Erwachsenenbildung:So wenig wie möglich absagen

Erwachsenenbildung: Auf Online- oder Hybridunterricht sind die Volkshochschulen in den vergangenen zwei jahren von ihrem bis dahin reinen Präsenzunterricht umgestiegen.

Auf Online- oder Hybridunterricht sind die Volkshochschulen in den vergangenen zwei jahren von ihrem bis dahin reinen Präsenzunterricht umgestiegen.

(Foto: Florian Peljak)

Nach zwei Jahren Lehren und Lernen in der Pandemie haben die Volkshochschulen viel Erfahrung gesammelt. Für das Sommersemester planen sie zwar wieder grundsätzlich mit Präsenzunterricht, sind aber auf Online- und Hybridkurse gut vorbereitet.

Von Lukas Koperek, Landkreis München

Nur noch halb so viele Kursteilnehmer, Einnahmeausfälle von mehreren hunderttausend Euro - die Volkshochschulen im Landkreis München leiden seit zwei Jahren unter Corona. Aber die Pandemie hat nicht nur Schlechtes gebracht: Der Zwang zum Online-Unterricht löste bei den Einrichtungen der Erwachsenenbildung auch Innovationen aus, wie zum Start des Frühjahr- und Sommersemesters in wenigen Wochen einmal mehr deutlich wird.

"Die Pandemie war auch eine Chance für uns, digitaler zu werden", sagt etwa Silvia Engelhardt, die Geschäftsführerin der Volkshochschule in Taufkirchen. Hybridkurse sind das Format der Stunde: teils online, teils in Präsenz, je nach aktueller Verordnung und Bedarf der Teilnehmer. "Dadurch sind wir auch inklusiver geworden", so Engelhardt. "Zum Beispiel kann es für körperlich beeinträchtigte Personen deutlich einfacher sein, einen Kurs von zu Hause aus zu belegen."

Erwachsenenbildung: Silvia Engelhardt, die Chefin der VHS Taufkirchen, sieht auch Chancen und Vorteile in den neuen Unterrichtsformen.

Silvia Engelhardt, die Chefin der VHS Taufkirchen, sieht auch Chancen und Vorteile in den neuen Unterrichtsformen.

(Foto: Claus Schunk)

Das funktioniere allerdings nur bei Kursen, die theoretisches Wissen vermitteln. "Als wir am Anfang schließen mussten, haben wir alles, was online ging, auch gleich online weitergemacht. Aber es gibt natürlich auch Bereiche, die nicht online gehen, Gold- und Silberschmieden, Töpfern und so weiter. Das macht keiner von zu Hause aus."

Engelhardt leitet seit 2015 die Volkshochschule Taufkirchen, vorher war sie als Leitung des Fachbereichs Gesellschaft und Kultur an der Volkshochschule in Haar. Das Kursangebot, sagt sie, orientiere sich immer auch an aktuellen gesellschaftlichen Themen: "Wir haben im kommenden Semester das Schwerpunktthema Nachhaltigkeit." So soll es etwa einen Kurs zum Thema "Slow Fashion" geben - einem Gegenentwurf zur vielfach kritisierten "Fast Fashion".

Mit solchen Angeboten verbunden ist auch die Hoffnung auf wieder steigende Anmeldezahlen. Während es 2019 noch 772 Lehrveranstaltungen mit insgesamt 11 728 Teilnehmern in Taufkirchen gab, waren es im Pandemiejahr 2020 etwa 200 Kurse weniger und nur noch die Hälfte der Teilnehmer. 2021 bot kaum Verbesserung. Dies wirkte sich auch auf die Zahl der Lehrkräfte aus, die überwiegend auf Honorarbasis arbeiten. "Es sind definitiv weniger geworden", sagt Engelhardt. "Einige haben schon in der ersten Welle 2020 gemerkt, dass es für Freiberufler schwierig wird, und sich eine Festanstellung gesucht. Von anderen mussten wir uns dann wegen der 2-G-Regelung trennen." Der finanzielle Verlust der beiden Pandemiejahre belaufe sich im Vergleich zu 2019 auf etwa ein Drittel, doch dieser sei durch die staatlichen Hilfen zum Großteil kompensiert worden.

Die Volkshochschule im Norden des Landkreises München musste ebenfalls einen Rückgang an Kursteilnehmern verzeichnen. "Zum Teil bis zu 40 Prozent", sagt Lothar Stetz, Direktor und Fachbereichsleiter in Ismaning. Die finanziellen Einbußen beziffert er auf 200 000 bis 300 000 Euro für jedes der beiden Pandemiejahre. Dennoch sei es ihm wichtig gewesen, den Normalbetrieb möglichst aufrechtzuerhalten. "Unsere Haltung ist, dass wir so wenig wie möglich absagen. Wir haben immerhin einen Bildungsauftrag und eine Verpflichtung gegenüber 600 bis 800 Dozenten pro Semester."

