Kinderbetreuung:Testen auf Vertrauensbasis

Kinderbetreuung: Vor dem Besuch in der Kita müssen Eltern ihre Kinder drei Mal pro Woche testen.

Vor dem Besuch in der Kita müssen Eltern ihre Kinder drei Mal pro Woche testen.

(Foto: Ute Grabowsky/imago images/photothek)

Ab Montag sollen auch Kinder, die eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen, regelmäßig getestet werden. Verantwortlich dafür sind die Eltern, nicht die Erzieher. Das lasse Spielraum für Betrug, fürchten einige

Von Eva Waltl, Dachau

Annabelle Stey befürwortet die Testpflicht in Kinderbetreuungseinrichtungen - sowohl als Mutter, die die regelmäßigen Tests mit ihrem zweieinhalbjährigen Sohn durchführen muss, als auch als Erzieherin, die die Regelung ab kommendem Montag kontrollieren muss. Für die Vierkirchnerin bedeutet die Neuerung eine wichtige und längst überfällige Schutzmaßnahme für die Mitarbeiter in den Kinderbetreuungseinrichtungen. "Ich habe selbst einen Risikopatienten zuhause und möchte natürlich nicht alles mit nach Hause schleppen", sagt sie. Mit der Testpflicht soll nun das Infektionsgeschehen auch bei den Kleinsten besser kontrollierbar und eindämmbarer werden. Doch Kontrollen der Maßnahme sind genau das, was laut Stey fehlen.

Von kommenden Montag, 10. Januar, an gilt die Testpflicht sowohl in Kitas als auch bei Tageseltern. Eltern müssen ihre Kinder ab einem Jahr, die eine Kinderbetreuung wahrnehmen und nicht vollständig geimpft oder genesen sind, drei Mal wöchentlich testen und einen Nachweis in der jeweiligen Einrichtung vorlegen. Geschieht dies nicht, ist die Einrichtung dazu aufgerufen, das Kind von der Betreuung auszuschließen. Noch herrscht im Landkreis Dachau Uneinigkeit darüber, wie die Regelung im Kindergartenalltag umzusetzen ist. Der grundlegende Tenor aber ist dennoch nicht nur bei Stey ein positiver: Eine Testpflicht bedeutet mehr Sicherheit für alle Beteiligten - zumindest theoretisch.

Denn auch wenn die Grundstrukturen vom Freistaat festgelegt sind, entscheiden letztendlich die Gemeinden und Träger der Kinderbetreuungseinrichtungen selbst, wie die Testungen konkret in den jeweiligen Häusern umgesetzt werden. Bereits im Vorfeld haben die Einrichtungen an die Eltern Berechtigungsscheine ausgegeben, mit denen sie sich bei den Apotheken die Tests ohne Aufzahlung besorgen können. Max Haberl, Amtsleiter für Schule, Kinderbetreuung, Jugend, Soziales und Sport der Stadt Dachau, der für die Testungen der zwölf städtischen Kindertageseinrichtungen in Dachau zuständig ist, hat bereits einen konkreten Fahrplan ausgearbeitet: Die Eltern führen zuhause die Selbsttests an ihren Kindern durch und bestätigen in einem Schreiben mit ihrer Unterschrift, dass dieser ein negatives Ergebnis aufweist. Bei den städtischen Einrichtungen wird also einheitlich eine Unterschriftenliste vorgelegt. Dazu hätte man sich bewusst entschieden, erklärt Haberl, damit die Mitarbeiter nicht mit mitgebrachten Testkassetten, die die zweite Option des Freistaats wären, "hantieren" müssten, erklärt Haberl. Unabhängig davon, welchen Nachweis der Träger aber verlangt, bleibt es in beiden Fällen ein Verfahren auf Vertrauensbasis. Ein "tiefgründiges Überprüfen" sei, so Haberl, von Seiten des Freistaates nicht vorgesehen und auch nicht Aufgabe des Kindergartenpersonals. Man appelliere, ergänzt er, an einen ernsthaften Umgang der Eltern mit der Regelung.

