, dass sich die Bewegung "totläuft", sobald die Corona-Welle wieder abebbt.

Für den Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) ist die Rechtsprechung klar, auch stille Proteste seien Demonstrationen, sagt er. Die Gesetzeslage werde "ausgehebelt" durch diese Spaziergänge. Aufgrund des Infektionsschutzes dürften die Leute nur in kleinen Gruppen auf den Gehsteigen laufen, nicht im Pulk. Demnach könnten solche unangemeldeten Umzüge nicht stattfinden. "Die Polizei muss das auflösen, da stehe ich dahinter", sagt Raff.

In Grafrath gab es bislang zwei sogenannte Spaziergänge, zu denen mit Flyern aufgerufen worden sei, berichtet Bürgermeister Markus Kennerknecht (parteifrei). Die Teilnehmer hinterließen am Rathaus Grablichter und Flyer. Außerdem seien Handzettel mit "kruden Botschaften" aufgetaucht, die zum Teil "der rechten Ecke" zuzuordnen seien. "Künftig werdet ihr es mit Wölfen zu tun haben", stand da zu lesen, und bei einer Impfaktion der Feuerwehr seien sämtliche Plakate zerfetzt worden. Kennerknecht vermutet, dass einige Teilnehmer der Protestzüge aus den umliegenden Gemeinden gekommen seien. Dass Anthroposophen maßgeblich beteiligt wären, die in Grafrath stark vertreten sind, würde er nicht sagen. Allerdings verweist der Bürgermeister darauf, dass die Querdenker-Partei "Die Basis" bei der Bundestagswahl mit 3,5 Prozent in der Gemeinde überdurchschnittlich viele Stimmen gewonnen hat. Solche Kundgebungen müssen angemeldet werden, betont Kennerknecht. Sollte gegen den Infektionsschutz verstoßen werden, müsse die Polizei diese auflösen, sagt er.

"Ich würde es laufen lassen", meint hingegen Martin Runge (Grüne), Zweiter Bürgermeister von Gröbenzell. In der Gemeinde hätten sich jeweils 30 bis 40 Personen versammelt, die in einem "seltsam anmutenden Gänsemarsch" durch die Straßen zogen. Den Mindestabstand hätten die Leute "einigermaßen" eingehalten, von denen gehe keine Gefahr aus. Ein restriktives Vorgehen hält Runge für überflüssig und kontraproduktiv. "Das würde das Misstrauen gegen den Staat verfestigen", warnt er. Runge sagt, dass es in Gröbenzell keine Hinweise auf eine Beteiligung von rechten Aktivisten gebe, es seien einige Eltern aus der Waldorfszene dabei gewesen, aber auch solche, die damit gar nichts zu tun hätten.

"Ein Spaziergang ist etwas anderes, ich tue mir schwer mit dieser Bezeichnung", sagte der Germeringer Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU). Er forderte Teilnehmer und Organisatoren auf, Verantwortung zu übernehmen und sich "nicht zu verstecken". Außerdem sollten sich die Demonstranten von Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern abgrenzen. Allerdings hat der Oberbürgermeister keine Erkenntnisse darüber, welche Personen in Germering an den Aktionen teilnehmen. Ihn stört, dass die Versammlungen vor dem Rathaus stattfinden, denn weder er noch der Stadtrat hätten direkten Einfluss auf die Maßnahmen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: