Coronavirus:Omikron-Welle erreicht die Krankenhäuser 

Zufahrt zu einem Krankenhaus

Fachleute rechneten wieder mit einem sprunghaften Anstieg von Covid-Infizierten in den Notaufnahmen.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Die Zahl der Corona-Neuaufnahmen auf den Intensivstationen steigt erstmals seit der Delta-Welle wieder. Das Nadelöhr sind aber die zunehmend ausgelasteten Normalstationen.

Von Markus Hametner, Sören Müller-Hansen und Marie-Louise Timcke

Die Krankenhäuser müssen wieder mehr Corona-Infizierte behandeln. Zum ersten Mal seit Abflauen der Delta-Welle im Frühwinter steigen zwei Corona-Indikatoren für die Belastung des Gesundheitssystems wieder an. Sowohl die Hospitalisierungsinzidenz als auch die Neuaufnahmen von Patientinnen und Patienten mit Covid-19 auf die Intensivstationen waren nach einem schnellen Anstieg im November zunächst ebenso schnell wieder gesunken. Seit die Omikron-Variante das Infektionsgeschehen dominiert, steigen diese Werte erneut.

Diese Entwicklung war zu erwarten: Die Neuinfektionen steigen seit Wochen. Mit Verzögerung trifft die Omikron-Wand nun auch die Krankenhäuser. Experten rechneten bereits mit einem sprunghaften Anstieg von Covid-Infizierten in den Notaufnahmen. Seit einigen Tagen steigen die gemeldeten Zahlen nun, auch die von der SZ erstellte "Nowcast"-Schätzung der Hospitalisierungsinzidenz steigt steil an.

Die Schätzung ist zusätzlich nötig, da die aktuelle Hospitalisierungsinzidenz allein die Belastung der Krankenhäuser kaum widerspiegeln kann. Der jeweilige Tageswert besagt lediglich, wie viele Menschen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen positiv auf Corona getestet und in eine Klinik eingeliefert wurden. Entscheidend ist hier der Test - und nicht die Krankenhauseinweisung. Kommt eine Person heute ins Krankenhaus, wird sie nicht für den heutigen Tag zur Hospitalisierungsinzidenz gezählt, sondern am Tag ihres positiven Corona-Tests. Der aber kann schon weitaus länger als sieben Tage zurückliegen und fällt somit aus der aktuellen Inzidenzberechnung heraus. Auch die teilweise auf Faxgeräte gestützte Meldekette führt zu Verzögerungen. Die Folge: Die Hospitalisierungsinzidenz unterschätzt die tatsächliche Belastung in den Kliniken deutlich. Es kam bereits vor, dass die vom Robert-Koch-Institut gemeldete Hospitalisierungsinzidenz zwei Wochen später auf das Doppelte korrigiert wurde.

Ob aktueller Wert oder Schätzung: Auffällig ist, wie stark derzeit die Jüngsten von der Entwicklung betroffen sind. Obwohl die Inzidenz der Neuinfektionen unter den Fünf- bis 14-Jährigen am höchsten ist, sind es die Kleinkinder bis fünf Jahre, die nach den über 65-Jährigen am häufigsten ins Krankenhaus müssen. Nach den Schätzungen liegen derzeit 5,9 bis 7,5 von 100 000 unter Fünfjährigen mit einer Coronavirus-Infektion in deutschen Krankenhäusern. Ob sie dort wegen der Infektion behandelt werden müssen oder die Infektion nur eine Begleitdiagnose einer anderen Erkrankung ist, geht aus den Daten nicht hervor. Auch der Blick ins Ausland zeigt, dass viele Infektionen mit dem Coronavirus erst im Krankenhaus entdeckt werden, die Infektion also häufig gar nicht der Grund für die Einweisung war. In England wurde in der vergangenen Woche nur etwa die Hälfte der Corona-Patienten hauptsächlich wegen ihrer Covid-19-Erkrankung behandelt.

Wie hoch die Belastung durch Omikron auf den Intensivstationen wird, lässt sich bislang noch nicht abschätzen. Das Nadelöhr dürften aber die Normalstationen sein. Der Expertenrat der Bundesregierung geht in seiner dritten Stellungnahme davon aus, dass das "Ausmaß der Krankenhausbelastung entscheidend von den Inzidenzen in der Gruppe der ungeimpften Erwachsenen und der über 50-Jährigen abhängen" werde. In diesen Gruppen seien die Inzidenzen noch vergleichsweise niedrig, allerdings sei nach der Erfahrung aus den vorherigen Wellen davon auszugehen, dass auch sie sich bald häufiger infizieren. Deshalb warnt der Expertenrat vor "sehr vielen Krankenhausaufnahmen", wenn die Inzidenzen weiterhin steigen.

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