Krieg in der Ukraine:EU schneidet russische Elite von Luxusgütern ab

Krieg in der Ukraine: Ob Prada - hier eine Boutique in Moskau - oder Gucci, Cartier und Hermes: Für Luxushersteller ist die Abkehr vom russischen Markt ein herber Einschnitt.

Ob Prada - hier eine Boutique in Moskau - oder Gucci, Cartier und Hermes: Für Luxushersteller ist die Abkehr vom russischen Markt ein herber Einschnitt.

(Foto: Evgeny Odinokov/Imago)

Die Sanktionen betreffen vor allem italienische und französische Hersteller, aber auch deutsche Autofabrikanten. Zudem werden wohl weitere Oligarchen sanktioniert - darunter Roman Abramowitsch.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Die Europäische Union wird in ihrem nächsten Sanktionspaket gegen Russland weitere Schlupflöcher schließen und etwa die Ausfuhr von Luxusgütern aus EU-Staaten nach Russland weitgehend verbieten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte diesen Schritt, der sich gegen die russischen Eliten richtet, am Freitag nach dem informellen Gipfeltreffen in Versailles angekündigt und so begründet: "Diejenigen, die Putins Kriegsmaschinerie am Laufen halten, sollten nicht länger ihrem pompösen Lebensstil frönen können, während Bomben auf unschuldige Menschen in der Ukraine fallen."

Bisher hatten vor allem Italien und Frankreich, deren Luxushersteller seit vielen Jahren exzellente Geschäfte mit reichen Russinnen und Russen machen, einen solchen Schritt verhindert. Bereits am Sonntag hatten die Botschafter der 27 EU-Staaten über die Details des Vorschlags aus dem Hause von der Leyens beraten. Unter anderem musste noch der Wert festgelegt werden, ab dem ein Export nach Russland verboten sein soll. Zuletzt standen laut Financial Times 300 Euro als Schwelle zur Diskussion - die US-Regierung hat als Grenzwert 1000 Dollar, also etwa 910 Euro, gewählt. Die Liste der Produkte, die das Weiße Haus den russischen Eliten vorenthalten will, umfasst neben Luxusuhren und "Nobelkarossen" auch Kleidung, Alkohol und Schmuck.

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Der Agentur Bloomberg zufolge erwogen die EU-Mitgliedstaaten ein Exportverbot für Autos mit einem Verkaufspreis von mehr als 50 000 Euro, was mehrere deutsche Hersteller treffen würde. Grünes Licht für das insgesamt vierte Bündel an EU-Sanktionen gaben die EU-Botschafter am späten Montagnachmittag. Die Details werden allerdings erst bekannt, wenn sie Stunden später im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Mit diesem Schritt erlangen sie dann auch Rechtswirkung.

Wie von EU-Kommissionschefin von der Leyen bereits in Versailles angekündigt, sollen auch die Einfuhren wesentlicher Güter des russischen Stahl- und Eisensektors verboten werden. Europäische Investitionen in den russischen Energiesektor will man ebenfalls untersagen. Geht es nach von der Leyen, dann soll das Verbot "alle Investitionen, Technologietransfers und Finanzdienstleistungen" umfassen, die für "die Erschließung von Energiequellen und die Energieerzeugung" nötig seien.

Weitere Oligarchen im Visier, wohl auch Roman Abramowitsch

Die EU hat mit ihren westlichen Partnern mehrere russische Banken vom Zahlungssystem Swift ausgeschlossen. Zudem wurde die russische Zentralbank sanktioniert, was deren Zugang zu Währungsreserven erschwert - dies gilt als härteste Strafe. Ein Importverbot für Öl, Gas oder Kohle aus Russland ist nicht Teil des aktuellen Pakets.

Für Aufsehen sorgten Berichte von New York Times und Financial Times, dass sich unter den vier weiteren russischen Oligarchen, die mit einem EU-Einreiseverbot sowie dem Einfrieren von Vermögenswerten belegt werden sollen, auch Roman Abramowitsch befinden könnte. In der vergangenen Woche war Abramowitsch in Großbritannien mit Sanktionen belegt worden, er lebt dort seit vielen Jahren. Großbritannien gehört zu jenen Partnern, mit denen sich die EU und die USA eng abstimmen.

Dass sich der Name des Multimilliardärs und nun ehemaligen Besitzers des Champions-League-Siegers FC Chelsea im letzten Textentwurf befindet, haben EU-Diplomaten der Süddeutschen Zeitung bestätigt. Als Begründung wird nicht nur Abramowitschs enge Beziehungen zu Wladimir Putin genannt - der Oligarch war von Ende 2000 bis Juli 2008 auf persönlichen Wunsch des damals neugewählten Staatschefs Putin Gouverneur in seiner Heimatregion Tschukotka. Abramowitsch sei auch "eine beträchtliche Einnahmequelle für die russische Regierung", heißt es im Entwurf. Das Vermögen des 55-Jährigen wird auf etwa 11,2 Milliarden Euro taxiert, er besitzt neben der russischen und der israelischen Staatsbürgerschaft seit April 2021 auch einen Pass des EU-Landes Portugal.

Nach jahrelangem Zögern haben die EU-Mitglieder, die für die Umsetzung der Maßnahmen verantwortlich sind, mehrere Personen aus Putins engstem Umkreis auf die Sanktionsliste gesetzt. Zwei der Oligarchen, Alexej Mordaschow und Alischer Usmanow, verfügen über erhebliches Vermögen in der Bundesrepublik. Mordaschows Firmengruppe hält mehr als 30 Prozent der Aktien des Reiseunternehmens Tui; in Bayern finden seit Tagen Proteste vor den drei Villen des Multimilliardärs Usmanow am Tegernsee statt. Betroffen sind zudem bereits Igor Setschin und Nikolai Tokarew, die Chefs der Ölfirmen Rosneft und Transneft, sowie der Vorstandsvorsitzende der Fluglinie Aeroflot und Michail Fridman, der Gründer des Finanz- und Industriekonzerns Alfa.

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