Tanken:Warum Diesel jetzt teurer ist als Benzin

Tanken: Immer weiter nach oben: Preise für Kraftstoffe, gesehen an einer Kölner Tankstelle.

Immer weiter nach oben: Preise für Kraftstoffe, gesehen an einer Kölner Tankstelle.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Das seltene Phänomen hat mit der hohen Nachfrage nach Heizöl zu tun - aber nicht nur. Was Autofahrer nun tun sollten und wie es mit den steigenden Spritpreisen weitergehen könnte.

Von Andreas Jalsovec

Tanktouristen sind für Patrick Deuring nichts Außergewöhnliches. Der Geschäftsführer der Deuring Tankstellen GmbH betreibt eine Station im österreichischen Hörbranz. Es ist die erste, an der Autofahrer vorbei kommen, wenn Sie von Lindau aus ins Nachbarland fahren. "Gerade sind sehr viele auf der Suche nach günstigem Sprit", berichtet Deuring. Und in Österreich werden deutsche Autofahrer derzeit eher fündig als zu Hause.

Bei 1,72 Euro lag der Preis für Diesel und Benzin am Montagvormittag an Deurings Tankstelle. Das sind fast 30 Cent weniger, als Kraftstoffe in Deutschland kosten. Bundesweit lag der Preis für ein Liter Super E10 nach Angaben des Automobilclubs ADAC am vergangenen Sonntag im Schnitt bei knapp 1,97 Euro, bei Diesel waren es gut 1,98 Euro. Am Montagvormittag dann sprang er in vielen Großstädten über die zwei Euro-Marke: In München kostete E10 nach Angaben des Preisportals "Clever-Tanken.de" durchschnittlich 2,02 Euro, ebenso in Berlin. In Köln waren es 2,03 Euro, in Hamburg 2,01 Euro.

Viele Verbraucher tanken gerade Heizöl nach

"So hoch waren die Preise noch nie", sagt ein ADAC-Sprecher . Bundesweit sei Diesel dabei mittlerweile teurer als E10, ein Phänomen, das es bislang nur sehr selten gab - etwa im Herbst 2008. Ein Grund dafür sei die hohe Nachfrage nach Heizöl, so der Sprecher. Der Brennstoff ähnelt dem Diesel sehr stark, und im Herbst und Winter ist die Nachfrage nach Heizöl stets relativ hoch. Diesel wird daher teurer, sein Preis nähert sich dem Benzin an. Das sei in dieser Zeit immer so, sagt der Sprecher. Wegen der Unsicherheit jedoch, wie es mit den Energiepreisen weitergeht, tanken derzeit besonders viele Verbraucher Heizöl nach. Das treibt den Dieselpreis stärker nach oben als sonst.

Hinzu kommt ein zweiter Faktor: Viele Firmen importieren wegen des Ukraine-Kriegs weniger Diesel aus Russland. Von dort stammte nach Angaben des Branchenverbands "Fuels und Energie" etwa ein Neuntel des deutschen Dieselbedarfs von 35 Millionen Tonnen im Jahr 2021. Der Käuferstreik beim russischen Diesel lässt den Preis ebenfalls schneller ansteigen, als das beim Benzin der Fall ist.

Grundsätzlich jedoch steht hinter dem Anstieg der Spritpreise vor allem der hohe Ölpreis. Um mehr als 30 US-Dollar haben die Notierungen für die Rohölsorte Brent seit Beginn des Ukraine-Konflikts zugelegt. Der drohende Importstopp für russisches Öl trieb den Preis für ein Barrel (159 Liter) am Montag zeitweilig auf fast 140 Dollar (knapp 129 Euro). Mehr als ein Drittel der deutschen Ölimporte stammt aus Russland. "Das teure Rohöl spielt eine massive Rolle bei der Entwicklung der Kraftstoffpreise", sagt der Sprecher des Branchenverbands "Fuels und Energie". Eine Prognose, wie es weitergeht, will er nicht wagen. "Wir rechnen aber damit, dass die Situation in nächster Zeit angespannt bleibt." Auch der ADAC hält sich mit Vorhersagen beim Spritpreis zurück. Die aktuelle Entwicklung zeige jedoch, dass die Preise weiter steigen könnten: "Wenn der Ölpreis nach oben geht, werden auch die Spritpreise weiter zulegen", so der ADAC-Sprecher.

Besser am Abend als am Morgen tanken

Er rät Autofahrern, regional nach günstigen Tankstellen Ausschau zu halten. Tatsächlich sind zwischen den einzelnen Stationen Preisunterschiede von 6 Cent je Liter drin- mitunter sogar mehr. Vergleichen lassen sich die Preise am bequemsten mit einer App fürs Handy. Außerdem lohnt es sich laut ADAC, am Abend statt am Morgen zu tanken. Auch da ließen sich sieben bis acht Cent pro Liter sparen. Am günstigsten ist Kraftstoff zwischen 18 und 19 Uhr und zwischen 20 und 22 Uhr. Und: Wichtig sei eine spritsparende Fahrweise, so der ADAC-Sprecher. "Das Auto vor einer Ampel ausrollen lassen, niedertourig fahren, die Bremswirkung des Motors nutzen, den Skiträger nach dem Urlaub vom Dach nehmen: Da gibt es eine Menge Dinge, die man tun kann."

Das Tanken im Ausland dagegen ist nur dann sinnvoll, wenn man in Grenznähe wohnt oder ohnehin dort unterwegs ist. "Ich muss mir schon genau überlegen, wie weit ich für eine Tankfüllung fahre", meint Tankstellen-Besitzer Patrick Deuring. Zumal sich auch die österreichischen Spritpreise fast täglich nach oben bewegen. Am Nachmittag kostet der Liter Sprit an den Tankstellen in Hörbranz bereits über 1,82 Euro. Das ist noch immer ein deutlicher Preisabstand zu Deutschland. Dieser wird sich aber spätestens ab Juni verringern. Dann steige in Österreich die Sprit-Steuer um acht bis 12 Cent, berichtet Deuring: "Wir gleichen uns also bei den Preisen an."

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