Aktuelles Lexikon:Ramsch

Russlands Kreditwürdigkeit rutscht in den "Ramsch-Bereich". Über ein Wort, das selbst zum Ramsch-Objekt geworden ist.

Von Martin Zips

Die Finanzwelt hat ihre ganz eigene Sprache. So ist gerade zu lesen, die Bonitätsnote für Russland werde von den Ratingagenturen "auf C zurückgenommen". Das versteht nicht jeder, weshalb Journalisten übersetzen: "Die Kreditwürdigkeit von Russland rutscht noch tiefer in den Ramsch-Bereich." Das Wort Ramsch ist vom französischen "le ramas" (der Wust) herzuleiten, mit dem bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts wertloses Zeug (Plunder, Tinnef, Nippes) bezeichnet wird. Wird Tinnef veräußert, womöglich in größeren Mengen, so könnte hier auch das aus dem Rotwelsch vertraute "beramschen" (betrügen) mit hineinspielen. Interessant ist die Ähnlichkeit von "ramas" mit dem bayerischen "Ramas" ("Räumen wir es auf!"). In der Nachkriegszeit stand "Rama dama" ("Aufräumen tun wir") für das gemeinsame Beseitigen der Kriegstrümmer. Was auch immer im Ramsch-Bereich landet: Es hat Folgen, denen man im Ramsch-Skat mit der empathischen Regel entgegentritt, dass hier derjenige gewinnt, der die wenigsten Punkte hat. Geopolitisch haben sich die Regeln des Ramsch-Skats bisher nicht durchgesetzt, weshalb Länder, deren Kreditwürdigkeit sich im Ramsch-Bereich befindet, als eher störend wahrgenommen werden. Auf dem Wühltisch des Kapitalismus drohen langfristig auch sie verramscht zu werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: