Coffee Island:Ein halber Hektar Weltflucht

Coffee Island: Das ist Coffee Island: eine Mini-Insel vor der Küste von Belize und nun offiziell Territorium eines neuen Scheinstaats.

Das ist Coffee Island: eine Mini-Insel vor der Küste von Belize und nun offiziell Territorium eines neuen Scheinstaats.

(Foto: IBG Inc/Let's Buy an Island)

Ein Gruppe Abenteurer erfüllt sich per Crowdfunding den Traum von der eigenen Trauminsel. Aber was macht man jetzt mit so einem kleinen Stückchen Land vor der Küste von Belize?

Von Moritz Geier

Zugegeben, Coffee Island ist ziemlich weit weg vom Weltgeschehen, die Relevanz folgender Geschichte also im Großen und Ganzen durchaus anfechtbar. Andererseits, mal so ganz grundsätzlich gefragt: Was könnte die Menschheit friedliebender machen als das Rauschen des Meeres und die Ruhe einer tropischen Insel?

Den Traum einer eigenen Insel kann man sich jedenfalls auch ganz ohne Krieg und ohne allzu viel Geld erfüllen, wie das Beispiel Coffee Island zeigt. Coffee Island oder auch Coffee Caye genannt, gehört seit Kurzem all jenen mutigen Geldgebern, die bereit waren, umgerechnet 3000 Euro beizusteuern für die erste über Crowdfunding finanzierte Privatinsel der Welt. Ein winziges Eiland vor der Küste von Belize, so klein, dass man nur fünf Minuten braucht, um vom einen Ende zum anderen zu spazieren. Ihren Namen verdankt die Insel ihrer kaffeebohnenhaften Form, ein halbes Hektar Land voller Mangrovenbäume und umgeben von Korallenriffen, vom Festland eine 15-minütige Bootsfahrt entfernt.

Coffee Island: Mangrovenbäume im tropischen Wasser: Viel mehr gibt es nicht auf Coffee Island.

Mangrovenbäume im tropischen Wasser: Viel mehr gibt es nicht auf Coffee Island.

(Foto: IBG Inc/Let's Buy an Island)

Das Crowdfunding-Projekt "Let's buy an Island" hatten zwei US-Amerikaner gestartet. 96 abenteuerlustige Investoren schlossen sich an und haben mittlerweile für jeweils 3250 US-Dollar Besitzanteile erworben. Zur Auswahl standen mehrere Mini-Inseln im Pazifik und in der Karibik, im Dezember 2019 entschieden sich die Inselsucher dann für Coffee Island, 180 000 Euro (plus Steuern) zahlten sie laut CNN an Belize - kurz bevor die Corona-Pandemie das Projekt erst mal in den Wartemodus versetzte. Im Februar hat eine Gruppe aus Investoren und Touristen die Insel nun erstmals besucht.

Und was macht man jetzt damit? Vorm Nachbarn angeben, ein Leben wie Robinson Crusoe führen, eine Briefkastenfirma eröffnen? Ein mit Luxusvillen ausgestattetes Domizil für Superreiche wie Richard Bransons Moskito Island und Necker Island, die zu den Britischen Jungferninseln gehören, soll Coffee Island jedenfalls nicht werden.

Aber wirtschaftlich rechnen soll sich das Ganze, wenn möglich, schon. Und dafür haben die Projektgründer - einer der beiden besitzt eine kleine Reiseagentur, die Abenteurer in eher untropische Weltgegenden transportiert (Nordkorea, Transnistrien, Bergkarabach) - bereits eine Idee: Auf Coffee Island soll eine Mikronation entstehen, das Fürstentum Islandia.

Scheinstaaten sind seit jeher ein faszinierendes Kuriosum. Man denke nur an das ligurische Bergdorf Seborga, das sich nicht zu Italien zugehörig fühlt, weil ein Kaufvertrag aus dem Jahr 1729 rechtlich unwirksam sein soll. Das will zumindest ein örtlicher Blumenhändler und Hobbyhistoriker herausgefunden haben. Im Jahr 2019 haben sie eine gebürtige Deutsche zur Fürstin ernannt. Und wenn solche Scheinstaaten nicht gerade auf alten Verträgen, exzentrischen Kunstprojekten oder Reichsbürgerfantasien beruhen, dann sind sie immerhin ein großartiges Marketinginstrument.

Paradies für Schnorchler? Oder Hurrikanopfer?

Unter den Investoren von Coffee Island dürften einige sein, die vor allem die Aussicht auf ein klein wenig Weltflucht antreibt. Über eine Hymne, eine Flagge und eine unter den Investoren gewählte Regierung verfügt Islandia bereits, wie CNN berichtet. Bürger kann jeder werden, der die Insel besucht oder zu einer kleinen Spende bereit ist.

Nur wie genau die Insel genutzt werden soll, das scheint noch nicht ganz klar zu sein. Einem der Gründer schwebt offenbar eine Regeneration der Korallenriffe vor, ein Paradies zum Schnorcheln mit einem kleinen Restaurant oder einer Bar auf der Insel, die auch Touristen und Einheimische anlockt. Ob Coffee Island allerdings auf Dauer eine gute Geldanlage ist, muss doch bezweifelt werden. Denn die Insel ist ziemlich flach und dem steigenden Meeresspiegel einigermaßen hilflos ausgeliefert. Womöglich reicht sogar schon ein einziger Hurrikan, um den Traum von der eigenen Insel wieder zunichte zu machen.

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