Erwachsenenbildung: Lothar Stetz, der Leiter der VHS Nord, plant fürs Sommersemester wieder zum größten Teil mit Präsenzveranstaltungen.

Lothar Stetz, der Leiter der VHS Nord, plant fürs Sommersemester wieder zum größten Teil mit Präsenzveranstaltungen.

(Foto: Florian Peljak)

Auch für die VHS im Norden bestand die Lösung darin, Kurse im Hybridformat anzubieten. "Das kommende Semester ist zum größten Teil mit Präsenzveranstaltungen geplant", so Stetz. "Davon können die meisten aber problemlos online gemacht werden." Hybridkurse seien auch für die Zukunft nach der Pandemie eine Option. "Wir haben viel aus der Situation gelernt. Einige Kompetenzen werden wir sicher beibehalten."

Veronika Wagner, die Geschäftsführerin der Volkshochschule Würmtal, berichtet von sinkenden Teilnehmerzahlen "um 30 bis 40 Prozent". "Wir mussten natürlich viel umstellen. Schon eine Woche, nachdem der erste Lockdown verhängt wurde, haben wir Online-Unterricht gehabt." Als Ergänzung zum gängigen Hybridkurs-Format habe man an der VHS Würmtal flexible "Switch-Kurse" eingeführt, die als Präsenzveranstaltungen geplant, bei Bedarf aber vollständig online abgehalten werden können. Das sei auch besonders für das kommende Semester von Bedeutung: "Erstmal haben wir geplant, in Präsenz anzufangen. Aber wir müssen gucken, wie sich die Regelungen entwickeln."

Im Würmtal beginnt das neue Semester am 7. März. Auch hier gibt es Themenschwerpunkte, die aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln. "Das Thema Nachhaltigkeit haben wir schon seit Längerem", sagt Wagner, die seit neun Jahren Leiterin der VHS ist. "Ein weiterer großer Fokus liegt auf der Verbraucherbildung, beispielsweise auf den Themen Finanzanlage und EDV, auch gerade für ältere Kursteilnehmer." An Lehrkräften wird es voraussichtlich nicht mangeln: "Es gibt natürlich Kursleiter, die sich umorientiert haben. Aber ich kann nicht behaupten, dass viele ihre Tätigkeit bei uns eingestellt haben."

Erwachsenenbildung: Lourdes María Ros de Andrés kam zur VHS Haar, als die Pandemie gerade begann.

Lourdes María Ros de Andrés kam zur VHS Haar, als die Pandemie gerade begann.

(Foto: Claus Schunk)

Ein großes Problem für die Erwachsenenbildung liegt laut Lourdes María Ros de Andrés, der Leiterin der Volkshochschule Haar, während der Corona-Zeit darin, dass auch außerhalb der Lockdowns harte Maßnahmen für Versammlungen galten. "Wir waren in den letzten zwei Jahren etwa die Hälfte der Zeit im Lockdown", sagt sie. "Aber auch in der anderen Hälfte hatten wir nur halb so viele Kapazitäten." Teilnehmerbeschränkungen, Abstandsregeln, jetzt 2 G und 2 G Plus - "das konnten wir nur auffangen, indem wir sehr schnell online gegangen sind". Dennoch habe sich die Teilnehmerzahl in den zurückliegenden zwei Jahren ungefähr halbiert. Aber: "In Anbetracht der Regelungen sind wir froh, dass die Hälfte noch da ist."

Schon jetzt gebe es für das Sommersemester, das am 21. Februar beginnt, 2200 Anmeldungen, berichtet Ros de Andrés. Flexibel bleiben - das ist die Devise für Veranstaltungen. Kurse, die aufgrund der aktuellen Corona-Regelungen noch nicht vollständig stattfinden können, sollen nach und nach, mit dem Fallen der Maßnahmen, weiter ausgebaut werden.

Ros de Andrés hat die Leitung in Haar erst im Mai 2020 übernommen, mitten in der ersten Welle der Pandemie. "Für die Digitalisierung waren die beiden Jahre ein Entwicklungsschub", sagt sie. "Viele haben das schätzen gelernt." Einige der neuen Entwicklungen wolle man daher auch in nachpandemischer Zukunft beibehalten, auch wenn digitale Lehre den Präsenzunterricht nie ganz ersetzen werde: "Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig Volkshochschulen als Orte des lebenslangen Lernens sind - und der lebendigen Begegnung und Gestaltung der Gesellschaft", sagt Ros de Andrés.

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