Dokumentarfilm:Rudolph Moshammer, der König ohne Reich

Dokumentarfilm: Niemals ohne Daisy: Szene aus dem Film "Rudolph Moshammer - Der käufliche König", zu sehen beim Streamingdienst RTL+.

Niemals ohne Daisy: Szene aus dem Film "Rudolph Moshammer - Der käufliche König", zu sehen beim Streamingdienst RTL+.

(Foto: RTL)

Zum Todestag von Rudolph Moshammer gibt es einen neuen Dokumentarfilm. Darin wird die schillernde Münchner Persönlichkeit als Wegbereiter der LGBTQ-Gemeinde gefeiert. Zu Recht?

Von Josef Grübl

Mit Superlativen ist das so eine Sache: Bei ständigem Gebrauch klingt selbst das Größte, Beste, Allertollste nicht mehr ganz so super. Das sollte auch ein stadtbekannter Motivationstrainer wissen, der über einen ebenfalls stadtbekannten Boutiquenbesitzer aus der Maximilianstraße sagt: "Er war der bekannteste Münchner aller Zeiten." Kleiner scheint es für Erich Lejeune nicht zu gehen; er jubelt in einer neuen TV-Doku über Rudolph Moshammer ebenjenen dermaßen hoch, dass einem ganz anders wird. Moshammer sei ein "sehr intellektueller Herr" gewesen, ein "großartiger Vermarkter", sogar zeichnen habe er können. Und nach seinem gewaltsamen Tod am 14. Januar 2005 hat angeblich "die ganze Stadt getrauert". Das deckt sich zwar nicht ganz mit den eigenen Erinnerungen, solche Übertreibungen braucht es aber wohl, wenn die zu porträtierende Person etwas in Vergessenheit geraten ist und es zudem nichts Neues über sie zu berichten gibt.

Dokumentarfilm: Auch Mosi war mal jung: Der deutsche Modeschöpfer Rudolph Moshammer in der Badewanne.

Auch Mosi war mal jung: Der deutsche Modeschöpfer Rudolph Moshammer in der Badewanne.

(Foto: Otfried Schmidt)

Rudolph Moshammer war in seinen späten Jahren das Medienphänomen "Mosi", bekannt wurde er aber als Modemacher. Das ist insofern bemerkenswert, da seine Kreationen selbst in den geschmacksunsicheren Achtzigerjahren mit dem Begriff Mode schwer in Einklang zu bringen waren. Das glich sich nur dadurch aus, dass er auch kein Macher war - die meisten der kreischend bunten und protzigen Teile wurden zugekauft und geringfügig verändert. Das alles weiß das Fernsehpublikum spätestens seit dem ARD-Film "Der große Rudolph" aus dem Jahr 2018, mit Thomas Schmauser in der Titelrolle. Für die knapp einstündige Dokumentation "Rudolph Moshammer - Der käufliche König", die der Streamingdienst RTL+ zum 17. Todestag herstellen ließ, musste man sich also etwas Neues einfallen lassen - Archivaufnahmen und Statements von Weggefährten wie Roberto Blanco, Birgit Bergen oder Michael Graeter reichen heute nicht mehr.

Die Dragqueen "Bambi Mercury" führt durch den Film

Also schickte man einen jungen Mann aus Berlin, der als bärtige Dragqueen mit dem schönen Namen "Bambi Mercury" auftritt, nach München. Dort stolziert er wie eine aufgedonnerte Mischung aus König Ludwig II., Mosi und Graf Zahl durch den Hofgarten, pilgert zum Mausoleum im Ostfriedhof oder fährt mit dem Rolls Royce durch die Maximilianstraße. Darüber hinaus fungiert er als Moshammer-Kenner, auch wenn er diesen altersbedingt nur noch vom Hörensagen kennt.

Dokumentarfilm: Rudolph Moshammer (links) mit seinem Geparden in seinem Geschäft 1968.

Rudolph Moshammer (links) mit seinem Geparden in seinem Geschäft 1968.

(Foto: Otfried Schmidt)

"Ohne ihn hätte sich vielleicht einiges anders entwickelt", spekuliert Bambi Mercury. Mosi habe sich zwar nie geoutet, man habe aber viel über seine Homosexualität gemunkelt - das sei doch auch etwas. Insofern könne man ihn als Wegbereiter für die LGBTQ-Szene bezeichnen. "Heute ist die Welt offener", so der junge Mann aus Berlin, "heute kann man über seine Sexualität sprechen." Das konnte man aber auch schon vor Jahrzehnten, andere Prominente aus weitaus weniger schillernden Gesellschaftskreisen haben das vorgemacht.

Rudolph Moshammer wollte das nicht, was in Ordnung ist, niemand sollte zu einem Outing gezwungen werden. Wenn man dann aber eine Archivaufnahme sieht, in der er beklagt, wie furchtbar es sei, wenn jemand Sexualität kaufen müsse, bekommt das Ganze eine tragische Note. Fuhr er doch selbst nachts im Rolls Royce durch die Stadt und bot jungen Männern für sexuelle Gefälligkeiten Geld an - am Ende kostete ihn eine solche Vereinbarung das Leben. "Ich hatte stets gehofft, dass er mehr für die homosexuelle Szene tut", sagt der Gastronom Dietmar Holzapfel in der Doku. Das tat Moshammer aber nicht. Er war an der Inszenierung der eigenen Kunstfigur interessiert, er wollte beliebt und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sein, sich für Obdachlose einsetzen, mit feinen Damen auftreten oder mit Hündin Daisy schmusen.

Modemacher Rudolph Moshammer tot,

Die wichtigste Frau in seinem Leben: Mutter Else.

(Foto: dpa)

In seinen besten Zeiten war Mosi ein bekannter Münchner, vielleicht sogar der bekannteste. Als Wegbereiter für die LGBTQ-Gemeinde, die für einen offenen Umgang mit Geschlechtsidentitäten steht, für Vielfalt, Diversität und gegen Selbstverleugnung, ist er aber eine Fehlbesetzung.

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