Januar:Der Montag unter den Monaten

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Trostloser Anblick im Januar: entsorgte Christbäume auf einem Haufen am Straßenrand. (Foto: Robert Haas)

Der Januar wird jedes Jahr aufs Neue verklärt. Zeit, damit endlich aufzuhören.

Glosse von Christiane Lutz

Dass der Januar der schlimmste aller schlimmstmöglichen Monate ist, wird leider weiterhin von der Mehrheit der Bevölkerung verdrängt. Im Coolness-Ranking rangiert der Januar zwischen Platz elf und zwölf, unterboten höchstens noch vom Februar, definitiv aber liegt er hinter November und März. Aufgeklärte nennen den Januar zurecht den "Montag unter den Monaten": mühsam und vergeblich. Das gesamte Œuvre dieses Monats speist sich nämlich aus diesem gigantischen, jährlich wiederkehrenden Missverständnis: Alles neu macht der Januar.

Weihnachtsmuffel sind heilfroh, dass es sich ausgeglitzert hat. Sie schleifen ihre halbvertrockneten Weihnachtsbäume spätestens am 1. Januar auf einen dieser Haufen, deren Anblick zum Allertrostlosesten gehört, was man in einem Münchner Leben zu sehen bekommt. Da muss man an das Märchen von Hans Christian Andersen über den Tannenbaum denken, der vom Weihnachtsabend träumte und dann nach einem Moment des Glanzes weggeworfen und schließlich verbrannt wird.

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Darauf erst mal einen Drink. Ach nein, geht ja nicht, weil man ja "Dry January" macht, also ein Januar ohne Alkohol. Auch so ein Projekt, in das sich Münchner euphorisch stürzen. Alternativ begehen sie einen "Veganuary", einen veganen Januar, melden sich zu "30 Tage Yoga-Challenges" an und schließen seltsame Verträge in Fitnessstudios ab, die diese "exklusiv zum neuen Jahr" anbieten.

Den Januar halten sie für ein jungfräuliches Blatt Papier, auf dem sie glauben, eine bessere Version ihrer selbst entwerfen zu können. Die Enttäuschung ist bei den meisten dann umso größer, wenn sie jedes Jahr völlig überrascht feststellen, dass der Januar gar nix neu macht. Dass etwa auch im Januar gestorben wird, obwohl man doch auf die Ernährung achtet. Allein in der vergangenen Woche sind drei Münchner Originale gestorben, Ali Mitgutsch, Herbert Achternbusch und einer der Hotpant-Zwillinge, deren Œuvre wiederum sich aus großer, eigenwilliger Kunst speist und ohne die diese Stadt noch weniger glänzt. Nicht auszumalen, was da noch folgt, ein paar Tage Januar bleiben noch.

Nüchtern ("Dry January!") betrachtet ist der Januar also eher müde, grau, blass, wie der Morgen nach dem Feste, nicht leer, nur leergefegt, weil die fleißige Münchner Abfallwirtschaft schon um 6.30 Uhr mit diesen enervierend lauten Straßenreinigern durchgefeudelt hat. Die Luft ist schlecht, überall hängt Feinstaub. Man kauft überteuerte Tulpen, weil man annimmt, es gehe längst wieder aufwärts, aber auch das täuscht, denn der Frühling ist im Januar genauso fern wie der letzte Sommer.

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