Genau darin sieht Stey die große Schwachstelle. Sie selbst arbeitet als Erzieherin in einer Einrichtung im Landkreis, in der etwa 40 Kinder zusammen spielen. Bereits seit einigen Monaten hat die Kindergartenleitung die Eltern dazu aufgerufen, ihre Kinder regelmäßig zu testen, um ein sicheres Umfeld zu schaffen. "Ein Großteil der Eltern setzt das auch verantwortungsbewusst um", erklärt Stey. Dass dies nun zur Pflicht wird, findet Stey einen wichtigen Schritt, um flächendeckender Infektionsgeschehen eingrenzen zu können. Dennoch fürchtet sie, dass die Umsetzung vor allem für jene Eltern, die die Krankheit ohnehin nicht ernst nehmen, einen zu großen Spielraum für Betrug offen lässt, denn die Tests müssen nicht unter Aufsicht durchgeführt werden: "Es ist nicht vollständig durchdacht, denn diejenigen, die sich dagegen sträuben, werden sich durchmogeln können", sagt Stey.

Die Regelung also ist da, aber deren Durchführung noch unklar. Auch weil viele Kinderbetreuungseinrichtungen ohnehin mit einem Personalengpass zu kämpfen haben und nun mit der Kontrolle der Testnachweise ein Mehraufwand auf sie zukommt. Stey arbeitet mit ihren Kollegen in zwei Schichten. Am Vormittag ist ein Erzieher meist mit den Kindern alleine. Wie ein Mitarbeiter neben der Betreuung der Kinder nun auch noch der Kontrolle der Testpflicht nachkommen soll, ist für Stey ein Rätsel. "Es ist unglaublich schwierig. Wenn einer im Team krank ist, bricht alles zusammen", sagt sie. Auch Haberl befürchtet in den ersten Tagen nach den Weihnachtsferien ein "Rumpeln in den Einrichtungen." Denn die Regelung fordert die Bindung eines Mitarbeiters, was in "angespannten Personalsituationen" besonders prekär werde, so Haberl.

Auch das regelmäßige Testen wird sich in vielen Familien noch einspielen müssen. Maximilian Lernbecher, Dachaus Apothekensprecher und Inhaber der Oberen Apotheke in Dachau, findet, dass der Testvorgang vor allem für Kinder unter zwei Jahren eine Belastung sein könnte, weil man ihnen noch nicht erklären könne, was geschieht und warum dies notwendig ist. Je älter die Kinder aber seien, ergänzt er, umso leichter sollte Eltern der Umgang damit fallen. "Meine fünfjährige Tochter hat an den Tests einen Heidenspaß", sagt Lernbecher. Das bestätigt auch Stey, die ihren zweijährigen Sohn regelmäßig testet: "Mittlerweile macht er problemlos mit und findet es interessant, wenn plötzlich der Strich erscheint."

Doch auch wenn es noch einige Unklarheiten gibt im Umgang mit den Tests - zumindest der Vorrat ist sichergestellt. Lernbecher versichert, dass er und seine Kollegen gut gewappnet für den erwarteten Ansturm der Eltern seien. Bereits vor Beginn der Ferien bemerkte er eine große Nachfrage: "Wir haben in nur einer Woche in drei Apotheken mehr als 2500 Tests ausgegeben." In Bergkirchen sei kurzzeitig sogar der gesamte Vorrat leer gewesen. Für die kommenden Woche und die steigende Nachfrage hat sich Lernbecher daher vorbereitet: Erst diese Woche erhielt er eine Lieferung mit 2000 weiteren Schnelltests, womit immerhin 200 Kinder versorgt werden können. Dennoch weist er darauf hin, dass er Engpässe in einzelnen Apotheken nicht ausschließen könne und sich Eltern daher rechtzeitig um die Besorgung der Testmaterialien kümmern sollten.

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