Podcast "Anne Frank":Für die Jungen

Podcast "Anne Frank": Anne Frank führte Buch über ihr Leben im Versteck.

Anne Frank führte Buch über ihr Leben im Versteck.

(Foto: Imago Images)

In "Anne Frank - Der Podcast" lesen österreichische Prominente wie Austrofred aus dem berühmten Tagebuch.

Von Stefan Fischer

Gerade hat es einen vielstimmigen Aufschrei der Empörung gegeben angesichts der These, dass Anne Frank von einem Juden an den Sicherheitsdienst der Nationalsozialisten in den Niederlanden verraten worden sei und dieser dadurch ihre Ermordung im Konzentrationslager Bergen-Belsen verschuldet habe. Vertreten wird die auf sehr dünnen Indizien fußende Anschuldigung in einem Buch, das im März auch in deutscher Übersetzung erscheinen soll unter dem Titel "Der Verrat an Anne Frank - Eine Ermittlung". Der niederländische Verlag Ambo Anthos, der den Eklat mit seiner Publikation des Titels ausgelöst hatte, hat sich inzwischen für das Buch entschuldigt. Wissenschaftlich ist die These vom jüdischen Täter als nicht haltbar abqualifiziert.

Doch sie ist in der Welt und hallt nach. Yves Kugelmann, Sprecher des von ihrem Vater Otto Frank gegründeten Anne-Frank-Fonds, verurteilt die Behauptung, ein Jude habe Anne Frank verraten, deshalb als einen "der fulminantesten Verschwörungsmythen und wirkungsvollsten Antisemitismus-Booster seit Langem". An diesem Punkt setzt Anne Frank - Der Podcast an: Statt zu spekulieren und damit bestehende Vorurteile und Falschbehauptungen noch zu unterfüttern, leistet die österreichische Produktion auf ganz grundständige Weise Aufklärung. Und zwar vor allem für jene durchaus vielen und überwiegend jungen Menschen, die wenig oder überhaupt keine Ahnung haben, wer Anne Frank war, was Antisemitismus genau ist und welches Menschheitsverbrechen in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern begangen worden ist.

Es lesen Blogger wie ena.maria.b und Influencer wie Rafi Veni

Im Kern bietet der Podcast eine Lesung des Tagebuchs von Anne Frank. Entscheidend ist, wer liest: Das Buero Butter, ein Konzept- und Designstudio in Wien, das unter anderem auch das Faktencheck-Portal des österreichischem Nachrichtenmagazins Profil gestaltet und eine Kampagne für Amnesty International, konnte für sein Podcast-Projekt 46 Personen gewinnen, die vor allem einem jugendlichen Publikum vertraut sind: der Influencer Rafi Veni, die Bloggerin ena.maria.b, Musiker wie Austrofred und Schauspielerinnen wie Lisa Tritscher lesen jeweils einige der Tagebucheinträge. Unter den Sprechern sind auch der Kabarettist Josef Hader, Danielle Spera, die Direktorin des jüdischen Museums in Wien, sowie der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Noch ergiebiger, als sich den Podcast über eine der gängigen Plattformen anzuhören, ist es, direkt auf die Webseite annefrank.digital zu gehen. Dort scrollt man entlang einer Zeitleiste und bekommt regelmäßig zentrale Informationen in Text und Bild über den Stand der nationalsozialistischen Judenpolitik, den Fortgang des Weltkrieges und die Situation in Amsterdam, der Stadt, in der das Mädchen Anne Frank mit ihrer Familie im Sommer 1942 untergetaucht war in der Hoffnung, so der Deportation durch die Nazis zu entkommen. Auf diesem Zeitstrahl sind auch die Lesungen der einzelnen Tagebuch-Einträge verbaut, die somit kontextualisiert werden. Bis ein Bild von dem Mädchen entsteht, das einmal Schriftstellerin werden wollte.

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:"Einer der wirkungsvollsten Antisemitismus-Booster"

Im März erscheint ein Buch, das behauptet, Anne Frank sei von einem Juden verraten worden. Experte Yves Kugelmann hält die Theorie für einen fulminanten Verschwörungsmythos - und für brandgefährlich.

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