SZ-Kolumne "Mitten in ...":Land der Dichter und Lenker

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Bei einer Taxitour durch Buenos Aires sollte man das Geschwätz des Fahrers besser nicht für bare Münze nehmen. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Buenos Aires

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

"Zum Flughafen?", fragt der Taxifahrer und schüttelt mitleidig den Kopf. Und dann, während er sein Auto durch die von Wirtschaftskrisen löchrig gewordenen Straßen von Buenos Aires manövriert, erklärt der Mann, dass es mal wieder eine Großdemo in der Innenstadt gebe. "Proteste, Straßenblockaden: Jeden verdammten Tag ist das jetzt so!", flucht er und drückt aufs Gas. Die Wut steigt, die Geschwindigkeit auch, in Rekordzeit ist man am Flughafen, von Demonstranten keine Spur. "Alles Faulpelze", schimpft der Taxifahrer trotzdem. "Statt demonstrieren sollten die mal arbeiten gehen!" Kaum hat man dann das Terminal betreten, hört man Sprechchöre und Trommeln. Die Proteste finden vor dem Schalter einer Fluglinie statt. Ehemalige Mitarbeiter demonstrieren hier. Auf ihren Transparenten steht: "Alles, was wir wollen, ist arbeiten." Christoph Gurk

Mitten in ... Haar

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Abwechslung in der Quarantäne mit Kleinkindern bringt der Tag, an dem man endlich zum Freitesten die Wohnung verlassen darf. Das Testzentrum auf dem alten Kasernengelände in Haar ist bekannt dafür, dass man dort ohne Termin hinkommen kann. Zwischen den Absperrgittern, die Ordnung in die Schlangen der Wartenden bringen sollen, fragen Sicherheitsleute ab, ob man überhaupt berechtigt ist, einen der begehrten kostenlosen Tests zu bekommen. "Ich habe jemanden getroffen, der jetzt positiv ist", sagt ein Mann. "Wen denn?", will der Sicherheitsmann es genauer wissen. "Meine Ex-Frau", lautet die knappe Antwort. Ein zweiter Sicherheitsmann kommt neugierig hinzu: "Hatten Sie sich denn etwas zu sagen?" Der Mann druckst ein bisschen herum: "Nun ja." Daraufhin winken ihn die beiden grinsend durch. Kerstin Lottritz

Mitten in ... Nagano

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Die Fahrt nach Hakuba ist wieder ein Beweis für die Präzision der japanischen Bahn. Allerdings anders als gedacht. Pünktlich am Umsteigeort Itoigawa teilt das Bahnhofspersonal nämlich mit, dass der Zug Richtung Hakuba ausfalle. Das Bahnhofspersonal in Omiya, dem Abfahrtsort der Reise, entschuldige sich dafür, dass es darüber nicht informiert habe. Mit einem Set neuer Tickets schickt man mich auf eine andere Route über Nagano. In Nagano rätselt eine Dame vom Bahnhofspersonal am Zugang zu den Gleisen über die neuen Tickets. Und zwar bis kurz nach 18.10 Uhr, sodass ich nur noch das Türenschließen des pünktlichen 18.11-Uhr-Zuges erlebe. Die Dame entschuldigt sich und löst die Krise mit japanischer Gründlichkeit. 45 Minuten später erstattet sie das Fahrgeld zurück und empfiehlt eine neue Route. Hakuba wird um 21.20 Uhr erreicht. Mit dem Bus. Thomas Hahn

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